Im Gespräch

"Der Beratungsansatz von AWD ist weiterhin unabhängig"

Wie ist Swiss Life in Deutschland derzeit positioniert?

Mangold: Swiss Life ist ein sehr traditionsreicher Lebensversicherer. In der Vergangenheit hat sie unter Schweizerische Rentenanstalt firmiert. 2004 wurde die Namensänderung in Swiss Life vorgenommen, um damit die Marke auch in den anderen europäischen Ländern deutlicher zu positionieren. Die Swiss Life Gruppe ist einer der führenden europäischen Anbieter von Vorsorgelösungen und Lebensversicherungen. In Deutschland liegt der Marktanteil bei knapp zwei Prozent.

Welche Ziele verfolgt der Konzern mit der Übernahme von AWD?

Jacobi: Die Übernahme von AWD war für uns die strategische Entscheidung, uns Vertriebskraft am deutschen Markt einzukaufen, um unseren Marktanteil in Deutschland weiter auszubauen. Im Markt mit unabhängigen Vermittlern wollen wir uns in den nächsten fünf Jahren zu den Top fünf Versicherern im Bereich der Personenversicherer entwickeln.

Die Entscheidung hat natürlich Irritationen und Verunsicherung im Markt geschaffen - aber weniger beim Kunden, sondern eher bei den Maklern. Der AWD hat den Beratungsansatz "Top Select", immer nur die fünf besten Anbieter in einem Produktbereich anzubieten. Diese Anforderungen müssen wir erfüllen wie jeder andere Versicherer auch. Der Beratungsansatz von AWD ist weiterhin unabhängig. Aufgrund dieses Umstands sind wir auch aktuell nur mit drei Produkten beim AWD vertreten. Es gibt weiterhin mehrere Versicherer, die einen höheren Anteil am Gesamtvolumen des AWD haben als Swiss Life.

MLP konnten Sie das aber nicht vermitteln ...

Jacobi: MLP hat für sich die Geschäftsphilosophie, auf jeden Fall eigenständig bleiben zu wollen. Das haben wir akzeptiert und die Anteile auf eine Quote von unter zehn Prozent reduziert.

Haben Sie die Kooperation mit AWD im Vertriebskanal Makler negativ zu spüren bekommen?

Jacobi: Nein. Zu Einbußen ist es nicht gekommen. Aber es hat uns Anstrengungen gekostet, im Markt zu erklären, dass der AWD bei uns keine Privilegien genießt und keine eigenen Produkte erhält. Wir bleiben bei einer Gleichbehandlung aller unabhängigen Geschäftspartner im Markt.

Ist die Beibehaltung des unabhängigen Vertriebsansatzes bei AWD nicht ein Widerspruch zu dem Ziel, sich Vertriebskraft einzukaufen?

Jacobi: Nein. Denn es geht nicht nur darum, vermehrt Versicherungen über den AWD abzusetzen. Mit dem Chef von AWD, der ja auch in der Konzernleitung von Swiss Life sitzt, verfügt man dort sozusagen über ein "weiteres Ohr" am deutschen Vorsorgemarkt, der sich übrigens völlig anders darstellt als der Markt in der Schweiz, wo Swiss Life einen Marktanteil von einem Drittel hat.

Welchen Vermittlungsanteil hat der AWD am Neugeschäft von Swiss Life - und wie hat er sich seit der Übernahme verändert?

Jacobi: Der Vertriebskanal Makler/Mehrfachagenten hat 2009 etwa 82 Prozent des Gesamtumsatzes ausgemacht. Etwa zwölf Prozent des Umsatzes kommen aktuell über den AWD.

Weshalb bauen Sie den Bankenvertrieb jetzt auf?

Mangold: In Deutschland ist der Versicherungsvertrieb geprägt von Ausschließlichkeitsorganisationen, Finanzdienstleistern sowie den Maklern und dem Bankenvertrieb, die beide in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Vor 20 Jahren machte der Neugeschäftsanteil des Bankenvertriebs bei den Versicherern etwa zwei Prozent aus. Heute sind es 28 Prozent, wobei dieses Wachstum sehr stetig war.

Swiss Life hat keine Einfirmenvertreterorganisation, sondern bedient ausschließlich unabhängige Vermittler. Dadurch ist der Markt für uns schon eingegrenzt. Deshalb wurde vor zweieinhalb Jahren von Swiss Life die Entscheidung getroffen, sich durch Einrichtung eines gesonderten Vertriebskanals verstärkt auch den Finanzdienstleistern zu widmen. Vor dem gleichen Hintergrund ist die Entscheidung zu sehen, Bankenkooperationen anzugehen, um dort einen Mehrwert zu bieten. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Banken im Versicherungsvertrieb wollen wir an diesem Wachstumsmarkt partizipieren.

Banken sind aber nicht nur ein ganz wichtiges Vertriebsinstrument, sondern treten heute am Markt verstärkt mit Mehrpartnerstrategien auf. Deshalb werden wir uns besonders um diejenigen Kreditinstitute bemühen, die aufgrund ihrer Philosophie mit mehreren Versicherern zusammenarbeiten wollen.

Jacobi: Als zusätzlichen Aspekt hatten wir die Ausgangssituation, dass wir einen größeren Teil unseres Umsatzes mit laufenden Beiträgen gemacht haben. Im Markt ist aber erkennbar, dass viele Versicherer immer stärker mit Produkten über Einmalbeitragsgeschäft vertreten sind. Dieses Geschäftssegment hatten wir in den vergangenen Jahren nachrangig behandelt. Mit dem Aufbau des Bankenkanals können wir nun ein Geschäftssegment hinzugewinnen, das traditionell mehr als 50 Prozent über Einmalbeiträge generiert. Damit wollen wir uns den Markt des Einmalbeitragsgeschäfts erschließen.

Mangold: Bei den Einmalbeiträgen kann man ganz deutlich an den Zahlen ablesen, welcher Versicherer stark mit Banken zusammenarbeitet und welcher weniger. Tatsächlich sieht sich der Kunde im Bereich der Vermögenssicherung, in dem das Einmalbeitragsgeschäft eine Rolle spielt, auch eher bei seiner Bank als beim Ver-sicherungs-/Finanzberater aufgehoben. Bei letzteren ist die Kompetenz der Vorsorge ausgeprägter. Das sieht man zum Beispiel ganz deutlich im Bereich der

Berufsunfähigkeitsversicherung: BU-Policen werden nur schwer über Banken abgesetzt. Bei diesem Thema, speziell bei den umfangreichen Gesundheitsfragen, fühlen sich Bankberater (noch) nicht zu Hause.

AWD und Bankvertrieb sind für Sie also komplementäre Vertriebswege?

Mangold: Ja, wir sehen keinerlei Kannibalisierungsgefahr, zumal es uns um ganz verschiedene Zielgruppen geht. AWD hat den ganzheitlichen Vertriebsansatz und eine Zielklientel, die mehr in Richtung Vorsorge zielt. Mit dem Bankenvertrieb wollen wir im ersten Schritt nicht das Breitengeschäft angehen. Wir wollen uns gezielt um das Thema Private Banking und das Individualkundengeschäft sowie die Zielgruppe 50 plus kümmern und dort das Angebot der Banken ergänzen, um dann später in andere Geschäftssegmente hineinwachsen zu können. Es ist aber wichtig, die richtige Schrittfolge einzuhalten. Es wäre vermessen, jetzt den gesamten Bankenmarkt aufrollen zu wollen.

Der Versicherungsvertrieb über Kreditinstitute ist ja längst etabliert. Viele Banken haben eigene Versicherer oder zumindest langfristige Vertriebspartnerschaften. Wie wollen Sie in diesen Markt hineinkommen?

Mangold: Zunächst einmal sind wir uns darüber im Klaren, dass keine Bank gezwungen ist, mit uns zusammenzuarbeiten. Immer häufiger setzen Banken jedoch auf eine Mehrpartnerstrategie. Insbesondere im Individualkundengeschäft ist der Kunde oft nicht mehr mit einem einzigen Angebot zufrieden.

Zudem stelle ich aufgrund vieler Gespräche fest, dass oft nicht ein Partner alles gleich gut kann. Das sehen wir als unsere Chance, das bestehende Angebot zu ergänzen und Nischen zu besetzen, in denen Banken und Sparkassen mit ihrem bisherigen Partner noch gar nicht unterwegs sind. Hier wollen wir uns als Zweit- oder Drittanbieter positionieren.

Wo sehen Sie solche Nischen?

Mangold: Möglichkeiten sehe ich insbesondere in der Generation 50 plus, bei der es um die Vermögenssicherung geht. Swiss Life hat hier eine sofort beginnende Rentenversicherung mit der jederzeitigen Möglichkeit der Kapitalentnahme entwickelt, die es so am Markt kaum gibt. Mit solchen Produktinnovationen, mit denen Banken ihren Kunden einen Mehrwert bieten können, versuchen wir zu punkten.

Offene Architekturen sind im Fondsvertrieb weit verbreitet. Im Versicherungsgeschäft scheint es jedoch schwieriger zu sein ...

Mangold: Offene Architektur, wie sie im Fondsvertrieb heute selbstverständlich ist, wird im Versicherungsvertrieb so noch nicht praktiziert. Ich bin aber überzeugt, dass das irgendwann auch im Versicherungsbereich kommen wird - zuerst im Individualkundengeschäft, dann aber auch im Breitengeschäft. Wenn die Banken ihren Ertrag steigern und von dem Wachstumsmarkt Vorsorge profitieren wollen, wird die Entwicklung von Mehrpartnerschaftsstrategien damit einhergehen. Es muss für die Bank natürlich praktikabel sein.

Mit wie vielen Banken kooperiert Swiss Life bisher?

Mangold: Der Bankenvertrieb ist für uns nichts komplett Neues. Bislang arbeiten etwa 50 Banken, darunter zum Beispiel große Sparkassen, mit Swiss Life zusammen. Der Vermittlungsanteil am Neugeschäft belief sich auf etwa zwei Prozent. Bisher wurden die Kreditinstitute jedoch im Maklervertrieb geführt. Jetzt geht es darum, sie in den Bankenvertrieb zu überführen und neue Geschäftspartner zu gewinnen. Ende 2012 soll der Bankenvertrieb dann sechs Prozent zum Neugeschäft beitragen.

Was ändert sich für die bisherigen Kooperationspartner?

Mangold: Durch die Überführung vom Maklervertrieb in den Bankenvertrieb ändert sich die Betreuung und soll intensiver und stärker an den Bedürfnissen der Banken ausgerichtet werden. Dadurch sollen bestehende Geschäftsverbindungen ausgebaut und neue Partner gewonnen werden.

Haben Sie bereits neue Kooperationspartner gewonnen?

Mangold: Dafür ist es noch zu früh. Wir haben am 1. April mit dem Back-Office begonnen. Die Einstellung von Bankenbetreuern soll am 1. Juli abgeschlossen sein. Dann wollen wir die Banken sukzessive in unseren Bankenvertrieb überführen, sodass wir nach dem Aufbau in diesem Jahr dann 2011 richtig durchstarten können. Natürlich laufen bereits Gespräche mit potenziellen Kooperationspartnern. Das Geschäft ist stark personenbezogen und läuft auch sehr über Empfehlungen.

Bei welchen Instituten oder Institutsgruppen registrieren Sie das stärkste Interesse?

Mangold: Primär bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen, aber auch im Privatbankensektor. Dabei gilt: Für große Kreditinstitute, die eigene Versicherungsspezialisten vorhalten, ist es oft selbstverständlich, Produkte mehrerer Partner anzubieten. Bei kleineren Instituten ist das oftmals schwieriger. Natürlich gibt es auch kleine Genossenschaftsbanken, die hier völlig unabhängig auftreten. Das ist aber noch die Ausnahme. Viele halten sich auch aus Verbundtreue oder politischen Zwängen heraus zurück.

Vertriebspartnerschaften müssen auch technisch unterstützt werden. Müssen Sie dafür bei den Verbünden über die Rechenzentren gehen?

Mangold: Das ist nicht zwingend erforderlich. Denn wir stellen den Banken unser internetbasiertes Maklerportal Swiss Life Web Office zur Verfügung. Wenn es allerdings um Beratungstools für die Vorsorgeberatung geht, ist die technische Vernetzung wichtig. Um wirklich komfortabel unterwegs zu sein, muss Integration über das Rechenzentrum geleistet werden. Und das ist ein Politikum. Der Weg führt also in der Regel über die Sparkasse beziehungsweise Genossenschaftsbank, die die entsprechenden Prozesse dann beim Rechenzentrum anstößt.

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