Mitarbeiter

Defizite beim Personalmanagement

Die für längere Zeit erwartete Niedrigzinsphase und das Auslaufen bislang höherverzinslicher Anlagen und Kredite zehrt das Gesamtbankergebnis vieler Banken und Sparkassen in großen Teilen auf. Um das Schließen der Ergebnislücken effektiv zu unterstützen, müsste der Personalbereich zum einen Personalkosten als größten Fixkostenblock nachhaltig senken und zum anderen mehr wertschöpfende Tätigkeiten in margenträchtigen Kundensegmenten ermöglichen.

Die Ergebnisse der aktuellen zeb/-HR-Studie, an der 831 Vorstände, Personalleiter und Führungskräfte aus 526 Banken und Sparkassen teilgenommen haben, zeichnet ein ernüchterndes Bild: Neben steigender Mitarbeiteranzahl pro Institut und damit verbundenen steigenden Personalkosten besitzt die Mehrzahl der Institute zu wenig Mitarbeiterkapazitäten und -qualität im Vertrieb, insbesondere im Firmenkundensegment, und traut vielen Führungskräften das erforderliche Veränderungsmanagement nicht zu.

Doch es gibt auch Positives: Im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich, dass die Qualität des Personalmanagements zugenommen hat und Themen wie Work-Life-Balance und betriebliches Gesundheitsmanagement eine immer größere Rolle spielen. Dazu passend: Laut Einschätzung der Teilnehmer sind die Mitarbeiter überdurchschnittlich motiviert und gesund.

Die dritte Auflage der Studie untersucht erneut den Zusammenhang von Personalmanagementqualität und Wirtschaftserfolg mittelständischer Kreditinstitute. Die Qualität des Personalmanagements wurde angelehnt an den europäischen Qualitätsrahmen der "European Foundation for Quality Management" (EFQM) und durch zahlreiche Benchmarkwerte erfasst. Der Fragebogen wurde zusammen mit Personalverantwortlichen aus Banken und Sparkassen praxisnah entwickelt. Als besondere Schwerpunkte wurden Fragen nach Kosten-, Veränderungs- und Demografiemanagement aufgenommen. Die Studie wurde im Juni und Juli 2013 als Online-Umfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Die Mehrheit der teilnehmenden Institute hat ihren Sitz in Deutschland (84,4 Prozent), gefolgt von Österreich (13,6 Prozent) und der Schweiz (zwei Prozent). Von den insgesamt 831 Teilnehmern besetzen 31 Prozent eine Position in der Geschäftsführung beziehungsweise Vorstand (davon fünf Prozent Frauen), 30 Prozent im Personalbereich (31 Prozent Frauen) und 39 Prozent als Führungskräfte in anderen Bereichen (zehn Prozent Frauen). Damit unterscheidet sich der Frauenanteil nicht wesentlich von dem in den Studien 2009 und 2011.

Personal entscheidet über Erfolg

Der Einfluss des Faktors Personal auf die Leistungsfähigkeit einer Bank ist immens - und er wird immer größer. Kreditinstitute sind überdurchschnittlich wirtschaftlich erfolgreich, wenn sie ein hoch qualitatives Personalmanagement haben, aber sie haben nicht unbedingt ein gutes Personalmanagement, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind:

In der Studie von 2009 war der wirtschaftliche Erfolg, gemessen am Dreijahresdurchschnitt von Personalkostenquote (PKQ), Cost Income Ratio (CIR weit) sowie Reingewinnspanne (RGS vor Steuern) bis zu 35 Prozent durch die Qualität der Personalprozesse erklärbar.

Zwei Jahre später waren es bereits bis zu 65 Prozent,

und in der aktuellen Studie von 2013 liegen die Werte bei bis zu 94 Prozent, die durch die Qualität der Personalprozesse erklärbar sind.

Andersherum erklärt aber die Wirtschaftskraft eines Instituts nur zu rund 35 Prozent die Qualität des Personalmanagements - hier hat es im Vergleich zu den letzten Jahren kaum eine Änderung gegeben.

Die Qualität von Strategie, Planung und Entwicklung hat besonders großen Einfluss auf die Personalkostenquote und exzellentes Change Management auf die Reingewinnspanne. Eine sehr gute Ziel-Anreizsystematik hat interessanterweise kaum Einfluss auf den Ertrag, sehr wohl aber auf die Cost Income Ratio: Eine gute Ziel-Anreizsystematik verbessert das Verhältnis von Aufwand und Ertrag durch eine gezieltere Verteilung der Personalmittel. Es bestätigt sich zudem erneut die alte "Personalerweisheit", dass monetäre Anreize kein Motivations-, sondern ein "Hygienefaktor" sind: Wer viel verdient, leistet nicht unbedingt viel, wer sich aber ungerecht bezahlt fühlt, leistet weniger oder wechselt den Arbeitsplatz.

Die mittelständischen Kreditinstitute haben ein sehr positives Bild vom Engagement ihrer Mitarbeiterschaft und können sich damit vom restlichen Finanzdienstleistungssektor positiv abheben: 52 Prozent halten sie für "sehr hoch" (18 Prozent) oder "hoch" motiviert (34 Prozent), hingegen nur 36 Prozent für "durchschnittlich" und nur zwölf Prozent für demotiviert. Zum Vergleich: Der "Engagement Index" des Gallup Instituts kommt regelmäßig auf über 20 Prozent demotivierte Mitarbeiter, in der Finanzdienstleistungsbranche ist der Anteil Demotivierter sogar noch höher.

Top-Institute unterscheiden sich nach Ergebnissen der Studie in ihrer Engagementeinschätzung nicht vom Durchschnitt, die in der Gesamtqualität schlechtesten Institute gehen hingegen von fünf Prozent mehr demotivierten und entsprechend weniger hoch motivierten Mitarbeitern aus.

Personalexzellenz wirkt

Die fünf EFQM-Qualitätsstufen reichen von null Prozent (kein eigenständiges Personalmanagement) bis zu 100 Prozent (abgestimmtes, systematisches und regelmäßiges Personalmanagement). Im Schnitt liegt das Qualitätsniveau bei etwa 50 Prozent, jedoch mit auffälligen Schwankungen in den verschiedenen Handlungsfeldern des Personalmanagements (siehe Tabelle 1):

Während Ziel-Anreizsystematik, Personalstrategie, -entwicklung und -planung schon recht systematisch angegangen werden,

gibt es noch kein systematisches Kosten-, Change- und Demografiemanagement. Die Top-Gruppe der 25 Prozent besten Kreditinstitute liegen bei Change Management (plus 33 Prozent) sowie Führung, Planung und Demografiemanagement (jeweils plus 25 Prozent) besonders deutlich über dem Branchendurchschnitt.

Trotz der großen Bedeutung des Personalmanagements ist der Einfluss der Personalabteilungen in ihren Instituten nur gering: Weniger als die Hälfte (42 Prozent) geben an, bei der Personalplanung verantwortlich eingebunden zu sein, denn diese ist im Wesentlichen Sache von Vorstand und Bereichsleitern. In gerade einmal 26 Prozent der Fälle wird der Personalbereich im Change Management eingebunden, hierfür zeichnen sich meist spezielle Projektgruppen (43 Prozent) und der Vorstand (85 Prozent) verantwortlich.

Das Betreuungsverhältnis bleibt mit durchschnittlich 1 MAK im Personalbereich zu 67 MAK im Institut auf niedrigem Niveau (2011 = 1: 69, 2009 = 1: 56). Die Ausgaben der Personalentwicklungsaufwendungen sind erneut leicht gestiegen. Kernhandlungsfelder des Personalmanagements sehen die Befragten bei der Steigerung der Wertschöpfung durch Stärkung des Personals im Vertrieb, der Motivation und Bindung der Mitarbeiter sowie der Befähigung der Führungskräfte, den notwendigen Wandel in den Banken besser zu begleiten.

Personalkostensenkung ist Wunsch, nicht Wirklichkeit

Die wichtigste Aufgabe sehen die Befragten in der Flexibilisierung und Senkung der Personalkosten. Aber viel Hoffnung haben sie nicht: 33 Prozent sehen sinkende, 46 Prozent hingegen steigende und zwölf Prozent sogar deutlich steigende Personalaufwendungen.

Die in Zukunft bedeutendsten Instrumente der Personalkostenreduktion sind erwartungsgemäß Nichtbesetzung und Streichung nicht besetzter Stellen sowie die Verringerung und Flexibilisierung von Arbeitszeit.

Betriebsbedingte Kündigung als Mittel des Kostenabbaus stellen die Ausnahme in der Praxis mittelständischer Kreditinstitute dar: 16 Prozent der Studienteilnehmer sehen in Zukunft eine höhere Bedeutung. Vor dem Hintergrund der sinkenden Mitarbeiteranzahlen und der rückläufigen Bruttoerträge im Retailbanking (vergleiche Abbildung 1) sind die steigenden Personalaufwendungen vor dem aktuell schon großen Kostendruck alarmierend.

Mitarbeiterstruktur hemmt Wertschöpfung

Gründe für stagnierende oder steigende Personalkosten sind zum einen das vergleichsweise hohe Durchschnittsalter, das zumeist mit höherer tariflicher Eingruppierung und einem höheren Anteil an Langzeiterkrankungen einhergeht: Mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter ist 40 Jahre und älter (55 Prozent), rund ein Viertel über 50 Jahre (26 Prozent).

Zentrales Problem aber ist die Personalstruktur. Während viele Kreditinstitute ein Verhältnis von 60 Prozent der Mitarbeiter im Vertrieb und 40 Prozent in den Betriebsbereichen anstreben, ist es in der Realität gerade umgekehrt: Etwa 45 Prozent der Mitarbeiter arbeiten im Vertrieb, 55 Prozent in Marktfolge und Stabsbereichen (vergleiche Tabelle 2). Damit hat sich das Verhältnis zu Ungunsten des Vertriebs verschoben, denn vor zwei Jahren arbeiteten noch rund 50 Prozent der Mitarbeiter im Vertrieb. Hier zeigen steigender Verwaltungsaufwand und sinkende Attraktivität der Vertriebsstellen Wirkung.

Eine Aufgabe der Personalbereiche ist es, mehr Mitarbeiter dauerhaft für Stellen im Vertrieb und damit in der unmittelbaren Wertschöpfung zu begeistern. Tatsächlich gehen die Befragten eher von Stagnation oder Stellenabbau vor allem im Betrieb aus:

Fast die Hälfte aller Befragten sehen einen Rückgang der Stellen in der Marktfolge passiv, ein Drittel einen Rückgang bei der aktiven Marktfolge und in den Stabsstellen.

Gegen diesen Trend gibt ein Fünftel der Befragten an, dass es mehr Stellen sowohl im Privatkunden- als auch im Firmenkundenvertrieb geben wird. Dieser Anteil ist aber angesichts des derzeitigen strukturellen Defizits von Vertriebsstellen zu gering und wird auch der in zeb/-Privat- und Firmenkundenstudien aufgezeigten Bedeutung des Kundengeschäfts nicht gerecht.

Die Befragten sehen selbst die Probleme: 74 Prozent aller Befragten geben an, dass zukünftig personelle Engpässe auf dem Ausbildungsmarkt entstehen, ebenso im Privatkundengeschäft: Hier erwarten 75 Prozent der Studienteilnehmer zukünftig Engpässe. Vor allem aber im Firmenkundengeschäft treten Engpässe auf, schätzen 83 Prozent aller Befragten.

Die wenig wertschöpfende Mitarbeiterstruktur spiegelt sich in den Personalbereichen wider: Die Studie zeigt, dass lediglich rund 36 Prozent aller Mitarbeiterkapazitäten in den Bereichen Personalentwicklung und -beschaffung tätig sind. Hingegen sind es rund 64 Prozent, die sich mit verwaltenden Tätigkeiten befassen.

Veränderungen werden nicht geführt

Weniger als die Hälfte der Studienteilnehmer nimmt die Führungskräfte ihres Hauses als Treiber von Veränderungen wahr. Gerade einmal jede zweite Führungskraft verfügt über ausreichende Fähigkeiten, Veränderungen zu begleiten und voranzutreiben.

Das ist alarmierend, denn Führungskräfte sind die entscheidenden Akteure in Veränderungsprozessen. Seiner Aufgabe, Führungskräfte in Veränderungsprozessen zu unterstützen, kommt das Personalmanagement nur teilweise nach (vergleiche Abbildung 2).

Das bisher düster gezeichnete Bild ist aber nur eine Seite: Der hohe Anteil von über 50 Prozent motivierten und hoch motivierten Mitarbeitern wurde bereits erwähnt, vergleichsweise geringe Krankheits- und Fluktuationsquoten sind das andere. Die durchschnittliche Krankheitsquote liegt in Deutschland bei 3,5 Prozent*) , mittelständische Kreditinstitute mit einem durchschnittlichen Krankenstand von 4,1 Prozent können sich dennoch sehen lassen.

Herausforderung "Präsentismus"

Krankheitsquoten und "Absentismus" ("Krankmeldung, ohne krank zu sein") sind nämlich nur die halbe Wahrheit: So sinkt diese in Zeiten hohen Drucks, zum Beispiel bei Personalabbau, deutlich. Zeitgleich erhöht sich im selben Maße die Anwesenheit, obwohl Leistungsfähigkeit (zum Beispiel durch Anwesenheit trotz Krankheit) oder -willen fehlen. Dieses Phänomen wird als Präsentismus bezeichnet.

Die Kreditinstitute haben die Herausforderung erkannt und unterschiedliche Programme zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter etabliert: So geben 53,2 Prozent der Kreditinstitute an, regelmäßig und systematisch Maßnahmen für die Gesundheit der Mitarbeiter durchzuführen. Am beliebtesten sind dabei Sportprogramme, Vorsorgeuntersuchungen und spezifische Seminare zum Gesundheitsmanagement.

Auch die Fluktuationsquote von durchschnittlich 3,8 Prozent kann als gesund bezeichnet werden: Eine zu hohe Fluktuationsquote kostet, eine zu geringe lähmt Wissenszuwachs sowie Innovations- und Veränderungsimpulse.

Wirtschaftlicher Erfolg ist kein Beleg für gutes Personalmanagement

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass das Personalmanagement von Sparkassen und Banken im Umbruch ist: Themen wie Veränderungs- und Demografiemanagement sind in ihrer Bedeutung erkannt, auch wenn konkrete Maßnahmen vielfach noch fehlen.

Erfreulich ist die Entwicklung bei den deutlich gestiegenen Investitionen in die Entwicklung und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine nachhaltige Wirkung auf den Frauenanteil in Führungspositionen und eine generelle Verbesserung der Mitarbeiterstruktur hin zu mehr Wertschöpfung hat es aber nicht gegeben.

Ganz im Gegenteil: Bedeutung und Wertschöpfung durch das Personalmanagement stagnieren, die Top-Gruppe der qualitativ besten 25 Prozent hat sich weiter vor allem beim Change Management sowie bei Führung, Planung und Demografiemanagement vom Durchschnitt abgesetzt. Und der Aufwand lohnt sich, denn Top-Institute sind nicht nur im Personalmanagement an der Spitze, sie sind auch wirtschaftlich erfolgreich. Die einfache Behauptung hingegen, dass wirtschaftlich erfolgreiche Institute deswegen auch ein gutes Personalmanagement haben, geht hingegen nicht auf.

Change Management mit Auswirkung auf Finanzkennzahlen

Aus zeb/-Sicht gibt es vier Kernergebnisse der diesjährigen zeb/-HR-Studie, die besondere Beachtung verdienen:

"Banking ist People Business" ist nicht nur ein Spruch für Sonntagsreden, sondern manchmal auch bittere Realität: Die Abhängigkeit und damit die Anfälligkeit der wirtschaftlichen Leistung von Personalexzellenz ist weiter gestiegen und wird angesichts sinkender Strukturbeiträge weiter steigen.

Vorausschauendes Kostenmanagement setzt auf nachhaltige Ergebnisse: Exzellente Kostenprogramme senken nicht unmittelbar und kurzfristig die Personalkostenquote, sondern verbessern die Cost Income Ratio.

Eine qualitativ hochwertige Ziel-Anreizsystematik schafft nicht etwa unmittelbar Leistungsanreize und treibt somit direkt die Erträge. Sie ist vielmehr ein Steuerungsinstrument und sorgt für eine kluge Steuerung der Personalmittel, insbesondere der Vergütung, und sorgt so auch wieder für eine deutliche bessere Cost Income Ratio.

Die Fähigkeit der Personalführung und insbesondere Exzellenz im Change Management sind die wesentlichen Faktoren für eine überdurchschnittliche Reingewinnspanne. Es wundert also nicht, dass Top-Institute insbesondere hier mit ihren Qualitätswerten deutlich über dem Branchenschnitt liegen. Dies gilt auch für die finanziellen Kennziffern der Top-Institute, die jeweils rund zehn Prozent besser sind als der Durchschnitt.

Von den Besten lernen

Gute Gründe also, von den Besten zu lernen und mit der Qualität des Personalmanagements auch die wirtschaftliche Leistungskraft und Zukunftsfähigkeit des eigenen Instituts zu sichern. Vorstände müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden, das Personal ihrer Bank oder Sparkasse als wichtigsten Erfolgsfaktor aktiv zu managen und den Personalbereich stärker an strategischen Entscheidungen zu beteiligen.

Dafür müssen Personalverantwortliche ihren Verantwortungsbereich so organisieren, dass er zur Wertschöpfung beitragen kann. Mitarbeiterkapazitäten müssen dazu anders platziert, nicht wertschöpfende Tätigkeiten ausgelagert und Führungskräfte zur Führung im beständigen Wandel befähigt werden.

Fußnote

*) Vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Stand Juni/2013.

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