Regulierung I

Wirklich geregelt?

Die Bundeskanzlerin hat ein gutes Gespür für öffentlichkeitswirksame Formulierungen. Im Bereich der Finanzmarktregulierung haben die G20 wirklich gute Fortschritte gemacht, hat sie Mitte November beim Gipfel in Brisbane gesagt. Mit der Konkretisierung dieser sicherlich richtigen Feststellung hat sie sich dann allerdings ziemlich weit vorgewagt. Die systemisch relevanten Banken sind jetzt international reguliert, so hat sie sinngemäß formuliert, es wird nie wieder notwendig sein, dass Steuerzahler dafür eintreten müssen, wenn große Banken zusammenbrechen. Bezug genommen hat Angela Merkel damit auf das TLAC-Konzept, mit dem das Financial Stability Board die 30 G-SIBs (Global Systemically Important Banks), deren Liste Anfang November wieder aktualisiert wurde, über die Basel-III-Anforderungen hinaus zu einem zusätzlichen Kapitalpuffer verpflichten will.

Dieser soll dabei helfen, die Institute abzuwickeln, ohne das gesamte Bankensystem zu gefährden. Was die Kanzlerin quasi als Vollzug gemeldet hat, ist allerdings im jetzigen Stadium erst mit einem Konzeptpapier unterlegt, das bis Anfang Februar 2015 zur Konsultation gestellt ist (siehe ZfgK 22-2014). Weder die grenzüberschreitende Anerkennung der Abwicklungsmaßnahmen noch die Art der zusätzlichen Kapitalbestandteile sind bislang geklärt.

Am Beispiel der CoCo-Bonds als mögliches Instrument für eine Wandlung von Nachrang- in Eigenkapital hat eine wissenschaftliche Studie der TU München und der Uni Bonn mögliche kontraproduktive Wirkungen zutage gefördert. Sind diese Anleihen falsch konstruiert, so die These, können sie eine Unternehmenskrise sogar verschärfen, statt das System zu stabilisieren. Bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage einer Bank, so wird im Modell gezeigt, könnten die Eigentümer ein Interesse haben, die Lage noch weiter zu verschärfen, um Verluste auf die CoCo-Bonds-Anleger zu verschieben. Wünschenswert ist deshalb eine Spielart von CoCo-Bonds, die Altaktionäre anregt, alles zu unternehmen, um die Kernkapitalquote für einen Wandel nicht zu unterschreiten.

Ohnehin stellt sich noch die Frage, wie viele G-SIBs die Anforderungen bis wann umsetzen können. Der angedachte Zeitrahmen bis 2019 gilt als ambitioniert. Bis die Frage des "Too Big to Fail" also wirklich im Sinne der Bundeskanzlerin geregelt ist, werden noch viele Interessensunterschiede in Einklang gebracht werden müssen und dabei viele anstrengende Verhandlungsrunden zu bewältigen sein. Und selbst wenn die Umsetzung der TLAC- Initiative in einigen Jahren geschafft sein sollte, will man sich lieber nicht vorstellen, dass unter den enormen Spannungen der internationalen Finanzmärkte ein Szenario eintreten könnte, bei dem gleichzeitig mehrere der Global Player abgewickelt werden müssen.

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