Leitartikel

Nicht wirklich in Gefahr

sb - Zugegeben: Mit dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ist der Bezug von Sparkassen zu Kommunen und/oder Landkreisen nicht mehr zwingend gegeben. Insofern ist die vom Bankenverband geteilte Einschätzung der Monopolkommission, dass das gesetzlich verankerte Regionalprinzip für Sparkassen rechtlich obsolet geworden sei, nicht gänzlich falsch. Aber müssen die Sparkassengesetze der Länder deshalb gleich geändert und die Sparkassen in den Wettbewerb untereinander gestellt werden?

Der Bankenverband meint ja. Ganz schrecklich sorgt er sich um die armen Großsparkassen, die durch das Regionalprinzip an ihren Heimatmarkt gekettet und an einer Expansion gehindert werden. Unbedingt müsse es hier mehr Wettbewerb geben. Dann wären die Sparkassen für eine Weile mit sich selbst beschäftigt und die privaten Banken könnten (selbstredend nur in attraktiven Regionen) in die entstehende Lücke im Markt vorstoßen. Aber würde die Abschaffung des Regionalprinzips wirklich mehr Wettbewerb bringen? Oder wäre es nicht eher so, dass die Expansion einiger Sparkassen in das Geschäftsgebiet ihrer Nachbarn oder (zumindest online) gar ins gesamte Bundesgebiet kleinere Institute mittelfristig verdrängen oder gar zur Fusion zwingen würde? Im Ergebnis gäbe es dann zwar größere, aber eben auch weniger Wettbewerber. Die Großen würden sich in attraktiven Regionen mit hohem Geschäftspotenzial tummeln. In strukturschwachen und schwierigen Regionen würden die verbleibenden Kleinen umso mühsamer für sich allein dahinkrebsen. Die Forderung nach mehr Wettbewerb ist also eine eher kurzfristige Perspektive. Das wird auch seitens der Politik so gesehen. Die Fraktionen im Deutschen Bundestag plädieren deshalb einheitlich für die Beibehaltung des Regionalprinzips der Sparkassen. Und es dürfte unwahrscheinlich sein, dass ihre Kollegen in den Ländern das anders sehen.

Selbst im eher zentralistisch orientierten europäischen Ausland hat man in den Jahren der Krise erkannt, dass die historisch bedingte "Kleinstaaterei" des deutschen Kreditgewerbes unbestreitbare Vorteile hat und maßgeblich zur Stabilität des deutschen Bankensystems beigetragen hat. Die Politik tut deshalb gut daran, auch bei europäischen Regulierungsvorhaben darauf hinzuwirken, dass die neuen Vorgaben die Beibehaltung dieser Struktur nicht unmöglich machen. Wenn nun von innen quasi die Axt an eine der drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft gelegt wird, wird das niemand in Europa verstehen. Ohnehin haben die Deutschen hier immer mit dem Manko zu kämpfen, dass die deutsche Kreditwirtschaft nicht mit einer Stimme spricht. Mehr denn je wird sich nun der Eindruck aufdrängen, dass die Deutschen ja gar nicht wissen, was sie eigentlich wollen. Insofern hat die Monopolkommission den Sparkassen (und Banken!) im Land sicher einen Bärendienst erwiesen.

Die neue Diskussion um das Regionalprinzip war aber immerhin zu einem gut: Die Eigentümer der Sparkassen, die Politik und zumindest auch Teile der Bevölkerung haben sich wieder einmal Gedanken darüber gemacht, wozu regionale Institute eigentlich gut sind, wie es die Sparkassenorganisation auch mit ihrer neuen Imagekampagne betont (siehe Etats und Kampagnen und Beitrag Gooßens). Wenn sich aber alle einig sind, dann wäre selbst eine Änderung der Sparkassengesetze in dem von der Monopolkommission geforderten Sinn kein Drama. Die Genossenschaftsorganisation macht schließlich vor, dass sich das Prinzip "ein Markt - eine Bank" auch ohne gesetzlichen Zwang auf freiwilliger Basis erfolgreich durchhalten lässt. In der Sparkassenlandschaft ist das zwar ein bisschen anders. Hier mag es durchaus die eine oder andere Sparkasse beziehungsweise Kommune geben, die ganz gern bei den Nachbarn ein bisschen "wildern" würde. Im Großen und Ganzen legen die Eigentümer der Sparkassen jedoch auf die Regionalität der Institute Wert. Das Regionalprinzip ist also wohl nicht wirklich in Gefahr.

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