Weibliche Bankvorstände in Deutschland - Exotinnen in einer Männerwelt

Adelheid Sailer-Schuster, ehemalige Präsidentin, Hauptverwaltung Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein der Deutschen Bundesbank, Mitglied des Aufsichtsrats der Santander Consumer Bank, Mönchengladbach

Adelheid Sailer-Schuster, ehemalige Präsidentin, Hauptverwaltung Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein der Deutschen Bundesbank, Mitglied des Aufsichtsrats der Santander Consumer Bank, Mönchengladbach - Dass der deutsche Bankensektor unverändert Schlusslicht bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen ist, bedeutet für die Autorin eine Verschwendung von volkswirtschaftlichen Ressourcen. Neben unzureichenden gesetzlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen vermisst sie - anders als in anderen Ländern - vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Frauen, die eine eigenständige Karriere anstreben. Sie appelliert aber auch an die Frauen, den Aufstieg an die Spitze auch zu wollen und bereit zu sein, Macht und Verantwortung zu übernehmen. (Red.)

Obwohl rund 60 Prozent aller Beschäftigten bei Kreditinstituten Frauen sind, haben sie es deutlich schwerer als in anderen Branchen in die obersten Führungsetagen aufzusteigen. An diesem Ergebnis hat sich laut DIW Managerinnen Barometer in den letzten Jahren kaum etwas geändert. Zwar hat sich insgesamt der Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zwischen 2006 und 2016 insgesamt erhöht, seit einigen Jahren aber verteidigen die Banken hartnäckig ihren letzten Platz.

Andere Länder als Beispiel

Diese unbefriedigende Situation manifestiert sich nicht nur in Statistiken. Sie wird auch evident bei den zahlreichen hochrangigen Finanz- und Bankentagungen hierzulande: Hier wird das Bild unverändert von dunklen Anzügen dominiert, und zwar sowohl im Publikum als auch bei den Referenten. Auf dem Podium als Vortragende oder Panelteilnehmer werden selten mehr als eine oder zwei Frauen gesichtet. Dies gilt im Übrigen unabhängig vom jeweiligen Veranstalter einer Tagung. Bankenund Sparkassenverbände, BMF, Bundesbank und die einschlägigen Fachmedien unterscheiden sich hier nur unwesentlich.

Kommt man dagegen nach Frankreich, Spanien oder auch in sogenannte Entwicklungsländer, findet man deutlich mehr Frauen auf den Führungsetagen von Banken und auch Fachtagungen sind deutlich weiblicher geprägt. Dies gilt im Übrigen auch für die jeweiligen Zentralbanken. Einziger Lichtblick bislang: der im Mai dieses Jahres auf Initiative des DIW-Präsidenten und UBS-Verwaltungsratsvorsitzenden in Berlin veranstaltete "Women's Finance Summit". Dort stellten die Frauen die Mehrheit der Referenten und Panelteilnehmer. Das Niveau der Veranstaltung hat darunter keineswegs gelitten - im Gegenteil. Allerdings kamen diese Frauen zu einem großen Teil nicht aus Deutschland beziehungsweise sie hatten die Grundlagen für ihre Karriere im Ausland gelegt. Auch im Publikum waren die Frauen deutlich in der Überzahl, was allerdings nicht per se positiv zu werten ist. Vergleichbare Erfahrungen gibt es auch immer wieder im Rahmen des Frauen Finanz Forums in Hamburg. Trotz hochrangiger erstklassiger Referenten und obwohl die Veranstaltungen immer auch Männern offenstanden, haben sich immer nur sehr wenige Männer dorthin "verirrt".

Am fehlenden Willen der Unternehmen liegt es auf den ersten Blick nicht. Fast alle haben inzwischen eine kaum noch überschaubare Vielzahl von Frauenförder- und Mentoring-Programmen, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie zum Beispiel Betriebskindergärten sowie eine Unzahl von Arbeitszeitmodellen von Teilzeit über Homeoffice bis hin zum Jobsharing und Wiedereingliederungsmodellen. Im Ausland wird Deutschland häufig um diese großzügigen Angebote beneidet. Trotzdem gibt es hierzulande das Phänomen, dass sehr viele hoch qualifizierte junge Frauen eine erfolgversprechende Karriere starten, dann aber nach einigen Jahren im "Bermuda-Dreieck" verschwinden, das heißt sie kommen nie an der Spitze an. Wird hier vielleicht an der falschen Stelle gefördert und investiert? Was läuft falsch in Deutschland? Was sind die wichtigsten Karrierebremsen für Frauen?

Viele Karrierebremsen

Aufsichtliche Anforderungen im Bankensektor: Ein spezieller Aspekt wird von vielen Personalverantwortlichen in Kreditinstituten noch immer nicht ausreichend berücksichtigt: Die Berufung in den Vorstand einer Bank muss von der zuständigen Aufsicht genehmigt werden. Unverzichtbare Voraussetzungen dafür sind eigenständige Kompetenzen und ausreichende Erfahrungen im Kreditgeschäft und im Risikomanagement. Für die meisten Frauen mit Aufstiegsambitionen stellt sich dies als unüberwindliche Hürde dar, denn Frauen auf der zweiten Führungsebene von Banken findet man überwiegend in den Bereichen HR, Kommunikation, Compliance und gegebenenfalls Recht. Im Vertrieb, im Kreditgeschäft und im Risikomanagement sind sie da gegen eher selten zu finden. Wenn es den Instituten tatsächlich ernst damit ist, den Frauenanteil in den Vorständen zu erhöhen, müssen sie den Frauen zunächst die Möglichkeit geben, sich die von der Aufsicht geforderten Schlüsselkompetenzen anzueignen. Ansonsten wird es immer bei der allzu bekannten Klage von Unternehmenschefs bleiben: "Wir hätten ja gerne mehr Frauen im Vorstand, aber wir finden ja keine." Ohne die gezielte Schaffung einer kritischen Masse von potenziellen Kandidatinnen wird der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder im Bankensektor auf absehbare Zeit nicht signifikant ansteigen.

Fehlendes Selbstvertrauen und "mangelnder Ehrgeiz" von Frauen

Nach Aussage vieler Personalverantwortlicher gibt es nicht wenige Frauen, die eine angebotene Beförderung ablehnen, häufig mit dem Hinweis, sie trauten sich die angebotene Position nicht zu oder sie scheuten sich vor der damit verbundenen Führungsverantwortung. Den ehemaligen Kollegen plötzlich als Vorgesetzte gegenüberzutreten, macht Frauen offenbar sehr viel mehr Schwierigkeiten als Männern. Aufgrund dieses mangelnden Selbstvertrauens verbauen sich viele Frauen schon sehr frühzeitig den weiteren Weg nach oben, teilweise sind sie sich dessen noch nicht einmal bewusst. Männer in vergleichbaren Positionen dagegen fordern nachdrücklich den nächsten Karriereschritt ein, auch bei schlechterer Qualifikation und Eignung.

Hinzu kommt, dass es in männlich dominierten Unternehmen um die Frauen mit jeder Hierarchiestufe einsamer wird. Diejenigen, die es bis an die Spitze schaffen, sehen, sich als einzige Frau in einem ansonsten männlichen Vorstand häufig als Fremdkörper, das heißt, sie haben Schwierigkeiten, sich auf Augenhöhe mit ihren Kollegen auszutauschen. Gleichzeitig entsteht aufgrund der neuen Vorgesetztenrolle Distanz zu den ehemaligen Arbeitskollegen. Auch diese Furcht vor einer mit den Hierarchiestufen wachsenden Einsamkeit hält Frauen unter Umständen davon ab, die eigene Karriere ähnlich konsequent zu verfolgen wie ihre männlichen Kollegen.

Entscheidung zwischen Karriere und Familie: Meistens hat der mangelnde Karriereehrgeiz von Frauen aber sehr konkrete und nachvollziehbare Gründe: Trotz aller gut gemeinten und nützlichen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf müssen sich Frauen an irgendeinem Punkt entscheiden, ob sie ihre Prioritäten im beruflichen Aufstieg oder in der Familie sehen. Kaum ein Mann mit vergleichbarem Profil wird je vor eine solche Entscheidung gestellt, die in aller Regel nicht mehr rückgängig zu machen ist. Denn aller familienfördernden Maßnahmen von Staat und Unternehmen zum Trotz: Wer ganz oder überwiegend für die Betreuung von Kindern zuständig ist, kann nicht seine volle Energie auf den eigenen beruflichen Aufstieg konzentrieren und verfügt auch nicht über die erforderliche Mobilität und Flexibilität. Die Betreuung von Kindern ist aber unverändert Sache der Frauen mit der Folge, dass Elternzeit und Teilzeitarbeit ganz überwiegend und vor allem wesentlich länger von weiblichen Mitarbeitern in Anspruch genommen wird. In der Zwischenzeit sind die Männer mit vergleichbaren Ausgangspositionen an ihnen vorbeigezogen. Aus der Teilzeitfalle an die Spitze eines Unternehmens zu kommen, ist so gut wie ausgeschlossen.

Wie lässt sich dieser Teufelskreis durchbrechen?

1. Motivation und Stärkung des Selbstvertrauens von Frauen: Zunächst geht es da rum, dass die Frauen den beruflichen Aufstieg tatsächlich wollen und sich diesen auch zutrauen. Hier spielen Mentoring-Programme zweifellos eine wichtige Rolle. An dieser Stelle sei auf die guten Erfahrungen mit zwei Frauennetzwerken verwiesen. Angefangen hat es 2010 mit dem Frauen Finanz Forum Hamburg. Es bietet Frauen in leitenden Funktionen im Finanzsektor eine Plattform zu gegenseitigem fachlichen und persönlichen Austausch auf Augenhöhe. Dabei hat es sich sehr schnell gezeigt, dass praktisch alle Teilnehmerinnen in ihrer täglichen Arbeit mit vergleichbaren Problemen konfrontiert sind. Angefangen von der fachlichen Akzeptanz durch die männlichen Kollegen bis hin zu konkreten Fragestellungen, die aus männlicher Sicht häufig völlig anders gesehen und entschieden werden. Im Gegensatz zu innerbetrieblichen Frauennetzwerken und Mentoring-Programmen hat das Frauen Finanz Forum den Vorteil, dass sich die Mitglieder nicht mit Kollegen beziehungsweise Vorgesetzten über die sie beschäftigenden Themen austauschen und häufig hilft ja auch ein Blick von draußen, um bestimmte Dinge besser zu verstehen und einzuordnen.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen ist 2014 das bundesweite "Frauen Finanz Forum Vorstandsnetzwerk" entstanden, dem weibliche Vorstandsmitglieder von Kreditinstituten in ganz Deutschland angehören. Die Besonderheit auch dieses Netzwerks besteht darin, dass es sich nicht um Ver eine handelt, denn es sollte bewusst kein institutioneller Überbau mit den entsprechenden finanziellen und administrativen Konsequenzen geschaffen werden. Dennoch treten bei den halbjährlichen Treffen stets hochrangige Referenten auf wie die Chefin der EU-Abwicklungsbehörde, Elke König, Gertrude Tumpel-Gugerell, ehemals EZB-Direktoriumsmitglied, Monica Lopez-Monis Gallego, Chief Compliance Officer, Santander Group Madrid, oder Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundesministerium für Frauen Senioren Familie und Jugend. In der abgelaufenen Legislaturperiode hatte Ministerin Manuela Schwesig die Schirmherrschaft über das Netzwerk übernommen.

Frauennetzwerke sind aber nicht alles. Solange an den zentralen Schaltstellen noch überwiegend Männer sitzen, ist ein funktionierendes Netzwerk für den beruflichen Aufstieg unverzichtbar. Vorstands- und Aufsichtsratspositionen werden nicht ausgeschrieben, das heißt, es ist wichtig, dass man bei Aufsichtsratsvorsitzenden und Headhuntern überhaupt auf dem Schirm ist. Und auch hier haben Frauen erhebliche Defizite. Während Männer mit Karriereambitionen meist systematisch am Aufbau ihres Netzwerks arbeiten, halten viele Frauen dies für überflüssig, weil sie entweder glauben, Qualität setze sich von alleine durch oder weil ihnen aufgrund von familiären Verpflichtungen zum Netzwerken einfach die Zeit fehlt. Hier gibt es noch erheblichen Nachholbedarf.

2. Verbesserung der ganztägigen Kinderbetreuung und steuerliche Anerkennung privat organisierter Betreuung: Für Frauen mit Karriereambitionen ist das familiäre und gesellschaftliche Umfeld in Deutschland eindeutig kontraproduktiv. Zwar gibt es inzwischen den Anspruch auf einen Kitabeziehungsweise Kindergartenplatz. Deren Öffnungszeiten decken aber bestenfalls einen normalen Büroalltag ab, nicht dagegen längere Arbeitszeiten und Dienst reisen. Dramatisch wird die Situation dann mit der Einschulung, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern sind Ganztagesschulen in Deutschland nicht die Regel, sondern noch immer die große Ausnahme. Und auch hier stellt sich wieder das Problem der eingeschränkten Öffnungszeiten.

Steuerliche Anerkennung

Ohne die tatkräftige Unterstützung der Familie beziehungsweise privat organisierter Betreuung ist in Deutschland für Frauen mit Kindern eine Vollzeitbeschäftigung und damit eine lineare Karriere so gut wie ausgeschlossen. Aber nicht alle Frauen haben Großeltern, die sich intensiv in die Betreuung der Enkelkinder einbringen. Eine private professionelle Kinderbetreuung können sich jedoch auch gut verdienende Familien kaum leisten, da die Bezahlung voll aus versteuertem Einkommen erfolgt, wenn man nicht auf Schwarzarbeiter oder Minijobber zurückgreifen will. Sowohl für die Kinder als auch für den Fiskus sind beide Lösungen unbefriedigend.

Weshalb ist jeder Laptop und jedes Fachbuch steuerlich absetzbar, nicht dagegen eine offizielle durchgehende Kinderbetreuung, wenn diese Voraussetzung für die eigene Berufstätigkeit ist und wenn dadurch ein vollwertiger, sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz geschaffen wird? In der öffentlichen Diskussion kommt leider sofort das Totschlagargument des "Dienstmädchenprivilegs" für Reiche.

3. Abbau von Vorurteilen gegenüber voll berufstätigen Müttern: Aber vielleicht steckt ja auch noch etwas anderes hinter der Weigerung des Gesetzgebers, die Kosten für Kinderbetreuung in voller Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, sofern beide Elternteile einer Ganztagsbeschäftigung nachgehen: In kaum einem Land wird die Berufstätigkeit von Frauen mit kleinen Kindern gesellschaftlich so negativ gesehen wie in Deutschland. Sie wird nur dann uneingeschränkt akzeptiert, wenn das Familieneinkommen ansonsten nicht ausreichend wäre. Wenn es Frauen "nur" darum geht Karriere zu machen, werden sie auch im Jahr 2017 noch als Rabenmutter qualifiziert, einen Begriff, den es so in keiner anderen lebenden Fremdsprache gibt. Es ist daher kein Zufall, dass Spitzenbeamtinnen und weibliche Unternehmensvorstände in Deutschland mehrheitlich kinderlos sind.

Verschwendung von Ressourcen

In anderen Ländern wie Frankreich, Belgien und Spanien ist es genau umgekehrt, von den skandinavischen Ländern ganz zu schweigen. Dabei sind Deutschlands Spitzenfrauen keineswegs egoistischer als ihre ausländischen Geschlechtsgenossinnen, aber sie stehen unter permanentem Rechtfertigungszwang, wenn sie versuchen, Kinder und Karriere zu verbinden. Während Frauen im Ausland hierfür Anerkennung erfahren und sich im Gegenteil dafür rechtfertigen müssen, wenn sie familienbedingt zu Hause bleiben, ist hierzulande genau das Gegenteil der Fall. Darüber hinaus werden der Rückzug aus dem Berufsleben und der Verzicht auf den beruflichen Aufstieg durch das Ehegattensplitting steuerlich auch noch belohnt. Es ist daher kein Wunder, dass viel zu viele brillante Karriere perspektiven mit der Geburt von Kindern im Sandkasten enden. Eine derartige Verschwendung von Ressourcen kann sich die deutsche Volkswirtschaft, nicht zuletzt im Hinblick auf die demografische Entwicklung, auf Dauer nicht leisten.

4. Eröffnung von Aufstiegsperspektiven für Wiedereinsteiger - Karriere ab Mitte Vierzig: Natürlich sollten junge Mütter nicht um jeden Preis dazu gedrängt werden, um der Karriere willen so schnell wie möglich auf ihren Vollzeitjob zurückzukehren, wenn sie dies nicht möchten. Gleichzeitig muss aber sichergestellt werden, dass eine Entscheidung zugunsten von Eltern- oder Teilzeit nicht zum endgültigen Karrierekiller wird, was heute noch immer der Normalfall ist. Mental befindet sich die Gesellschaft nach wie vor tief in der Arbeits- und Unternehmenswelt des letzten Jahrhunderts. Es wird unverändert davon ausgegangen, dass der Karriereweg bis spätestens Mitte Vierzig vorgezeichnet sein muss, ansonsten kann man den Aufstieg in die Topetagen in aller Regel vergessen und Menschen ab Anfang fünfzig gelten auf dem Arbeitsmarkt noch immer als schwer vermittelbar.

Dabei ist die Realität längst eine andere. Die Lebenserwartung steigt von Jahr zu Jahr, die Menschen sind sehr viel länger gesund und leistungsfähig als ihre Eltern und Großeltern und wir werden bis mindestens 67 arbeiten. Aber noch immer wird gedanklich ausgeblendet, dass von Ende Vierzig bis zum Renteneintritt rund 20 Jahre liegen, also ungefähr genauso viele Berufsjahre wie seit dem Abschluss der Ausbildung. Wenn es jedoch in diesem Alter keine beruflichen Aufstiegsperspektiven mehr gibt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn diejenigen, die es sich finanziell leisten können, sich endgültig aus dem Berufsleben verabschieden, während die anderen im Beruf weit unter ihren Möglichkeiten bleiben und Strategien für einen vorzeitigen Renteneintritt entwickeln.

Gebraucht werden Karriereperspektiven für Frauen (aber zunehmend auch für Männer) ab Mitte Vierzig, die bereit sind, sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Denn dann sind die Kinder groß und oft bereits aus dem Haus, der Kopf ist wieder frei, die Mobilität zurück und das "Schwangerschaftsrisiko" für Frauen ist zu vernachlässigen. Es gibt zwar bereits Unternehmen, die Wiedereinstiegsprogramme für Rückkehrer anbieten, aber die Bereitschaft, im eigenen Unternehmen nach mehrjähriger Abwesenheit nochmals neu anzufangen, dürfte sich in Grenzen halten, vor allem wenn die seinerzeitigen Kollegen plötzlich die neuen Vorgesetzten sind.

Karriereperspektiven für Wiedereinsteiger

Eine Alternative könnte die Öffnung von externen Stellenausschreibungen für Wiedereinsteiger sein. Es geht nicht um die Schaffung eines speziellen Arbeitsmarktes für diesen Personenkreis, im Gegenteil: Wer es beruflich nochmal wissen möchte, braucht keinen Schutzzaun, sondern lediglich die Chance auf einen qualifizierten Arbeitsplatz mit Aufstiegsperspektive. Konkurrenz mit Berufseinsteigern ist durchaus erwünscht. Aktuelles Fachwissen steht dann gegen Berufs- und Lebenserfahrung und die Unternehmen können wählen, was ihnen für die Besetzung einer bestimmten Position wichtiger ist.

Bei der schweizerischen UBS hat man mit Jobangeboten für Wiedereinsteiger bereits seit einiger Zeit sehr gute Erfahrungen gemacht und in Deutschland ist die Santander Consumerbank vor Kurzem mit der Ausschreibung eines Traineeprogramms für Wiedereinsteiger diesen Weg gegangen. Es bleibt zu hoffen, dass sich zunehmend Nachahmer im Unternehmens- und vor allem im Bankensektor finden, um dieses ungenutzte Potenzial zu heben.

Wenn Kreditinstitute nicht auf Dauer das Schlusslicht bilden sollen, was den Anteil von Frauen in den Chefetagen anbetrifft, muss sich einiges ändern. Neben gesetzlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen muss sich vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Frauen verbessern, die eine eigenständige Karriere anstreben. Letztlich müssen die Frauen aber den Aufstieg an die Spitze auch wollen und bereit sein, Macht und Verantwortung zu übernehmen. Denn nur wer an den Schalthebeln sitzt, bestimmt die Richtung und ist in der Lage, Dinge zu verändern.

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