Mittelstandsgeschäft

Altersteilzeit - quo vadis?

Angesichts der demografischen Veränderungen galten bisher häufig Altersteilzeitmodelle als die Lösung. Sie bieten älteren Arbeitnehmern eine attraktive Möglichkeit für einen fließenden Übergang in die Rente. Viele Unternehmen schließen mit ihren Mitarbeitern eine Altersteilzeitvereinbarung.

Auch nachdem die staatliche Förderung im Jahr 2009 ausgelaufen ist, nehmen die Arbeitnehmer dieses Angebot nach wie vor gerne wahr. Das belegt die Bundesagentur für Arbeit mit ihrer jährlichen Statistik der in Deutschland bewilligten Altersteilzeitfälle.

Das von Unternehmen bevorzugte Altersteilzeitmodell ist das sogenannte Blockmodell, bei dem die Arbeitszeit in zwei gleich große Zeitblöcke von beispielsweise jeweils 36 Monaten aufgeteilt wird. Während der ersten Hälfte arbeitet der Arbeitnehmer unverändert weiter, verzichtet aber auf die Hälfte seines Gehalts. In der zweiten Hälfte ist er von der Arbeit freigestellt und erhält den Teil des Gehalts, den der Arbeitgeber während der aktiven Phase einbehalten und auf ein Wertguthabenkonto eingezahlt hat.

Gestaltung von altersgerechten Beschäftigungsphasen

Gesetzgeber, Unternehmen und Tarifvertragsparteien sind gefordert, das Arbeitsleben so zu gestalten, dass es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen attraktiv und akzeptabel ist.

Beim klassischen Blockmodell steht der Arbeitnehmer in der passiven Phase dem Unternehmen mit seinem Wissen nicht mehr zur Verfügung. Auch die demografische Entwicklung mit fehlenden Fachkräften wird hierbei nicht berücksichtigt. Darüber hinaus wird das Blockmodell den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter auch im Hinblick auf die Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre nicht ausreichend gerecht.

Es geht darum, flexiblere Wege für den Übergang vom Beruf in die Rente zu finden, das heißt Arbeitszeit und Arbeitsintensität in der letzten Phase des Berufslebens den Bedürfnissen der Arbeitnehmer anzupassen. Kurz: Es geht um altersgerechtes Arbeiten.

Einige Branchentarifverträge, wie beispielsweise der Tarifvertrag Chemie mit "Lebensarbeitszeit und Demografie" und der Tarifvertrag Metall mit besonderen Regelungen zur Altersteilzeit, tragen diesen Entwicklungen bereits heute Rechnung.

Zeitwertkontenmodell der Zukunft

Die jüngste dieser Tarifregelungen ist die Regelung zum altersgerechten Arbeiten, die Deutsche Post AG und Verdi im Oktober 2011 für die rund 130000 Tarifangestellten der Post ausgehandelt haben.

Die Tarifverträge sehen ein Kombinationsmodell aus Altersteilzeit und Zeitwertkonten vor, das den Beschäftigten ermöglicht, gegen Ende des Berufslebens die Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum (zwischen 24 und 72 Monate) hinweg zu reduzieren und dennoch aktiv am Arbeitsleben teilzuhaben. Auch dem Unternehmen bleiben so Wissen und Erfahrung des Arbeitnehmers erhalten. Im Anschluss kann der Mitarbeiter dann nach einer Freistellungsphase aus seinem Zeitwertkonto ohne einen Abschlag bei der Rentenhöhe der gesetzlichen Rentenversicherung - in Rente gehen.

Beschäftigte in die Finanzierung einbeziehen

Darüber hinaus hat die Deutsche Post AG einen Demografiefonds eingerichtet. Mit den Beiträgen aus dem Demografiefonds stockt das Unternehmen die Auszahlungen an die Mitarbeiter - zusätzlich zu der gesetzlich erforderlichen Aufstockung - während der Altersteilzeit auf. Der Demografiefonds ist sozial ausgewogen. Denn Beschäftigte mit geringerem Einkommen erhalten einen höheren Aufstockungsbeitrag als Beschäftigte mit einem höheren Einkommen.

Das Modell bezieht auch die Beschäftigten in die Finanzierung mit ein - denn Zugangsvoraussetzung für die Teilnahme an dem Altersteilzeitmodell ist die Einbringung von Entgelt in ein Lebensarbeitszeitkonto. Dieses während der aktiven Arbeitsphase besparte Konto dient dazu, die Phase der auf 50 Prozent reduzierten Arbeitszeit weiter zu verkürzen oder je nach Höhe des Guthabens früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu können.

Auch auf andere Freistellungszeiten übertragbar

Die Regelungen zu den Zeitwertkonten können auch losgelöst von der Altersteilzeit für andere Freistellungszeiten wie Pflege von Angehörigen, Elternzeit oder Sabbatical genutzt werden.

Die Beschäftigten können mindestens zwei und höchstens 30 Prozent ihres steuerpflichtigen Bruttojahreseinkommens in das Zeitwertkonto einbringen. Einmal im Jahr wird das Wertguthaben in Wertguthabenpunkte umgerechnet. Ein Wertguthabenpunkt entspricht hierbei einem Prozent des steuerpflichtigen Bruttojahreseinkommens. Dieses flexible Modell stellt ein innovatives Instrument zur Bewältigung des demografischen Wandels dar, um die Arbeitswelt altersgerechter zu gestalten.

Lebensarbeitszeitkonten interessant für den Mittelstand

Die Vorteile: Die körperliche Beanspruchung und Arbeitsbelastung älterer Mitarbeiter (zum Beispiel Schichtarbeiter) wird spürbar reduziert, die Unternehmer können von deren Know-how länger profitieren, und die Personalkosten je Mitarbeiter sinken aufgrund von geringeren Krankenständen.

Die Thematik der Lebensarbeitszeitkonten wird oft im Zusammenhang mit großen, häufig international agierenden Unternehmen genannt.

Unterschätzt wird die Tatsache, dass dieses Modell auch für viele mittelständische Unternehmen attraktiv ist. Schließlich stellt die demografische Entwicklung und die zunehmende Globalisierung an mittelständische Unternehmen heute ganz ähnliche Anforderungen hinsichtlich Flexibilität und innovativer Arbeitszeitgestaltung wie an große Unternehmen. Auch sie können von den vielen Vorteilen daher profitieren.

Natürlich unterscheiden sich die konkreten Einzelanforderungen eines Mittelständlers an Lebensarbeitszeitkonten von denen eines Großkonzerns. Versicherungsunternehmen wie die R+V Lebensversicherung AG bieten jedoch für beide Bedarfssituationen flexible und innovative Lösungen - bereits heute betreut R+V beispielsweise im Bereich Zeitwertkonten rund 2900 Unternehmen aller Größenordnungen und Branchen.

Als Fazit lässt sich festhalten: Es ist an der Zeit, die Herausforderungen des demografischen Wandels anzunehmen und in die Tat umzusetzen, denn die Wirkung der getroffenen Maßnahmen zeigt sich erst in einigen Jahren. Innovative Arbeitszeitmodelle helfen dabei, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer altersgerecht zu gestalten und gleichzeitig den betrieblichen Abläufen in den Unternehmen gerecht zu werden.

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