Personalpolitik

Flexibelwerden und bleiben - Ansätze im Personalmanagement

Auf den gestiegenen Ertrags- und Kostendruck der letzten Jahre haben viele Banken und Sparkassen bereits mit Kostensenkungen auch im Bereich des Personals reagiert. Sinkende Erträge und Ertragschancen im Privat- und Firmenkundengeschäft sowie ein sich nur zögerlich erholendes Eigengeschäft der Banken haben die Personalkosten erneut unter Druck gesetzt: Viele Häuser kämpfen mit kurz- und mittelfristig schlechten Ertragsprognosen und müssen ihre Personalkosten nun stärker anpassen als zunächst geplant. Gerade mittelständische Sparkassen und Genossenschaftsbanken legen dabei großen Wert auf sozialver trägliche Lösungen, die aber auch die Wirtschaftlichkeit der Institute sicherstellen müssen.

In Banken und Sparkassen machen die Personalkosten einen großen Teil der Fixkosten aus. Diese Kosten sind meist nur langfristig steuerbar und entwickeln sich nicht immer im Einklang mit der aktuellen Geschäftssituation. Die Entlohnung ist zudem häufig an Tarifverträge gebunden und hat nur einen geringen variablen Anteil. Viele Personalmanager sehen sich daher in einer Zwickmühle gefangen: Der sich verschärfende Konditionenwettbewerb zwingt zu äußerster Kostendisziplin; Tarifverträge und der Wunsch nach Sozialverträglichkeit und fairer Entlohnung vor allem guter Vertriebsleistungen stehen dem gegenüber.

Kosten flexibel halten

Die flexible Vergütung bezieht sich in verschiedenen Anteilen auf das Erreichen von Individual-, Team- und Unternehmenszielen. Meistens sind variable Vergütungssysteme so konzipiert, dass sie einen linearen Zusammenhang von Leistung und Vergütung herstellen, die Möglichkeit des Zugewinns jedoch durch einen "Deckel" so begrenzen, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen können: Leistungsabhängige Gehaltsbestandteile betragen meist nicht mehr als ein oder zwei Monatsgehälter. Diese Einschränkung macht es schwer, den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren leistungsorientierter Vergütung zu entsprechen:

hohe Chance auf Mehreinkommen,

Leistungsgerechtigkeit und

selbsterwirtschaftendes System.

Ein System ist dann selbsterwirtschaftend, wenn das mögliche Mehreinkommen zu 100 Prozent oder mehr aus zusätzlichen Erträgen gedeckt ist. Häufig werden leistungsorientierte Vergütungssysteme zusammen mit einer Umstellung und Aktivierung im Vertrieb eingeführt, sodass nach erfolgreicher Umsetzung mehr Geld zur Verteilung vorhanden ist und die Chance auf Mehreinkommen insgesamt steigt. Selbsttragende, flexible Vergütungssysteme führen somit unmittelbar zu einer Flexibilisierung der Personalkosten, indem fixe Gehaltsbestandteile in variable und - zumindest teilweise - selbstwirtschaftende Anteile umgewandelt werden (siehe Abbildung 1).

Ebenso können Personalkosten durch flexibel gestaltete Arbeitsprozesse eingespart werden. So ermitteln bereits einige Sparkassen Geschäftsprozesse, die weniger zeitkritisch sind als andere. Durch diese Ermittlung ist es möglich, bei hohen Auslastungen, zum Beispiel am Monatsende, die weniger zeitkritischen Geschäftsprozesse zunächst zurückzustellen. Insgesamt führt dies zu einer gleichmäßiger verteilten Auslastung der Mitarbeiter und vermeidet Spitzenbelastungen, die durch zusätzliche Personalkosten in Form von Überstunden oder Zeitarbeit aufgefangen werden müssten. Wie in anderen Branchen auch, führt eine hohe Auslastung zu geringeren Kapitalbindungskosten1).

Stadtsparkasse München: erfolgreiches Transfermanagement

Eine weitere Option ist ein Transfermanagement oder Outsourcing, das jedoch von mittelständischen Banken und Sparkassen oft gescheut wird. Institute fürchten hier negative Auswirkungen auf das Vertrauen und Engagement ihrer Mitarbeiter, aber auch auf ihr Image. Das positive Beispiel der Stadtsparkasse München zeigt, dass dies nicht der Fall sein muss: Die Münchener haben bereits 2004 den Bereich Transfermanagement eingerichtet, um auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu können.

Ziel war es, den Mitarbeitern trotz der notwendigen Einsparmaßnahmen weiterhin Sicherheit und Vertrauen in die Bank bieten zu können und das Abwandern von Top-Mitarbeitern, das Absinken der Produktivität sowie ein schlechteres Arbeitsklima und Arbeitgeberimage zu vermeiden. Im Bereich Transfermanagement wurden Mitarbeiter eingesetzt, die durch notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen ihren Aufgabenbereich verlassen mussten und zukünftig in den Bereichen der Sparkasse eingesetzt werden konnten, in denen Bedarf nach mehr Mitarbeitern bestand.

Generell ist es wichtig zu beachten, dass den Mitarbeitern Tätigkeiten zugewiesen werden, die einen Wertschöpfungsbeitrag erwirtschaften. Noch bedeutender ist, dass jene Mitarbeiter für den Bereich Transfermanagement ausgewählt werden, die durch ihre Qualifikationen und die Bereitschaft, sich zu verändern, aller Voraussicht nach erfolgreich in anderen Tätigkeitsgebieten eingesetzt werden können. Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist zudem, den Mitarbeitern das "Warum" und "Wie" frühzeitig mitzuteilen, um einen zusätzlichen Vertrauensverlust zu vermeiden.

Oft wird versucht, Kosten im Vertrieb vor allem durch Personalkosten anpassbar zu halten. Aber auch Kapitalkosten für Immobilien können flexibilisiert werden: Ver triebsstrategien werden in Zukunft kurzfristiger ausgerichtet sein, sodass eine Änderung der Vertriebsstrategie dazu führen kann, dass Immobilienflächen angepasst werden müssen. Dies ist dann vielfach einfacher, wenn eine Immobilie gemietet und nicht Eigentum ist.

Mehr Zeitarbeit und Teilzeit

Zeitarbeit bietet die Möglichkeit, auf wechselnde Anforderungen zu reagieren. Lange Zeit wurde Zeitarbeit in Deutschland eher negativ und als Krisensymptom betrachtet. Seit einigen Jahren wandelt sich das Image und Zeitarbeit wird immer attraktiver. Der Einsatz von Zeitarbeitern bietet Kreditinstituten die Möglichkeit, ihre Personalplanung flexibler zu gestalten, dem Bedarf anzupassen und kurzfristige offene Stellen, die durch Schwangerschaft oder Krankheit entstehen, zu besetzen. Nachdem die Branche durch die Finanz- und Wirtschaftskrise sehr gelitten hat, scheinen sich wieder erste Zeichen der Erholung einzustellen. Teilzeitarbeit als Form flexibler Arbeitszeiten wird zunehmend genutzt: So ist zum Beispiel seit 1995 die Teilzeitquote im privaten Bankgewerbe um über 50 Prozent gestiegen und liegt nun bei 18 Prozent - für Frauen jedoch bei 33 Prozent. Die Teilzeitquote in den Führungsbereichen hat ebenfalls zugenommen und sich seit 2000 mehr als verdoppelt.

Formen der Teilzeitarbeit variieren

Da sich gleichzeitig der Frauenanteil in Führungspositionen verdoppelt hat (er liegt aktuell bei 27 Prozent), scheint dies darauf hinzudeuten, dass Frauen auch in Führungspositionen die Möglichkeit der Teilzeitarbeit nutzen, um Beruf und Familie zu vereinen2). Dafür gibt es erfreulicherweise immer mehr positive Beispiele. So hat zum Beispiel die Münchner Hypothekenbank mit der Leiterin eines Regionalbüros ein individuelles Stufenmodell entwickelt: Nach der Geburt ihres Kindes arbeitete sie zunächst für ein halbes Jahr zehn Stunden in der Woche, später für 18 Monate auf 30-Wochenstunden-Basis, wovon 15 Stunden per Telearbeit erledigt werden konnten. Bei der Teilzeitarbeit gibt es sowohl im Hinblick auf die Tagesarbeitszeit diverse Möglichkeiten als auch bei den Formen der zusätzlich gewonnenen Freizeit. Teilzeit kann bedeuten, dass nur einige Stunden in der Woche bis knapp unterhalb der Vollzeitschwelle gearbeitet wird. Diese Arbeitszeit kann gleichmäßig über die Woche verteilt oder tageweise variabel gestaltet sein, mit oder ohne Wechsel zwischen den Tageszeiten.

Zusätzlich können die Formen variieren. So kann tage-, wochen- oder monatsweise gearbeitet oder ein "Sabbatjahr" genommen werden. Alternativ kann auch ein vorzeitiger Eintritt in den Ruhestand ermöglicht werden. Allerdings werden flexible Arbeitszeitmodelle dann schnell wieder unflexibel, wenn die Personal- und Qualifikationsdecke zu dünn sind. Wenn Betriebe unter Druck geraten, Personalkosten zu schnell reduziert werden und angesparte Zeitkonten ungenutzt verfallen müssen, führen flexible Arbeitszeiten zu wachsender Unzufriedenheit: Wenn Betriebe atmen sollen, dürfen die Mitarbeiter nicht atemlos gemacht werden (siehe Abbildung 2).

Es gibt nicht nur verschiedene Formen der Zeiteinteilung für Teilzeitarbeit, sondern auch verschiedene Formen der Vergütung. Die einfachste Form ist die Reduzierung der Vergütung. Dieses einfache Modell bietet allerdings weder den Mitarbeitern noch den Unternehmen viel Spielraum. Daher führen immer mehr Unternehmen Zeitwertkonten ein: Eine Gothaer-Studie hat gezeigt, dass 41 Prozent der Mitarbeiter bei Finanzdienstleistern Interesse an Zeitwertkonten haben. Besonders hoch ist das Interesse, durch Zeitwertkonten den Übergang in Altersteilzeit oder Vorruhestand ohne große Gehaltseinbußen zu gestalten. Bisher nutzen allerdings weniger als ein Fünftel der befragten Betriebe die vielfältigen Möglichkeiten der Zeitwertkonten.

Auf Zeitwertkonten können Mitarbeiter Anteile ihres Lohnes, Überstunden, Urlaubstage und Bonuszahlungen ansammeln. Die meisten Betriebe beschränken sich heute noch auf das Ansparen von Lohnanteilen. Unter dem Aspekt der langfristigen Mitarbeiterbindung und der zunehmend wichtiger werdenden "Work-Life-Balance" sollten aber auch Urlaubstage und Bonuszahlungen in die Zeitwertkonten miteinbezogen werden. Je nach Art und Anrechnung der Zeitwertkonten müssen Rückstellungen in der Bilanz gebildet werden - entsprechend der gängigen Praxis etwa bei nicht genommenen Urlaubstagen.

Den Überblick behalten Personalkosten lassen sich unter zwei Perspektiven flexibel halten:

Direkte und indirekte Personalkosten,

Personalressourcen.

Kosten werden dann flexibler, wenn anpassbare, leistungsorientierte Vergütungssysteme sich - zumindest teilweise selbst erwirtschaften. Personalkosten bleiben auch dann anpassungsfähig, wenn Belastungsspitzen durch optimale Prozessorganisation weitgehend vermieden werden. In Abhängigkeit von Bank- und Vertriebsstrategien können zudem andere Kostenarten, zum Beispiel Aufwendungen für Immobilien, flexibel gestaltet werden. Schließlich zeigen positive Umsetzungsbeispiele, dass Transfer und Outsourcing so eingesetzt werden können, dass Kosten flexibler werden und gleichzeitig das Vertrauen und das Engagement der Mitarbeiter erhalten bleibt.

Auf der Seite der Flexibilisierung von Ressourcen bieten sich nicht nur die bekannten Angebote der Zeitarbeitsfirmen an. Flexible Teilzeitarbeit und Zeitwertkonten bieten bislang kaum ausgeschöpfte Möglichkeiten. Dazu gehören sinnvoll gestaltete Stufenpläne zur Umsetzung von Teilzeitarbeit (zum Beispiel bei Schwangerschaft und Elternzeit) ebenso wie sinnvolle und bilanziell verträgliche Formen der Vergütung von Auszeiten und Freistellungen als "Sabbatical".

Beide Formen der Flexibilisierung - Kosten und Ressourcen - werden bei sinkenden Marktpotenzialen, steigendem Wettbewerbsdruck, zunehmender Regelungsdichte und nicht zuletzt sinkender Verfügbarkeit von qualifiziertem Nachwuchs zum wichtigen Wettbewerbsvorteil: Nur wer alle Möglichkeiten der Flexibilisierung gekonnt nutzt, wird trotz Konditionenwettbewerb und Marktdruck einen "atmenden Betrieb" ermöglichen, dem nicht so schnell die Puste ausgeht.

Literaturhinweise

1 Fieseler, B. M. (2007). Was können Kreditinstitute in Sachen Kostenflexibilität vom Autobau lernen? Betriebswirtschaftliche Blätter 09|2007, 486-487.

2 Rogge-Strang, C. (2009). Wiedereinstieg in den Beruf, Lohnendes Comeback. die bank 4.2009, 73-77.

3 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (2002). Teilzeit - Neue Perspektiven.

4 Portisch, Dr. W. (2009). Variable Vergütung in der Sanierung, Leistungsanreize setzen. die bank 3.2009, 60-62.

5 Kenston Services GmbH, Das "System Kenston Zeitwertkonten" - Vorteile für Arbeitgeber, 2009. Online verfügbar unter: http://zeitwertkonten.zeit-wird-geld.de/vorteile-fuer-arbeitge-ber-_113.html.

6 SMARTcompagnie, Vor- und Nachteile von Zeitwertkonten, 2006. Online verfügbar unter: http://www.deutsche-versiche-rungsboerse.de/verswiki/index.php/Vor-_und_Nachteile_von_ Zeitwertkonten.

7 VGB, Checkliste "Zeitarbeit produktiv nutzen", 2009. http://www.vbg.de/zeitarbeit-nutzen/index.html?url=arbhilf/or ga/1_1.htm.

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