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"Wir versuchen, Flexibilität zu leben"

Wie sind Frauen bei der Targobank in Führungspositionen vertreten?

Der Frauenanteil in der gesamten Mitarbeiterschaft beträgt über 50 Prozent. In den Führungspositionen liegen wir bei 39 Prozent - also weit über der diskutierten Quote und weit über dem Wettbewerb. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen ist in den letzten Jahren nochmals um fünf bis sieben Prozentpunkte gestiegen.

Welche Frauenquote in Führungspositionen scheint Ihnen erreichbar?

43 Prozent unserer rund 300 Filialleiter in Deutschland sind Frauen. Mit den genannten Werten wurden die eigenen Ziele zum Teil schon erreicht und insofern gibt es keinen großen Nachholbedarf. Konkrete Ziele deutlich über das hinaus, was bereits realisiert wurde, gibt es vor diesem Hintergrund nicht.

Erwarten Sie, dass Wettbewerber Ihnen verstärkt Frauen abwerben, um leichter eine mögliche Quote zu erfüllen?

Unsere Mitarbeiter haben in der Branche generell einen guten Ruf, sodass solche Abwerbeversuche immer wieder zu beobachten sind. Die Wettbewerber sind damit aber nur wenig erfolgreich.

Was sind aus Ihrer Sicht die Haupthindernisse für einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen?

Generell kann man wahrscheinlich sagen, dass nicht alle Unternehmen eine konsequente Führungsentwicklungsarbeit leisten. Wenn seit Jahren in einem Vorstand keine Frau vertreten ist, fehlen vielleicht auch die entsprechenden Rollenmodelle. Hinzu kommt, dass der Wunsch zu führen diversen Studien zufolge bei Männern wohl größer ist als bei Frauen. Generalisierungen sind sicher immer schwierig. Meiner Erfahrung nach schöpfen viele Frauen ihre Motivation jedoch häufig mehr aus dem Inhalt ihrer Arbeit als dass es ihnen darauf ankommt, andere Menschen zu führen. Manchmal gehen auch sehr gute Frauen trotzdem selbstkritisch an ihre Leistungen und Potenziale heran, während Männer manchmal weniger Selbstzweifel haben.

Wie hat die Targobank die Quote von 39 Prozent von Frauen in Führungspositionen erreicht?

Durch vorausschauende und konstruktive Führungskräfteentwicklungsarbeit. Das heißt, es werden sehr früh diejenigen identifiziert, die nicht nur sehr gute Leistungen erbringen, sondern auch das Potenzial für die nächste Ebene haben. Das wird an vier Kriterien festgemacht:

1. der Komplexitätsverarbeitung;

2. dem Wunsch, etwas verändern zu wollen; er muss stark ausgeprägt sein und gelebt werden;

3. dem Wunsch nach Führung und

4. der Fähigkeit, aus Erfolgen und Fehlern zu lernen und die gewonnenen Erfahrungen auf andere Situationen zu übertragen.

Wenn man dabei konsequent vorgeht, kommt man an guten Frauen ebenso wenig vorbei wie an guten Männern.

Geholfen hat sicher, dass das Thema "Diversity" schon vor der Übernahme durch Crédit Mutuel in der Citigroup sehr intensiv gelebt wurde.

Von 2001 bis 2007 gab es zwei weibliche Vorstandsvorsitzende. Auch das war sicher ein Signal an die Gesamtorganisation, dass nach Leistung und nicht nach Geschlecht entwickelt und befördert wird.

Was tun Sie zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Bis auf den Vertrieb gibt es in allen Bereichen der Bank flexible Arbeitszeiten.

Daneben verfügt das Institut über 200 Home-Office-Arbeitsplätze, die zum großen Teil von Frauen genutzt werden.

Schließlich hilft der Familienservice Mitarbeitern, Kontakte zu Menschen und Institutionen herzustellen, die Kinderbetreuung oder Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger anbieten.

Welche Möglichkeiten zur Flexibilität sehen Sie im Vertrieb? Im Vertrieb müssen wir natürlich dann öffnen, wenn die Kunden in die

Bank kommen. Das schränkt die Möglichkeiten flexib ler Arbeitszeiten ein. Es gibt aber ein Wunsch-Schicht-System, bei denen etwa Besetzungszeiten am Abend nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter organisiert werden. Darüber hinaus zeichnet sich der Vertrieb durch eine relativ hohe Teilzeitquote von über 20 Prozent aus.

Wie sieht es in der Gesamtbank mit der Teilzeit aus?

23 Prozent der Mitarbeiter arbeiten Teilzeit. Das sind in erster Linie Frauen. Die Teilzeitquote bei Männern liegt deutlich unter der der Frauen und steigt auch nur unbedeutend an.

Wie lassen sich Teilzeit und Karriere vereinbaren?

Im Retailbanking herrscht ein Wettbewerb wie in kaum einem anderen Markt in Deutschland. Da werden alle Beteiligten letztlich immer an den Ergebnissen gemessen. Deshalb ist das

Heil nicht so sehr in Teilzeit zu sehen, sondern es müssen Wege gefunden werden, flexibel zu sein. Nur dann kann es gelingen, denen, die sich entscheiden, Kin der und Karriere zu verbinden, möglichst viel Freiraum zu geben und gleichzeitig das Geschäft erfolgreich zu managen sowie den Anforderungen gerecht zu wer den, die Mitarbeiter an Führungskräfte stellen.

Solche Flexibilität kann heißen, Eltern zu Zeiten, in denen sie sich um ihre Kinder kümmern müssen, nicht für Meetings einzuplanen oder Besprechungen nicht gerade für die Abendstunden anzusetzen. Mit ein bisschen Disziplin lassen sich solche Dinge durchaus organisieren.

Ist Teilzeit für Sie ein K. O. -Kriterium für die Karriere?

Da muss man sicher auf die Situation schauen. Es gibt immer Momente, in denen man so gefordert ist, dass das eine wirkliche Herausforderung ist. Sieben Prozent der weiblichen Führungskräfte in dieser Bank arbeiten in Teilzeit.

Könnten Sie sich einen Teilzeit-Vorstand vorstellen?

So etwas gab es bislang noch nicht und allein die Vorstellung ist schon ein bisschen schwierig. Was denken Mitarbeiter, wenn sie von einem Vorstand geführt werden, der nur zeitweise zur Verfügung steht? Die Anforderungen einer Position an der Spitze eines Unternehmens bedingen einfach auch, täglich für die Belange des Unternehmens und seine Mitarbeiter da oder zumindest erreichbar zu sein.

Was verändern Frauen in Führungspositionen?

Solche verallgemeinernden Aussagen sind schwer. Denn die Spannbreite der Unterschiedlichkeit des Führens ist bei Frauen genauso groß wie bei Männern. Man kann aber sicher sagen, dass integratives Vor gehen, die Fähigkeit, auf Zwischentöne zu hören und Verbindungen aufzubauen, bei Frauen vielleicht höher ausgeprägt ist als im Durchschnitt der Männer.

Frauen in Führungspositionen sind aber allein schon deshalb wichtig, weil es eine Anforderung der gesellschaftlichen Fair ness ist. Schließlich sind auch die Hälfte der Kunden Frauen. Hinzu kommt, dass die Arbeit in reinen Männerrunden einfach öder ist. Ich persönlich bin froh, in einem Unternehmen tätig zu sein, in dem Frauen und Männer auf allen Hierarchieebenen gut zusammenarbeiten. Eine deutliche Dominanz von Männern wäre nicht so gut.

Braucht Deutschland eine gesetzliche Frauenquote?

Eine Frauenquote ist nicht notwendig, wenn Unternehmen und Politik gemeinsam daran arbeiten, noch bessere Voraussetzungen für berufstätige Mütter und Väter zu schaffen, Familie und Karriere miteinander zu vereinbaren. Es ist von großer Bedeutung, bei der Karriereförderung grundlegend auf Chancengleichheit und Freiräume für alle Mitarbeiter zu setzten - und zwar unabhängig vom Geschlecht und mit oder ohne Familie.

Unternehmen, die danach handeln, können auch ohne Frauenquote auskommen. Unsere eigenen Erfahrungen und Zahlen belegen das.

Was in der gesamten Diskussion immer zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass es letztlich auf die unternehmerische Aufgabe der konsequenten Führungskräfteentwicklung ankommt. Wenn man die vernünftig angeht, stehen die Chancen gut, auch ohne festgeschriebene Quote auf allen Hierarchieebenen eine vernünftige Balance zwischen Männern und Frauen zu erreichen.

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