Verbraucherschutz

Aufgabenund Grenzen der BaFin beim Verbraucherschutz

Der Begriff "Verbraucherschutz" ist nicht gesetzlich definiert. Verbraucherschutz bezeichnet die Gesamtheit der Bestrebungen und Maßnahmen, die Menschen in ihrer Rolle als Verbraucher von Gütern oder Dienstleistungen schützen sollen. Dieses Schutzbedürfnis beruht auf der Erfahrung, dass Verbraucher gegenüber den Herstellern und Vertreibern von Waren und gegenüber Dienstleistungsanbietern strukturell unterlegen sind; das heißt wegen ihres Mangel an Fachkenntnis, Information oder Erfahrung können sie leicht benachteiligt werden. Dieses Ungleichgewicht so weit als möglich auszugleichen ist Anliegen und Aufgabe des Verbraucherschutzes.

Da es im deutschen Recht kein gesondertes "Verbraucherschutzgesetz" gibt, das alle Fragen des Verbraucherrechts regeln würde, ist im Einzelnen zu prüfen, welche Normen auch Verbraucherschutzinteressen dienen. Zusätzlich ist zu klären, welche Institution in welchem Segment Verbraucherschutzaufgaben wahrnimmt.

Die BaFin wurde mit dem Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) gegründet. Sie hat als Aufsichtsbehörde einen primär ordnungsrechtlichen Aufgabenbereich und wird ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig (Paragraf 4 Abs. 4 FinDAG). Dabei ist sie für die Bekämpfung von Missständen zuständig, wobei sich der Umfang der Bearbeitung nach Paragraf 4 Abs. 1 FinDAG in Verbindung mit Paragraf 6 Abs. 2 und 3 KWG, Paragraf 81 VAG oder Paragraf 4 WpHG richtet. Der Verbraucherschutz findet daher im Rahmen der Missstandsbekämpfung statt.

Die einzelgesetzliche Grundlage bildet den Rahmen für Art und Umfang des Verbraucherschutzes. Daraus folgt, dass der Schutz individueller Verbraucherinteressen, vor allem die Rechtsvertretung gegenüber dem Beschwerdegegner oder ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, nicht zu den Aufgaben der BaFin gehören. Hinweise auf Missstände können sich etwa aus Beschwerdeverfahren im Einzelfall, aus falscher Rechtsanwendung in Stellungnahmen gegenüber der BaFin oder auch aus selbst initiierten Prüfungen der BaFin ergeben.

Verbraucher hat Recht auf sachliche Prüfung des Anliegens

Anspruchsgrundlage der Beschwerdeführer für die Behandlung ihrer Beschwerden durch die BaFin ist Artikel 17 Grundgesetz. Daraus ergibt sich für jedermann das Recht, bei der zuständigen Stelle oder bei den Volksvertretungen eine schriftliche Petition einzubringen. Aus diesem Grundrecht leitet sich ein Anspruch auf Entgegennahme der Eingabe, auf sachliche Prüfung des Anliegens und auf Bescheidung ab. Das heißt, der Beschwerdeführer hat ein einklagbares Recht darauf, dass die Petition beantwortet wird. Das Petitionsverfahren ist kostenlos und nicht an die Normen und Formen gerichtlicher Verfahren gebunden, der Petitionsbescheid erlangt keine formelle oder materielle Rechtskraft.

Richtiger Adressat einer Petition ist die angerufene Stelle dann, wenn sie sachlich und funktional für Entscheidung über den vorgetragenen Sachverhalt zuständig ist, oder wenn es sich um einen bundesdeutschen parlamentarischen Petitionsausschuss handelt. Über den Petitionsausschuss des Bundestages gelangen daher zahlreiche Beschwerden an die BaFin. Umgekehrt übersendet auch die BaFin Stellungnahmen für den Petitionsausschuss nachdem sie selbst Sachverhalte ermittelt und beurteilt hat.

Es zeigt sich immer wieder, dass gleiche sachliche Anliegen schon von zahlreichen anderen Petenten geäußert wurden oder dass die BaFin Anliegen bereits verfolgt hat, weil Beschwerdeführer sich direkt an sie gewandt haben. In diesen Fällen kann die Aufsicht auf die bereits früher ermittelten Sachverhalte und Bewertungen verweisen oder es werden Kopien der Petitionsbescheide übersandt.

Der Umfang der inhaltlichen Prüfung einer Petition wird durch den Aufgabenzuschnitt der Behörde bestimmt, die angerufen wurde. Insbesondere ergibt sich aus Art. 17 GG keine Kompetenz der Behörde, die sie nicht schon aus anderen einfachgesetzlichen Regelungen hätte. Art. 17 GG begründet weder eine neue oder erweiterte Zuständigkeit einer Behörde, noch wird der Grad der inhaltlichen Prüfung einer Petition erweitert.

Kein Durchsetzen individueller Verbraucherinteressen

Die BaFin ist die zuständige Adressantin von Petitionen in dem Sachbereich: Kredit, Versicherung und Wertpapierwesen. Sie übt die Missstandsbekämpfung im öffentlichen Interesse aus - und nicht um individuelle Verbraucherinteressen durchzusetzen. Sie stößt dabei selbst Prüfungen an oder reagiert auf Beschwerden, die bei ihr direkt oder über den Petitionsausschuss des Bundestages eingehen.

Beschwerdeführer sind in erster Linie private Endverbraucher, es kommen jedoch auch gewerbliche Kunden und Selbstständige in Betracht. Im Bereich des Kreditwesens werden Beschwerden über Vermittler, die kein nach dem KWG genehmigungspflichtiges Geschäft betreiben, jedoch nicht verfolgt, weil die BaFin nicht zuständig ist.

Einfache Fachfragen lassen sich meist schon am BaFin-Verbrauchertelefon, auf das die Aufsicht auch auf ihrer Homepage hinweist, klären. Das Gleiche gilt für Fragen zum Beschwerdeverfahren selbst. Das Verbrauchertelefon ist zwar ausgegliedert, die Mitarbeiter werden allerdings von der BaFin geschult.

Klare Abgrenzung zur Rechtsverfolgung

Wenn es sich nicht um Auskunftsersuchen, sondern um Beschwerden handelt, gilt es zu unterscheiden zwischen konkreten, eigenen Beschwerden des Beschwerdeführers und Popularbeschwerden. Popularbeschwerden erreichen die BaFin regelmäßig im Nachgang zu Verbraucherschutzsendungen, in denen Branchenkritik geübt wird. Solche Beschwerden werden unter Hinweis auf die Zuständigkeit der BaFin im Einzelfall sowie auf die Rechtslage beantwortet.

Handelt es sich allerdings um die eigene Angelegenheit des Beschwerdeführers, klärt die BaFin zunächst, ob es sich um eine Beschwernis aus dem Kreditwesen, Versicherungswesen oder Wertpapierwesen handelt. Die meisten Beschwerdefälle, die die BaFin erreichen, betreffen das Versicherungswesen.

Im Bereich Kreditwesen prüft die BaFin die "ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte" (Paragraf 6 Abs. 3 Satz 1 KWG), im Versicherungsbereich die "ausreichende Wahrung der Belange der Versicherten" (Paragraf 81 Abs. 1 Satz 2 VAG) und im Wertpapierwesen "ob die ordnungsgemäße Durchführung des Wertpapierhandels oder von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen beeinträchtigt wird oder erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt zu befürchten sind" (Paragraf 4 WpHG).

Im Kreditwesen prüft die BaFin neben rechtlichen Fragen des entsprechenden Kreditengagements auch "technische Beschwerden", also finanzmathematische Berechnungen auf Plausibilität - etwa bei einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Das Bearbeitungsverfahren läuft in allen drei Aufsichtsbereichen im Wesentlichen gleich ab: Zunächst stellt sich die Frage: Ist die BaFin zuständig für das vorgebrachte Anliegen? Das heißt, die BaFin muss rechtlich und faktisch die Kompetenz haben, den Sachverhalt zu beurteilen, welcher der Beschwerde zugrunde liegt. Die Abgrenzung, die die BaFin den Beschwerdeführern stets am schwersten vermitteln kann, ist die zur Rechtsverfolgung. Wenn etwa ein Kreditinstitut beabsichtigt, aus Sicherheiten zu vollstrecken ist die BaFin nicht befugt, für den Beschwerdeführer oder in Ergänzung zum Beschwerdeführer konkrete Rechtsmittel einzulegen oder zu stoppen.

Wellen von Eingaben nach Verbraucherschutzsendungen

Ist die Sachlage eindeutig und sieht die BaFin keinerlei Hinweis auf einen Missstand, so erhält der Beschwerdeführer unmittelbar eine entsprechende Antwort, in der die BaFin ihre von seiner Sicht abweichende Rechtsansicht darstellt. Dabei erläutert sie kurz die einzelnen zugrundeliegenden Vorschriften und deren Rechtsauslegung durch die Obergerichte, ohne ein ausführliches Rechtsgutachten abzugeben. Nach Verbraucherschutzsendungen, in denen generalisierend über jüngste Gerichtsurteile referiert wird, schwappen oft Wellen von Eingaben über die BaFin. Hierbei sind Enttäuschungen nicht ausgeschlossen: Die BaFin muss dem Petenten nicht selten mitteilen, dass sein Fall gar nicht unter das entsprechende Gerichtsurteil fällt.

Ist der Sachverhalt weiter aufklärungsbedürftig oder ergeben sich Anhaltspunkte für Bearbeitungsfehler des Institutes, sendet die BaFin dem Vorstand des Institutes den Vorgang in Kopie zu - mit der Bitte um eine Stellungnahme, die dem Beschwerdeführer weitergegeben werden kann. Der Beschwerdeführer selbst erhält einen Zwischenbescheid.

Hat das Institut sich geäußert, prüft die BaFin dessen Stellungnahme und versucht bei abweichender Sachverhaltsdarstellung den Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Soweit höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, legt die BaFin diese der Auslegung der entsprechenden Normen zugrunde - und das verlangt sie auch von den Kreditinstituten. Gleiches gilt auch im Bereich der Versicherungswirtschaft, wobei dort die Rechtsfrage auch dann als entschieden angesehen wird, wenn eine entsprechende Entscheidung des Ombudsmannes der Versicherungswirtschaft vorliegt.

Kein authentischer Interpret der Rechtsnorm

Schwierig wird der Auftrag zur Missstandskontrolle, wenn höchstrichterliche Entscheidungen fehlen und es unterschiedliche Äußerungen in Rechtsprechung und Schrifttum gibt. Beschwerdeführern ist es regelmäßig schwer zu vermitteln, dass die BaFin kein Organ zur authentischen Interpretation von Rechtsnormen ist, mithin sie kein quasi-rechtliches Vorentscheidungsrecht hat. Sie weist dann auf die unterschiedlichen Rechtsauslegungen hin, bezieht allerdings keine eigene Stellung. Wenn das zur Stellungnahme aufgeforderte Institut allein oder unter dem rechtlichen Hinweis der BaFin einen Bearbeitungsfehler feststellt, wird es diesen üblicherweise selbstständig korrigieren.

Liegt aus Sicht der BaFin ein Bearbeitungsfehler vor, wird dieser allerdings vom Institut nicht korrigiert, übersendet die BaFin die Stellungnahme des Unternehmens und erläutert seine abweichende Rechtsansicht. Daraus kann der Beschwerdeführer Hinweise ableiten, welche Erfolgsaussichten er im Rahmen seiner Rechtsverfolgung hätte. Liegt aus Sicht der BaFin kein Bearbeitungsfehler vor, erhält der Beschwerdeführer ein das Verfahren abschließendes Schreiben, in dem die BaFin die Rechtslage erläutert und dem der Bericht des Institutes beigefügt ist.

Bis eine Beschwerde bearbeitet ist dauert es im Regelfall rund acht Wochen; die Bearbeitungszeit kann sich jedoch verlängern, wenn umfangreiche Rückfragen notwendig sind, um den Sachverhalt aufzuklären. 567 Beschwerden und vier Petitionen im vergangenen Jahr erfolgreich

Im Jahre 2007 bearbeitete die BaFin 3 643 Beschwerden über Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (gegenüber 3 451 im Vorjahr.) Sie nahm in 43 Fällen gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages Stellung und beantwortete 532 Anfragen. 567 Beschwerden, darunter vier Petitionen, waren für die Verbraucher ganz oder teilweise erfolgreich. Die Beschwerden betrafen alle Bereiche des Bankgeschäftes. Thematische Schwerpunkte in der Praxis waren:

Kreditnehmer befürchten Zwangsmaßnahmen bei verkauften Krediten. Kunden können über Gegenwert von Schecks nicht sofort verfügen. Kontoverfügungen durch Minderjährige.

Rückzahlung von Bausparguthaben gegen den Willen der Kunden. Bereitstellungsprovision für nicht in Anspruch genommene Kredite.

Die BaFin ist weder Rechtsvertreter noch juristischer Streithelfer bei der Durchsetzung individueller Ansprüche des Beschwerdeführers. Sie stellt ihre Rechtsansicht unabhängig von der Ansicht von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner dar, entscheidet aber bei Streitigkeiten nicht selbst in der Sache.

Der BaFin obliegt weder die Information des Verbrauchers zu Einzelfragen der Kreditwirtschaft noch die allgemeine Verbraucheraufklärung. Das heißt, die Behörde testet keine Bankprodukte unter Rentabilitätsgesichtspunkten und sie hält keine Basisschulungen für Finanzwissen ab. Dies sind Aufgaben etwa der Verbraucherschutzverbände, der Stiftung Warentest oder des Schulunterrichtes. Die BaFin hat jedoch eine Broschüre herausgegeben mit Hinweisen darauf, wie man unseriöse Anbieter von Geldanlagen erkennen kann. Die Broschüre ist auf der BaFin-Homepage abrufbar oder sie kann über die Pressestelle bezogen werden.

Ausdünnen des Verbraucherschutzes nicht beabsichtigt

Die Missstandskontrolle der BaFin erfolgt unabhängig und gegebenenfalls neben außergerichtlichen Streitbeilegungen durch die Ombudsleute der Kreditwirtschaft.

Die BaFin nimmt ihren Auftrag zur Missstandskontrolle eigenständig und ohne Präjudiz für andere am Verbraucherschutz beteiligte staatliche und nichtstaatliche Institutionen wahr. Sie ist nicht authentischer Interpret der Rechtsnormen, sondern legt als Maßstab die Auslegung seitens der Obergerichte zugrunde. Bei unterschiedlicher Rechtsauslegung ergreift sie keine Partei. Durch ihre Arbeit im Verbraucherschutz leistet sie einen Einzelbeitrag zur Beurteilung der Geschäftsführung der einzelnen Institute und trägt damit zum Gesamtbild der Finanzaufsicht über Einzelinstitute bei.

Aufgrund der Bedeutung dieser Arbeit ist auch nicht beabsichtigt, den Verbraucherschutz in der BaFin abzuschaffen oder auszudünnen.

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