Finanzstabilitätsbericht -konjunkturelle Risiken

Quelle: Deutsche Bundesbank

Laut dem aktuellen Finanzstabilitätsbericht 2018 der Deutschen Bundesbank haben sich im deutschen Finanzsystem in Zeiten der Hochkonjunktur und niedriger Zinsen Verwundbarkeiten aufgebaut. Eine unerwartet starke Eintrübung der wirtschaftlichen Lage könnte diese Verwundbarkeiten offenlegen und Ansteckungseffekte im Finanzsystem könnten einen konjunkturellen Abschwung verstärken. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios hat sich erhöht, für die Bundesbank ist es daher an der Zeit, stärkere Abwehrkräfte und Puffer für schlechtere Zeiten aufzubauen.

Dem Bericht zufolge sind zuletzt die Abwärtsrisiken für die Konjunktur gestiegen. Internationale Handelskonflikte könnten eskalieren, ein ungeordneter Brexit kann trotz der jüngsten Signale aus Brüssel und London nicht ausgeschlossen werden. Ob und wie stark ungünstige makroökonomische Entwicklungen durch das Finanzsystem verstärkt werden, hängt aus Sicht der Bundesbank entscheidend von dessen Abwehrkräften ab. Als positiv wird bewertet, dass die Banken seit der Finanzkrise deutlich mehr Eigenkapital aufgebaut haben - auch dank einer strengeren Regulierung und der aufsichtlichen Kapitalpuffer für systemrelevante Banken. Die bestehenden Puffer könnten jedoch nicht ausreichen, wenn bei einem Abschwung Risiken etwa aus Kreditausfällen, Neubewertungen von Vermögenspositionen und Zinsänderungen gleichzeitig eintreten würden. Denn diese Risiken könnten sich gegenseitig verstärken und zu einer übermäßigen Einschränkung der Kreditvergabe beitragen.

Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage sieht die Bundesbank auch weiterhin die Gefahr, dass zukünftige Kreditrisiken unterschätzt werden. Aktuell sind die Insolvenzraten der Unternehmen und Haushalte und damit die Kreditrisiken sehr niedrig. Eine entsprechend geringe Risikovorsorge hat die Erträge der Banken tendenziell gestützt und mit zum Aufbau von Eigenkapital beigetragen. Sollte sich jedoch die konjunkturelle Entwicklung überraschend verschlechtern, könnten Verluste aus Kreditausfällen die Eigenkapitalpuffer der Banken mindern. Banken müssten zudem bei steigenden Risiken mehr Eigenkapital aufbringen, um die regulatorischen Vorschriften zu erfüllen. Kurzfristig, so die Bundesbank, kann dies nur über eine Einschränkung der Kreditvergabe möglich sein, sodass ein konjunktureller Abschwung verstärkt werden könnte.

Die Bewertungen an den Finanzmärkten sind weiterhin hoch. Ein starker Konjunkturabschwung könnte dazu beitragen, dass die Preise für Immobilien, Aktien oder Anleihen sinken. So sind die Preise für Wohnimmobilien in deutschen Städten nach Einschätzung der Bundesbank zwischen 15 und 30 Prozent überbewertet.

Da das Kreditwachstum im längerfristigen Vergleich nicht ungewöhnlich hoch ist und es keine starken Anzeichen für nachlassende Kreditvergabestandards gibt, besteht derzeit für den Wohnimmobilienmarkt für sich genommen kein akuter makroprudenzieller Handlungsbedarf. Anlass zur Sorge geben Risiken, die sich vor allem aus einer Überschätzung des Werts von Sicherheiten für Immobilienkredite ergeben könnten. Aus Sicht der Bundesbank fehlen nach wie vor aber verlässliche und differenzierte Informationen zur Einschätzung der Risikolage am Immobilienmarkt. Bei einem unerwarteten Konjunkturabschwung könnte die Zinsentwicklung Verwundbarkeiten verstärken. Die Banken haben in den vergangenen Jahren vermehrt Kredite mit längere Laufzeiten und Zinsbindung ausgegeben; beispielsweise haben mittlerweile 45 Prozent der neu vergebenen Wohnimmobilienkredite an private Haushalte eine Zinsbindungsdauer von über zehn Jahren. Ein abrupter Zinsanstieg könnte viele Institute gleichzeitig unter Druck setzen. Bleiben hingegen die Zinsen noch lange niedrig, würden die Anreize zu risikoreichen Anlagestrategien bestehen bleiben. Andere Teile des Finanzsystems - Versicherer oder Fonds - wären aus Sicht der Bundesbank ähnlich betroffen und könnten keinen Ausgleich schaffen.

Aus dem Zusammenspiel von Kredit-, Immobilien- und Zinsrisiken leitet der Bericht Handlungsbedarf aus makroprudenzieller Sicht ab. Gerade wirtschaftlich gute Zeiten ermöglichen es, dass ausreichende Abwehrkräfte gegenüber unerwarteten Entwicklungen aufgebaut werden, so wird vonseiten der Bundesbank betont. Dadurch könnten mögliche Ansteckungseffekte innerhalb des Finanzsystems und auf die Realwirtschaft begrenzt werden. Ziel der makroprudenziellen Politik ist es, Gefahren für die Finanzstabilität rechtzeitig entgegenzuwirken, um die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems zu schützen. Der makroprudenziellen Politik stehen Instrumente wie Warnungen und Empfehlungen oder makroprudenzielle Kapitalpuffer zur Verfügung.

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