Vorsorgesparen

Altersvorsorge: Verstellter Blick

Statt zu sparen, geben die Deutschen ihr Geld derzeit lieber aus. Die Finanz- und Schuldenkrise hat die Bürger nachhaltig verunsichert, niedrige Zinsen tun ihr Übriges. Gespart wird allenfalls noch auf schlecht verzinsten Sparbüchern und Tagesgeldkonten oder das Geld fließt in die eigenen vier Wände. Sicherheit ist gefragter denn je, auch wenn sie im Fall von Sparbuch & Co trügerisch ist. Denn die reale Verzinsung ist hier mitunter negativ. Skeptisch agieren die Deutschen dagegen gegenüber kapitalmarktnahen Investments und vor allem bei der privaten Altersvorsorge.

In der Vergangenheit wurde zu sehr über Renditen argumentiert

Derzeit wird intensiv über die Altersvorsorge in Deutschland diskutiert. In Zukunft wird es darauf ankommen, die zentralen Grundsätze einer Rentenversicherung wieder klar in den Blick zu nehmen.

Zunächst muss die Branche aber selbstkritisch feststellen: In der Vergangenheit wurde in der Altersvorsorge viel zu sehr über Renditen argumentiert. Die Darstellung der eigentlichen Kernleistung "Versicherung" in Form einer lebenslangen Rente und in einem kollektiven Risikoausgleich haben weite Teile des Marktes sträflich vernachlässigt. Dabei ist es für den Kunden immens wichtig, in seiner Altersvorsorge das "Risiko der Langlebigkeit" angemessen zu berücksichtigen.

Und dieses Risiko wird in der Breite der Bevölkerung dramatisch unterschätzt: Auf 81,3 Jahre beziffern die Deutschen ihre Lebenserwartung im Durchschnitt - bereits heute beträgt sie aber 89,6 Jahre. Dabei ist noch nicht die Tücke von Mittelwerten berücksichtigt - ein Viertel aller heute 35-Jährigen wird älter als 95. Vor diesem Hintergrund wird der eigentliche Wert einer Rentenversicherung deutlich. Denn sie ist das einzige Produkt, bei dem der Kunde nicht gegen den eigenen Tod spekulieren muss. Zudem hat die Rentenversicherung einen weiteren positiven Effekt: Sie fördert die Spardisziplin des Versicherten.

Gerade im Niedrigzinsumfeld zeigt die Rentenversicherung ihre Stärke

Auch die aktuellen Diskussionen um die Garantieverzinsung sind oftmals viel zu kurz gesprungen. Denn anders als vielfach kritisiert, zeigt die klassische Rentenversicherung gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld ihre Stärke.

- Mit den besser verzinsten Investitionen der Vergangenheit wird die derzeitige Durststrecke überbrückt, sodass Kunden dieses Jahr durchschnittlich 3,40 Prozent gutgeschrieben bekommen - für eine wenig volatile Anlage im aktuellen Umfeld ein durchaus beachtlicher Wert. Eine Versicherung ist eben kein individueller Sparvorgang, sondern es findet ein Ausgleich über die Zeit und über das Kollektiv statt.

- Hinzu kommt: Dem Versicherer bieten sich in seiner Anlagepolitik ganz andere Möglichkeiten zur Diversifizierung als sie einem einzelnen Sparer offen stehen würden - beispielsweise über direkte Investitionen in Infrastruktur. Diese Vorteile zusammengenommen bleibt die klassische Rentenversicherung ein wichtiger Stabilitätsanker in jedem Vorsorgeportfolio.

Zugleich ist aber auch ein Umdenken des Vorsorgesparers erforderlich. Denn ohne Risiko lässt sich im aktuellen Kapitalmarktumfeld kaum noch eine ausreichende Altersvorsorge aufbauen. Anders ausgedrückt: Ergänzende Produkte mit höheren Renditechancen sind sinnvoll - wenn ein ausreichend langer Ansparzeitraum zum Ausgleich möglicher Schwankungen vorausgesetzt werden kann.

Komplexität der Vorsorgeprodukte nicht ausufern lassen

An diesen Punkt knüpfen innovative Garantieprodukte an, die Versicherer derzeit wieder vermehrt auf den Markt bringen. Entscheidend bei der Bewertung sollten dabei zwei wesentliche Fragen sein: Wie viel mehr Chancen auf Rendite bietet das Produkt durch den Verzicht auf Garantien? Und steht dies in einem angemessenen Verhältnis?

Vorsorgesparer allein können dies mangels fundiertem Hintergrundwissen kaum beantworten. Eine gute Grundlage bieten aber sogenannte Chance-Risiko-Profile, auf die Teile der Branche bereits zurückgreifen und die künftig im Rahmen der neuen Produktinformationsblätter für geförderte Vorsorgeverträge vorgeschrieben sein werden. Die Methode setzt genau an dem Punkt an, wo bisher erstellte Modellrechnungen mit konstanten Wertentwicklungen ihren blinden Fleck haben: Niemand kann genau wissen, wie sich die Kapitalmärkte zukünftig entwickeln werden. Aber es lassen sich volatile Kapitalmarktszenarien simulieren. Jedes Produkt reagiert dabei unterschiedlich, je nachdem auf welche Weise Garantien erzeugt werden. Simuliert man nun sehr viele Kapitalmarktverläufe, ergeben sich Verteilungen von Ablaufleistungen, die einen realistischen und leicht verständlichen Vergleich zwischen den verschiedenen Produkten ermöglichen.

Zugleich sind die Versicherer gut beraten, die Komplexität in ihrer Produktentwicklung nicht ausufern zu lassen. Denn: Nicht jedes Mehr an Komplexität erzeugt im gleichen Maße Mehrwert für den Kunden. Mehrwert und Verständlichkeit - genau das muss aber die handlungsleitende Maxime sein, damit Altersvorsorge in der Breite die dringend notwendige Akzeptanz findet.

Individuelles Risikoempfinden als Ausgangsbasis

Das sollte nicht nur in der Vorsorge, sondern auch im Vermögensmanagement der Weg sein. Keine Frage: Eine gute Wertentwicklung ist ein starkes Argument für einen Fonds - hat das Fondsmanagement doch offenbar seine Aufgaben in der Vergangenheit gut gelöst. Jedoch versuchen im Markt immer noch zu wenige Anleger, die erzielte Performance in Relation zu dem damit eingegangenen Risiko zu setzen. Und noch weniger berücksichtigen vor dem Kauf eines Investments dessen Auswirkungen auf ein Depot, das aus mehreren verschiedenen Bestandteilen besteht. Somit ist es schon als positiv zu werten, wenn ein Anleger bei der Betrachtung eines Finanzproduktes Risikokennziffern oder Vergleichspunkte in Betracht zieht. Der Blick auf die Messlatte, die Benchmark, gegen die das Investment antritt, ist ein erster Parameter. Die Volatilität des Investments als Risikokennzahl hilft zudem bei der Einordnung. Hinzu kommen eine ganze Reihe weiterer Kennziffern, die ohne Zweifel dazu beitragen, das Risiko einer Anlage differenzierter in Blick zu nehmen. Aber: Überwiegend werden diese Kennziffern rückblickend betrachtet.

MLP hält es für unerlässlich, dass die persönliche Ausgangssituation des Kunden bezüglich seiner Risikotragfähigkeit und seiner Renditeerwartung ermittelt wird. Erst wenn diese Informationen vorliegen, kann ein Berater die für den Kunden geeigneten Anlagebausteine ermitteln.

Zunächst muss der Kunde dabei festlegen, welches Risiko in Form temporärer Verluste er zu tragen bereit ist. Eine geeignete Kennzahl, um darüber Auskunft zu geben, ist der Value at Risk (VaR). Der VaR ist ein statistisches Maß, das absolute Verlustgrößen beschreibt und dazu genutzt wird, mit dem Kunden eine Verlustobergrenze zu definieren, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent innerhalb von zwölf Monaten nicht überschritten wird. Mit dem VaR wagt der Kunde so einen Blick in die Zukunft und orientiert sich nicht allein an historischen Kennzahlen bei der Anlageentscheidung.

Risikotragfähigkeit ermitteln

Die Antwort auf die Frage, wie viel Risiko ein Kunde tragen will, also die Bestimmung seiner Risikotragfähigkeit, weicht durchaus von der Erkenntnis ab, wie viel Risiko er tatsächlich tragen kann. Wenn seine Vermögens- und/oder Einnahmesituation eine hohe Verlusttoleranz nicht abdeckt, wird im Kundengespräch davor gewarnt und ein risikobewussteres Verhalten empfohlen. Im anderen Fall sind Kunden, die von der Vermögens- und Einnahmenseite her gut situiert sind, hinsichtlich der Wahrnehmung von Chancen auf den Anlagemärkten häufig zu konservativ aufgestellt.

Hat ein Berater die Risikotragfähigkeit seines Kunden ermittelt, wählt er die passenden Anlagekategorien aus. Je niedriger der persönliche Value at Risk des Kunden, desto niedriger sind naturgemäß auch die zu erwartenden Renditen und umgekehrt. Ausgehend vom VaR kann eine Renditeplanung und -kontrolle erfolgen. Der VaR eignet sich auch, um komplexe Depots, die neben Aktien und Anleihen auch Hedge fonds, Private Equity und andere Assets beinhalten, zu steuern.

Natürlich hat auch der VaR seine Grenzen und wie bei jeder Wahrscheinlichkeitsrechnung gibt es immer ein Restrisiko extremer Ereignisse. Aber die Berücksichtigung des Value at Risk hilft, Depots sinnvoll unter Berücksichtigung des eingegangenen Risikos zu strukturieren. Und vor allem kann der Berater seinem Kunden die irrationale Scheu vor kapitalmarktnahen Anlagen nehmen. Besser noch: Ein klar nach seinem eigenen Risikoempfinden ausgerichtetes Depot gibt ihm genau die in diesen Tagen so vermisste Sicherheit.

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