Sparkassen

Robuster Mittelstand?

Quelle: Sparkassenverlag

"Wir erleben derzeit die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges", so Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), bei der Vorstellung des Sparkassen-Mittelstands-Fitnessindex. Denn: die Corona-Pandemie hat den Mittelstand hart und ungebremst getroffen. Die Fragen, wie es um die mittelständischen Unternehmen bestellt ist und wie zukunftsfähig sie sind, sind für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland sowie für die Zukunft der Sparkassen von herausragender Bedeutung. Schließlich pflegen drei Viertel aller deutschen Unternehmen eine Geschäftsbeziehung zur Sparkassen-Finanzgruppe und mehr als 99 Prozent aller deutschen Unternehmen gehören dem Mittelstand an.

Höchste Zeit also für einen "Gesundheitscheck", um die Konsequenzen der Corona-Krise besser einschätzen zu können. Der DSGV wertet seit 2004 jährlich 300 000 anonymisierte Firmenkundenbilanzen mit einem Jahresumsatz von bis zu 250 Millionen Euro aus - das ist die größte Bilanzdatensammlung Deutschlands. Flankiert werden diese Erkenntnisse durch Umfragen mit Sparkassen-Firmenkundenberatern.

Das Resümee der Sparkassen fällt erstaunlich positiv aus. Erwartungsgemäß sei der Mittelstands-Fitnessindex zwar unter das Niveau von 2009 gesackt, aber die Entwicklung verlaufe in den einzelnen Wirtschaftssegmenten sehr unterschiedlich und ein Erholungsprozess sei bereits zu erkennen. Vor allem die Baubranche, das Gesundheits- und Sozialwesen seien nach wie vor auf Wachstumskurs. Die höchste Corona-Betroffenheit zeige sich im Tourismus oder Messe- und Eventgeschäft. Über alle Branchen hinweg wird im Durchschnitt von einem Umsatzrückgang von 5,7 Prozent gesprochen. Die Gewinne brechen im Jahr 2020 im Vergleich zu den Umsätzen mit 44 Prozent zwar deutlich stärker ein, dennoch können die Unternehmen im Durchschnitt eine Umsatzrendite von 3,5 Prozent erwirtschaften und stellen sich damit als immer noch rentabel dar. Ferner geht der Verband davon aus, dass weniger als 2 Prozent der Unternehmen in den kommenden sechs Monaten einen Insolvenzantrag stellen werden.

Schleweis räumt allerdings ein, dass Prognosen zu Kreditausfällen nach wie vor unsicher seien und die Analyse keinerlei Aussagen für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen, die oft alleine nicht die Kraft besitzen, sich über längere Zeit gegen die Krise zu stemmen, trifft. Dennoch erwarte er, dass dieser Effekt im deutschen Mittelstand und für die Sparkassen eher gering ausfallen werde.

Aber ist das nicht etwas zu optimistisch gedacht? Anders denkt beispielsweise die Wirtschaftsauskunftei Creditreform, deren Datenbestand laut eigener Aussage rund 88 Millionen Unternehmensdaten weltweit umfasst. Sie warnt vor bis zu 800 000 "Zombie-Unternehmen" sowie vor faulen Krediten und deren langfristigen Auswirkungen für die Wirtschaft. Gar nicht so unberechtigt vor dem Hintergrund, dass die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, bis zum Jahresende ausgesetzt wurde. Allerdings darf bei dieser Einschätzung nicht vergessen werden, dass es sich bei der Auskunftei um keine staatliche Behörde handelt, sondern um ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das profit orientiert arbeitet und seinen Kunden Inkasso sowie Bonitätsprüfung anbietet. Wird hier also Panikmache aus eigenem Interesse betrieben? Was benötigt wird, um die Lage des Mittelstands rein objektiv einschätzen zu können, ist Transparenz. Und diese kann erst wieder geschaffen werden, wenn die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages besteht.

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