Bankassurance

Auslaufen der Stufen in der Riester-Förderung: Fluch und Segen zugleich

Insbesondere den Lebensversicherern haben Riester-Verträge im vergangenen Jahr die Neugeschäftszahlen versüßt. Von 7,9 Millionen abgeschlossenen Verträgen im Bereich Lebensversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds bezogen sich 2,1 Millionen Verträge auf Riester-Produkte. Im Jahr 2006 hatte die Branche 1,7 Millionen Riester-Renten vertrieben.

Dass sich die laufenden Beiträge beim eingelös-ten Neuzugang dennoch um rund 20 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro verringerten, ist vor allem auf die dritte Riester-Stufe zurückzuführen, die das Neugeschäft im Jahr 2006 maßgeblich prägte. Marktführer im Bereich Riester-Versicherungsverträge ist die AMB Generali Gruppe - mit ihren Marken Aachen Münchener, Generali, Volksfürsorge, Cosmos und Dialog (sieheAbbildung 1). 290 000 neue Verträge schlossen deutsche Kunden mit dem Konzern 2007 ab. 166 000 davon wurden über die Deutsche Vermögensberatung AG vermittelt. Im Bestand hatte die AMB Generali zum Ende des vergangenen Jahres 1,4 Millionen Verträge, was einem Marktanteil von rund 17 Prozent entspricht.

Auch beim Gesamt-Marktführer Allianz Leben lief das Geschäft mit der staatlich geförderten Altersvorsorge gut: Die Riester-Rente war 2007 - wie schon in den Vorjahren - das meistverkaufte Produkt des Unternehmens in der privaten Altersvorsorge. Der Anteil der verkauften Policen, bezogen auf das gesamte Neugeschäft bei Privatkunden, stieg von 44 Prozent im Jahr 2006 auf 47 Prozent im Jahr 2007. Die Allianz brachte etwas weniger Riester-Renten an den Kunden als der insgesamt zweitstärkste Lebensversicherer im Markt, AMB Generali: Für das vergangene Jahr meldet sie 284 612 neue Verträge und einen Gesamtbestand zum 31. Dezember 2007 von 1,3 Millionen Riester-Verträgen.

Bei den öffentlichen Versicherern wurden 2007 etwa 226 000 solcher Verträge abgeschlossen. Zum Ende des vergangenen Jahres verfügten sie über einen Gesamtbestand von rund 902 000 Riester-Verträgen. Damit bleiben sie ähnlich wie in den Vorjahren hinter den durchschnittlichen Marktanteilszahlen der Sparkassen zurück. Bedenkt man, dass min destens jeder dritte deutsche Bankkunde eine Beziehung zu einer Sparkasse pflegt, so werden deutliches Potenzial - und Versäumnisse - erkennbar. Beim DSGV geht man davon aus, mit ganzheitlicher Beratung und verstärkten Bemühungen in der Werbung in den kommenden Jahren Marktanteile bei Ries-ter-Produkten gewinnen zu können.

Volks-und Raiffeisenbanken fokussieren sich auf das Fondsprodukt

Auch die R+V Versicherung schneidet im Riester-Versicherungsbereich mit einem Bestand von 264 000 Verträgen zum Jahresende 2007 unterdurchschnittlich ab. Das liegt jedoch vor allem daran, dass sich die Genossenschaftsbanken größtenteils auf den Vertrieb des Riester-Fondsproduktes konzentrieren. Die R+V-Police wird in manchen Häusern gar nicht angeboten oder entsprechend wenig aktiv vermarktet.

Die Fokussierung zeitigt Erfolge: Die zum genossenschaftlichen Finanzverbund gehörende Union Investment erwies sich 2007 zum wiederholten Mal als klarer Marktführer. Von 691 000 verkauften Riester-Fondssparplänen kamen 2007 rund 476 000 aus dem Hause Union Investment. Insgesamt investieren 1,5 Millionen Riester-Sparer ihr Geld in ein Produkt der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft, das entspricht einem beachtlichen Marktanteil von 78,9 Prozent bei insgesamt 1,9 Millionen Verträgen solcher Art, die bisher hierzulande überhaupt abgeschlossen wurden.

Mehrproduktstrategie der Sparkassen mit mäßigem Erfolg

Im Vorjahr war die Vormacht der Union Investment gar noch größer gewesen: Bei einem Bestand von 1,2 Millionen Riester-Fondssparplänen in Deutschland waren 1,1 Millionen bei der Union unterzeichnet. Stärkster spürbarer Konkurrent im Produktsegment ist seit 2007 die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank DWS. Das Unternehmen vertrieb in dem Jahr gut 100 000 Fondssparpläne - mit massivem Werbedruck und dank verändertem Provisionsmodell. Für die DWS Riester-Rente Premium erhalten die Vermittler ihre Provisionszahlung seit vergangenem Jahr auf einen Schlag zu Beginn des Vertrages, beim herkömmlichen Fondssparplan verteilt sie sich auf die Laufzeit.

Ebenso wie im Bereich der Riester-Versicherung ist der öffentlich-rechtliche Verbund auch bei den Fondssparplänen schwach vertreten und im Markt kaum spürbar: 206 000 sogenannte Bonus-Renten liefen Ende 2007 im Bestand der Deka-Bank. Lediglich bei den Banksparplänen, die allerdings den kleinsten Anteil an allen Riester-Verträgen ausmachen, haben die Öffentlich-Rechtlichen klar die Rolle des Marktführers übernommen: Hier kommen sie auf einen Anteil von 87 Prozent. Doch der Teil der Ries ter-Verträge, die als Banksparpläne abgeschlossen werden, stagniert seit Jahren: Zwischen dem Ende 2003 und Ende 2007 ist er sogar von 5,0 Prozent auf 4,5 Prozent gesunken (siehe Abbildung 2).

Das Produkt gilt als wenig renditestark, aber sicher und vorhersehbar. Außerdem fallen für die Kunden keine Abschluss kosten oder Provisionen an, lediglich eine (eher geringe) jährliche Verwaltungsgebühr wird von manchem Institut erhoben. Das dürfte auch der Grund sein, warum es von den meisten Finanzdienstleistern überhaupt nicht angeboten wird. Der hohe Marktanteil der Öffentlich-Rechtlichen relativiert sich jedenfalls vor diesem Hintergrund schnell.

Die Strategie der S-Finanzgruppe alle Riester-Produkte anzubieten, aber keines - etwa über Vertrieb, Marketing oder Provisionsgestaltung - deutlich zu forcieren, scheint nicht zu funktionieren. Sowohl Kunden als auch die Berater, die Riester neben allen anderen Bankprodukten vertreiben, sind damit anscheinend überfordert. Die Erfolge der Union Investment im Fondsbereich sowie einzelner Sparkassen, die sich auf eines der Produkte fokussieren, dürften hierfür der beste Beleg sein.

Vereinfachte Beratung ohne Förderstufen

Mit insgesamt rund elf Millionen abgeschlossenen Riester-Verträgen ist inzwischen etwa ein Drittel der gut 30 Millionen Förderberechtigten mit einem Produkt versorgt. Ein paar Jahre könnte Riester also durchaus noch dazu beitragen, die Neugeschäftszahlen der vertriebsstarken Versicherer und Investmentgesellschaften aufzubessern.

Zunächst einmal kommt im Geschäftsjahr 2008 die vorerst letzte Erhöhung der Förderstufen zum Tragen. Ab diesem Jahr gilt: Wer als Verbraucher - inklusive der Zulagen - insgesamt vier Prozent (im Vorjahr drei Prozent) seines Einkommens in einen Riester-Vertrag investiert (maximal jedoch 2 100 Euro), erhält mindestens die Grundzulage von derzeit 154 Euro (im Vorjahr 114 Euro). Außerdem kann er 185 (im Vorjahr 138) Euro pro Kind beantragen sowie 300 Euro für jedes Kind, das ab Januar 2008 geboren wurde. Die Eigenbeiträge können außerdem weiterhin als Sonderausgaben von der Steuer abgesetzt werden.

Für alle Anbieter, die bereits im Massengeschäft vertreten sind, ergibt sich aus dem Inkrafttreten der Förderstufe für 2008 noch einmal ein satter Volumenszuwachs. Dieser warme Regen wird in den kommenden Jahren ausbleiben. Doch auf der anderen Seite profitieren alle Berater vom Auslaufen der Stufen. Ihre Arbeit vereinfacht sich deutlich. Die schrittweise Erhöhung der Förderung und somit auch des Eigenbetrags habe doch gerade bei weniger aufgeklärten Kunden im Beratungsgespräch eher zu Irritationen geführt, verlautet es aus dem Vertrieb. Viele Menschen hatten Angst, alle Steigerungen mitmachen zu müssen und sich die stetige Aufstockung gar nicht leisten zu können. Und auch wenn die nächste Erhöhung der Fördergelder nun als Gesprächsanlass wegfällt, so bleibt doch zumindest das Jahresendgeschäft erhalten: Kunden, die noch im Dezember einen Vertrag fürs laufende Jahr unterschreiben, können - bei entsprechendem Eigenbeitrag - die Förderung für das gesamte Jahr beantragen.

So erfreulich sich die Geschäftsmöglichkeiten jedoch kurzfristig abzeichnen, könnten dennoch mittelfristig erste Sättigungserscheinungen auftreten: Setzen sich die Verkaufserfolge der Branche in den kommenden Jahren fort wie 2006 und 2007, so dürfte der Markt in vier bis fünf Jahren verteilt sein. Wenig wahrscheinlich ist es, dass alle Förderberechtigte auch tatsächlich einen Riester-Vertrag abschließen werden.

Etwa ein Drittel der gut 30 Millionen Berechtigten dürfte sich dieser Art der Altervorsorge dauerhaft verschließen. Spätestens dann könnte zwischen den Anbietern ein Wettbewerb um bereits laufende Ries-ter-Verträge beginnen. Bisher findet ein gegenseitiges Abwerben kaum statt, dafür ist die Masse der Verträge - der eigentliche Riester-Boom setzte erst 2005 ein - noch zu jung. Auch die Tatsache, dass die Förderung für zwei verschiedene Produkte beantragt werden kann, könnte jedoch mittelfristig in Beratungsgesprächen zum Argument werden - auch wenn sich die Förderung dann nicht verdoppelt, sondern anteilig auf die beiden Verträge aufgeteilt wird.

Image-Wechsel der Riester-Rente

Das Riestern hat in den vergangenen Jahren einen Imagewandel durchgemacht. Die Auswertung der Zulagenförderung für das Jahr 2004 ergab eine hohe Konzentration von Frauen, Kindererziehenden und Geringverdienern - rund zwei Drittel der Zulagenempfänger verzeichneten ein Jahreseinkommen unter 30 000 Euro. Aber schon 2004 zeigte sich noch eine weitere Tendenz. Auch jüngere und überdurchschnittlich verdienende Kunden sprechen dem Produkt vermehrt zu. Sie zielen vor allem auf die Steuervorteile ab, die der Sonderausgabenabzug bietet.

Anbieter wie die DWS sprechen beispielsweise verstärkt Kunden an, die sich einen größeren Riester-Vertrag leisten können und wollen. In einer Meldung der Investmentgesellschaft zum Jahr 2007 ist jedenfalls nachzulesen, dass die durchschnittlichen Einzahlungen in Riester-Produkte bei dem Unternehmen deutlich über dem Marktdurchschnitt liegen. Insgesamt verwaltet die DWS 260 Millionen Euro in Riester-Verträgen - nicht nur in Fondssparplänen, sondern auch in Versicherungspolicen, die auf DWS-Fonds basieren.

Dass der Anteil der wohlhabenden Kunden beim Riestern in den kommenden Jahren noch steigen dürfte, nehmen verschiedene Marktteilnehmer an. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass sich noch immer etwa die Hälfte aller Kunden - laut einer Studie des Forschungszentrums Generationenverträge - nur mangelhaft über das Produkt informiert fühlt. Und die Informationsdefizite sind vor allem in Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1 000 Euro gegeben. Dass sich noch weniger Menschen (nur 40 Prozent der Befragten) mit betrieblicher Altersvorsorge auskennen als mit Riester ist nur ein schwacher Trost.

Betroffene schätzen laut dieser Studie die Höhe der staatlichen Unterstützung fehlerhaft ein und sehen ohnehin keinen Spielraum für Eigenleistungen. Dabei fallen die Anreize von Seiten des Gesetzgebers zunehmend eindeutiger aus. Ab dem laufenden Jahr erhalten Jugendliche unter 21 Jahren 100 Euro Anfangsbonus auf ihren Riester, für Kinder, die nach Januar 2008 geboren wurden, ist ein jährlicher Förderbetrag von 300 Euro vorgesehen.

"Wohn-Riester" noch vor dem Sommer durch das Parlament

Im April dieses Jahres hat das Bundeskabinett nun auch die im Oktober 2007 angedachten Eckpunkte des sogenannten "Wohn-Riester" beschlossen. Der Gesetzesentwurf soll noch vor der Sommerpause durch das Parlament gehen, dann könnte die Regelung rückwirkend zum 1. Januar 2008 Inkrafttreten. Für Erwerb und Bau selbst genutzter Immobilien wird dann ebenfalls eine Fördersumme gezahlt. Dafür gelten die gleichen Grundsätze wie bei den Durchführungswegen Versicherung, Fondssparplan und Banksparplan.

Schon heute können Kunden Beträge zwischen 10 000 und 50 000 Euro aus einem laufenden Vertrag entnehmen, um eine Immobilie zu erwerben - wenn sie schon so viel angespart haben. Das ist jedoch bei wenigen Sparern bereits der Fall, die Möglichkeit wird daher selten genutzt. Das entliehene Geld muss zudem spätestens zu Beginn der Auszahlungsphase zurückgezahlt sein. Diese Einschränkungen fallen jedoch mit Einführung des Wohn-Riester weg. Dann kann das bereits angesparte Guthaben zu 100 Prozent in eine selbstgenutzte Wohnimmo bilie gesteckt werden, Zulagen können für die Tilgung genutzt werden.

Ausbluten der Altersvorsorge

In Anbetracht der Tatsache, dass viele Deutsche selbst genutztes Wohneigentum als die beste Möglichkeit zur Altersvorsorge empfinden, darf dem "Wohn-Riester" durchaus Potenzial zugestanden werden. Und so warnt denn auch der Branchenverband BVI vor einem regelrechten Ausbluten der Altersvorsorge. Der Wohn-Riester verführe den Erwerber von Wohneigentum dazu, seine Förderung umzulenken und sogar das bisher Angesparte für Zwecke des privaten Wohnens zu konsumieren.

Die konkrete Ausgestaltung von speziellen Wohn-Riester-Produkten, also Bausparverträgen beziehungsweise Finanzierungen unter Einbezug der Förderung, erweist sich indes als außerordentlich komplex. Da die Produkte stark verwaltungsintensiv sind - unter anderem, um nach Rentenantritt eine korrekte Besteuerung zu ermöglichen - und zudem vor einem Marktstart von der BaFin zertifiziert werden müssen, stehen die Produktgestalter unter Dampf. Ein allzu schneller Start dürfte dennoch den wenigsten gelingen - bisher sind nicht einmal die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen klar.

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