Kreditgenossenschaften I

Fusionieren lohnt sich

"Das Umfeld zwingt uns zum Größenwachstum", sagte Matthias Hildner, Vorstandsvorsitzender der Wiesbadener Volksbank vor gut einem Jahr auf der damaligen Bilanzpressekonferenz und begründete so den Zusammenschluss mit der VR Bank Untertaunus, der wichtige Kosten- und Ertragssynergien ermögliche. Das brauche es, um weiterhin eigenständig leben und Geld verdienen zu können. Ein Jahr später zeigt sich in den Zahlen bereits, wie wichtig und richtig die Entscheidung für die Übernahme war, die im Jahr 2021 rechtlich, organisatorisch und technisch vollzogen wurde. Denn während Fusionsjahre üblicherweise von tendenziell negativen Effekten belastet sind, hat die Fusion bei der Wiesbadener Volksbank kaum Spuren im Vertrieb und kaum Spuren im Kundengeschäft hinterlassen.

Die Bilanzsumme des fusionierten Instituts sprang von 6,4 Milliarden Euro auf 7,3 Milliarden Euro. Damit ist die Wiesbadener nun die zwölftgrößte Volksbank der Bundesrepublik. Das Kundenkreditvolumen legte, getragen von Immobilienfinanzierungen, um 8,8 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro zu und stieg damit stärker als die Einlagen, die um 7,6 Prozent auf 5,2 Milliarden anwuchsen. Inklusive des Wertpapier- und des Vermittlungsgeschäfts stieg das gesamte Kundenvolumen von 12,9 Milliarden Euro auf 14,1 Milliarden Euro. Dieses kräftige Volumenwachstum hilft, die negativen Effekte der Geldpolitik ein Stück weit auszugleichen.

Das zeigt sich auch in der Ertragsrechnung: Der Zinsüberschuss legte wieder zu, von 105,9 Millionen Euro auf 110,4 Millionen Euro. Allerdings stammen davon rund 6 Millionen Euro aus der im Herbst 2021 von der DZ Bank für die Jahre 2019 und 2020 nachgezahlten, auf Geheiß der EZB zuvor eingefrorenen Dividende. Auch der Provisionsüberschuss konnte von 36,6 Millionen Euro auf 38,9 Millionen Euro gesteigert werden. Da die Kosten im Fusionsjahr nicht explodiert sind (87,8 nach 85,1 Millionen Euro) und auch das Bewertungsergebnis von nenneswerten Ausfällen verschont blieb, sondern im wesentlichen von Pauschalwertberichtigungen geprägt war (8,6 nach 7,4 Millionen Euro) verbleibt ein um fast 9 Prozent gestiegener Jahresüberschuss von 15,1 Millionen Euro. "Unter den gegebenen Sonderbelastungen ist das ein sehr gute Ergebnis", ordnet Hildner die Entwicklung ein. Und betont, dass die VR Bank Untertaunus auch 2021 schon "inhaltlich und bei den Zahlen einen wichtigen Beitrag zum Ergebnis der Gesamtbank beigesteuert hat". Die Kollegen hätten an vielen Stellen zum Nachdenken animiert und es seien auch Prozesse und Strukturen aus Idstein in die neue Bank übernommen worden.

Für die kommenden Jahre kündigt der Vorstandsvorsitzende sinkende Ergebnisse in der Größenordnung von 5 bis 10 Prozent an. Zumindest solange sich an der Geldpolitik nichts ändert. "Es wäre schon schön, mal wieder Bankgeschäft mit Zinsen machen zu können", so Hildner. Entsprechend wichtig ist es, die Hausaufgaben beim Umstieg auf die digitale Welt, die die Wiesbadener Volksbank ausgemacht hat, schnell zu erledigen und über die Vermögensverwaltung, die seit 2021 nicht mehr nur der gut betuchten Klientel, sondern im breiten Kundengeschäft über die Filialen angeboten wird, wichtige Provisionserträge zu generieren. Das sollte gelingen.

Für die Wiesbadener war die Entscheidung zur Fusion also definitiv richtig. Natürlich sind Fusionen kein Allheilmittel für jede Volksbank oder Raiffeisenbank der Bundesrepublik. Aber das aktuelle Umfeld wird den Trend zu Zusammenschlüssen weiter befeuern. Vorläufig aber wohl nicht in Wiesbaden.

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