Geschäftskunden

Firmenkundengeschäft: keine Zukunft für Allfinanz?

Red. Das Firmenkundengeschäft ist gerade in den nächsten fünf Jahren
einem einschneidenden Wandel unterworfen, der sich langfristig in
einer bis dahin neu entstandenen Ausrichtung konsolidiert. Zu diesem
Ergebnis kommt die Studie auf Grund der differenzierten Einschätzung
der Rahmenbedingungen des Firmenkundengeschäfts für die Zeiträume bis
und nach 2005 durch die Befragten.
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In der mittelfristigen Perspektive bis 2005 nehmen die globale
Wirtschaftsverflechtung, die technischen Innovationen, die zunehmende
Regulierungsdichte und der Non- und Nearbankwettbewerb einen hohen
Stellenwert ein.
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In der langfristigen Perspektive bleiben diese Einflussfaktoren zwar
weiterhin bedeutsam, nehmen bis auf die technischen Innovationen
jedoch relativ gesehen ab.
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Auch im Firmenkundengeschäft zeichnet sich der im Privatkundengeschäft
bereits deutlich erkennbare Prozess der Domination des Geschäfts durch
die Informations- und Kommunikationstechnik ab. Sowohl mittelfristig
wie auch langfristig wird der Informationsinfrastruktur, dem Wissen
und Wissensmanagement und der Technik als Unternehmensressource
ausschlaggebende Bedeutung zugemessen.
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Bis zum Jahr 2005 erwarten 97,6 Prozent der Befragten ein Ansteigen
der technischen Innovationen, fast ebenso viele (96,2) Prozent rechnen
damit auch nach 2005.
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Und die Bedeutung der Informationsinfrastruktur wird von 97,6 Prozent
der Befragten bis 2005 als mäßig bis stark steigend eingeschätzt, ab
2005 von 91,2 Prozent, wobei der Schwerpunkt der Bewertungen auf einem
starken Ansteigen liegt (74,7 Prozent vor 2005, 68,4 Prozent danach).
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Genossen rechnen am stärksten mit Nichtbanken-Wettbewerb
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Eng mit der wachsenden Bedeutung der Informationstechnik verbunden ist
auch die Bedeutung des Wettbewerbs durch Non- und Nearbanken. Jeder
Dritte der Befragten rechnet mit einem mäßigen Wachstum des
bankfremden Wettbewerbs sowohl vor als auch nach 2005. Erwartungen an
ein starkes Wachstum konzentrieren sich vor allem auf die
mittelfristige Perspektive.
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Eine auch langfristig starke Zunahme des Wettbewerbs durch Non- und
Nearbanken erwarten vor allem die Genossenschaftsbanken (54,5
Prozent). Andererseits ist unter den Befragten aus dem
genossenschaftlichen Verbund auch der Anteil derjenigen am höchsten,
die längerfristig mit einer Stagnation des Wettbewerbs durch
Nichtbanken rechnen (27,3 Prozent).
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Eine Zunahme der Disintermediation im Firmenkundengeschäft
prognostizieren vor allem die Kreditbanken. Während jeder fünfte
Genossenschafts-Banker und fast jeder dritte Sparkassen-Mitarbeiter
hier mit einer Stagnation rechnet, sagen 42,9 Prozent der Befragten
aus den Kreditbanken mittelfristig und 57,1 Prozent langfristig eine
starke Zunahme voraus.
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Trend zur Spezialisierung
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Angesichts dieser Erwartungen setzen die Kreditbanken langfristig
unisono auf die Spezialisierung und das Outsourcing derjenigen
Dienstleistungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Diesen Trend
bestätigen die Vertreter aller Bankengruppen, wobei der Schwerpunkt im
mittelfristigen Bereich gesehen wird.
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Bis 2005 erwarten 91,6 Prozent der Befragten eine Zunahme der
Spezialisierung im Firmenkundengeschäft. Für die Periode danach
rechnen nur noch 85,9 Prozent damit. Immerhin 12,8 Prozent erwarten
dann eine Stagnation in diesem Bereich. Eine Zunahme der
Multispezialisten prognostiziert dagegen langfristig nur noch jeder
Zweite (53,3 Prozent). Jeder Fünfte dagegen sagt diesem Konzept einen
Rückgang voraus.
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Allfinanzstrategien werden nach Einschätzung der Kreditbanken
mittelfristig bestenfalls stagnieren. Innerhalb der nächsten fünf
Jahre erwarten 57,1 Prozent der Befragten eine Stagnation, 28,6
Prozent einen Rückgang und nur 14,3 Prozent ein mäßiges Wachstum. Für
die Jahre ab 2005 kehrt sich das Verhältnis um. 57,1 Prozent rechnen
mit einem Rückgang und 42,9 Prozent mit einer Stagnation. Für ein
Wachstum finden sich unter den Kreditbanken langfristig keine
Propheten mehr.
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Anders sieht die Einschätzung bei den Verbünden aus. Mehr als zwei
Drittel der Befragten aus dem Sparkassensektor (68,8 Prozent)
vermuten, dass es auch langfristig eine Zunahme von
Allfinanzstrategien geben wird, im Genossenschaftssektor stimmen dem
immerhin 60 Prozent der Befragten zu. Einen Rückgang erwarten
langfristig nur 12,5 beziehungsweise 14,3 Prozent.
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Höhepunkt der Fusionswelle vor 2005
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Der Höhepunkt der Fusionswelle wird allgemein in den kommenden fünf
Jahren erwartet. Der Konsolidierungsprozess wird jedoch auch weiterhin
andauern.
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Rund 92,7 Prozent der Befragten rechnen mit einer Zunahme von Fusionen
bis 2005, 68,9 Prozent auch für die Jahre danach. Knapp jeder Vierte
prognostiziert eine Stagnation der Fusions- und Akquisitionsprozesse
nach 2005.
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Eine Zunahme der Fusionen sagen mittelfristig vor allem die Genossen
unisono voraus. 82,6 Prozent von ihnen prognostizieren sogar einen
starken Anstieg. Im Sparkassensektor dagegen sind es nur 51,9 Prozent.
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Die Erwartung einer Stagnation im Fusionsbereich gibt es allein bei
den Sparkassen (7,7 Prozent).
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Kooperationen vor allem im Back- Office
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Kooperationen als Alternative zur Fusion haben der Studie zufolge vor
allem im Back-Office eine Zukunft. Rund vier Fünftel der Befragten
erwarten hier eine Steigerung sowohl bis als auch nach 2005. Mit
zunehmenden Partnerschaften im Front-Office rechnen dagegen nur 60,9
(mittelfristig) beziehungsweise 56,6 Prozent (langfristig).
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Einen langfristigen Ausbau der Kooperationen im Back-Office erwarten
vor allem die Kreditbanken mit großer Einhelligkeit.
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Für den Front-Office-Bereich sehen in erster Linie die Sparkassen eine
Zukunft (61,7 Prozent gegenüber 42,9 Prozent bei den Kreditbanken).
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Mit der wachsenden Bedeutung der Technik gehen auch die Einschätzungen
in Bezug auf die Vertriebsformen der Zukunft einher.
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Nur knapp jeder Vierte der Befragten hält eine Zuname der
Filialbetreuung im Firmenkundengeschäft langfristig für
wahrscheinlich. 88,7 Prozent bejahen dies aber für die
Online-Betreuung und 87 Prozent für die Multi-Channel-Betreuung. Dabei
sehen die Kreditbanken für die Filialbetreuung offensichtlich größere
Chancen als die Verbünde.
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Existenzgründerfinanzierung noch stärker durch die Verbünde?
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Unter den Befragten aus den Kreditbanken rechnen 42,9 Prozent mit
einem Wachstum des Filialvertriebs im Firmenkundengeschäft. Unter den
Sparkassen sind es dagegen nur 27,1 Prozent.
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Und während 37,5 der Sparkassenvertreter einen Rückgang des
Filialvertriebs erwarten, rechnen 57,1 Prozent der Kreditbanken
zumindest mit einer Stagnation.
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Die Zunahme der Online- und Multi-Channel-Betreuung prognostizieren
vor allem die Genossen. Allein unter ihnen existiert freilich auch die
Einschätzung, dass der Internetanteil im Firmenkundengeschäft wieder
sinken könne (4,3 Prozent). Jeder siebte Befragte aus den Kreditbanken
erwartet einen Rückgang des Multi-Channel-Bankings.
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Neue Geschäftsfelder
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Die allgemeine Diskussion um den Rückzug der privaten Banken aus der
Finanzierung kleiner Unternehmen findet in den Einschätzungen zu den
einzelnen Geschäftsfeldern ihren Niederschlag. So erwartet jeder
zweite Befragte aus den Kreditbanken ab 2005 entweder einen Rückgang
oder aber die Stagnation der Finanzierung von Existenzgründern. Rund
drei Viertel der Verbund-Mitarbeiter vermuten hier jedoch eine
Zunahme.
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Der Unternehmenskredit wird der Expertenbefragung zufolge jedoch
generell an Bedeutung verlieren. Jeder zweite der Befragten in den
Kreditbanken erwartet hier eine Stagnation, jeder zweite
Sparkassenvertreter eine Stagnation oder sogar einen Rückgang (16,3
Prozent). Und unter den Genossenschaftsbanken prognostiziert jeder
Dritte Stagnation (22,7 Prozent) oder Rückgang.
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Neben dem eigentlichen Bankgeschäft wird dagegen die Rolle der
Kreditinstitute als Informationsvermittler immer wichtiger. Darin sind
sich 83,9 Prozent der Befragten für den mittel- und 89,6 Prozent für
den langfristigen Bereich einig. Den Firmenkundenbetreuer als
Unternehmensberater sehen bis 2005 81,9 Prozent in stärkerem Maße als
bisher. Und dem Aktienemissionsgeschäft sagen fast 60 Prozent
langfristig eine stark wachsende Bedeutung voraus. W

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