S-Verbundstrategie

Fraspa und Helaba: Integration im Zeitplan

Aufgrund risikoreicher Kreditengagements war die Frankfurter Sparkasse 2004 in eine wirtschaftlich schwierige Lage geraten. Dies führte zu einer fast vollständigen Aufzehrung der Vorsorgereserven. Um die Risikotragfähigkeit zu sichern, mussten Risikoaktiva und damit das Geschäftsvolumen zurückgeführt werden. Im September vergangenen Jahres übernahm dann die Helaba 100 Prozent der Anteile an der Frankfurter Sparkasse.

Ziel der Übernahme war es, einerseits die wirtschaftliche Lage einer der größten Sparkasse in Deutschland kurzfristig zu stabilisieren und andererseits, die Frankfurter Sparkasse unumkehrbar in die deutsche Sparkassen-Organisation einzubinden.

Der Helaba bot sich mit dem Erwerb der Frankfurter Sparkasse die Gelegenheit, ihre Strategie der Etablierung einer führenden Regionalbank am Finanzplatz Frankfurt zu untermauern. Mit der Integration der Frankfurter Sparkasse in die Helaba wird durch Kopplung von Wholesale- und Retail-Geschäft eine Risikodiversifikation und eine Verstetigung der Erträge im Vergleich zum eher volatilen Wholesale-Geschäft erreicht.

Aus Sicht der Sparkasse war die Käuferin Helaba ideal, weil sie als starker Partner eine neue Handlungsfähigkeit gewährleistete, ohne durch Duplikation von Funktionen die Fortexistenz großer Organisationsteile der Sparkasse in Frage zu stellen. Beispielsweise wäre bei einem Kauf durch eine Großbank die Dichte des Flächenvertriebs aufgrund des herrschenden Wettbewerbs vor Ort sicherlich deutlich reduziert worden.

Darüber hinaus wurde die privatrechtlich verfasste, so genannte freie Frankfurter Sparkasse mit Kauf durch die Helaba stärker in den Sparkassenverbund Hessen-Thüringen integriert. Letzterer besitzt mit den zentralen Elementen gemeinsamer Marktauftritt, integriertes Risikomanagement, regionaler Haftungsfonds und Verbundrechenschaftslegung Benchmark-Charakter in der deutschen Sparkassenorganisation.

Mutter-Tochter-Modell

Aus einer Analyse der strategischen Rahmenbedingungen der Transaktion wurden zunächst Vorgaben für die Integration erarbeitet. Das geschäftspolitisch zum Wholesale-Geschäft komplementäre Re-tail-Geschäft braucht, um erfolgreich zu sein, eine vom Wholsale-Geschäft abweichende Retail-Kultur und individuelle Strukturen.

Zudem ist dezentrales Unternehmertum ein wesentlicher Eckpfeiler für den Erfolg der Sparkassen-Finanzgruppe. Aus diesem Verständnis ergab sich die Vorgabe, die Frankfurter Sparkasse nicht in die Spartenorganisation der Helaba zu integrieren, sondern sie als Tochter unter Vorhaltung eigener Ressourcen mit ihrer Identität als führende Sparkasse der Region zu erhalten.

Die Herausforderung für das Integrationsprojekt bestand von Beginn an in einer Anpassung von Strategien, Produkten, Strukturen und Prozessen in beiden Häusern bei vollständigem Erhalt der unternehmerischen Selbständigkeit der Frankfurter Sparkasse.

Hierzu war erforderlich, dass die Vorstände von Helaba und Frankfurter Sparkasse ein Grundverständnis über die Strategie in den Kerngeschäftsfeldern der Sparkasse teilen.

Überschneidungsfreie Definition der Geschäftsfelder

Besonderer Wert wurde auf eine überschneidungsfreie Definition der Geschäftsfelder der Frankfurter Sparkasse mit denen der Helaba gelegt. Darüber hinaus war eine effiziente Erfüllung von Konsolidierungserfordernissen und Risikoüberwachung zu sichern. Wie tief die Sparkasse konkret in die Helaba integriert werden sollte, wurde themen- und sachorientiert festgelegt. Dabei gaben rechtliche und aufsichtsrechtliche Kriterien das Höchst- und Mindestmaß der Integration vor. Der Bearbeitung der Integrationsthemen wurden hierzu folgende Leitlinien zugrunde gelegt:

Realisierung von so viel unternehmerischer Freiheit für die Fraspa wie möglich und so viel Integration wie nötig.

Bündelung der Kernkompetenzen zum Erschließen von Ertragspotenzialen. Diese Bündelung kann sowohl in der Helaba als auch in der Sparkasse erfolgen.

Nutzung von Kostensynergien durch Konzentration auf die jeweiligen Kernkompetenzen.

Reduktion der Komplexität innerhalb der Frankfurter Sparkasse und damit innerhalb des Konzerns.

Das Integrationstempo wurde als kritische Erfolgsgröße erkannt, da aus der Integrationsarbeit eine erhebliche Beeinträchtigung des operativen Geschäfts zu erwarten war. Damit die Mitarbeiter in beiden Häusern bereit waren, den Veränderungsprozess, aktiv und ergebnisorientiert mitzutragen, wurde bereits zu Beginn des Integrationsprozesses ein Verzicht auf - bei Transaktionen dieser Art ansonsten naheliegende - betriebsbedingte Kündigungen zugesagt.

Organisation des Integrationsprozesses

Auf Basis der Leitlinien für die Integration wurden zunächst fünf Aufgabentypen identifiziert:

1. Strategische Themen mit dem Ziel, die Marktposition in den Kerngeschäftsfeldern zu stärken und Ertragssynergien durch intensive Zusammenarbeit zu heben. Diese Ertragssynergien sollten sich unmittelbar in der Ertragsrechnung beider Häuser niederschlagen - in der Helaba über stärkeren Produktabsatz und in der Sparkasse über bessere Kundendurchdringung.

2. Abgleich der Geschäftsbereiche und Produktbereiche mit dem Ziel, Überlappungen aufzuheben und pro Geschäftsfeld eindeutige Zuständigkeiten in einem der beiden Häuser festzulegen.

3. Abgleich der Corporate Center mit dem Ziel, Doppelarbeiten zu vermeiden und Skalenvorteile zu realisieren, allerdings unter der Prämisse, dass die unternehmerische Eigenständigkeit der Frankfurter Sparkasse entsprechende Ressourcen vor Ort erfordert.

4. Steuerungs- und Prozessthemen, um Standards zu harmonisieren und Risiken zu reduzieren. Die Helaba verfügt über bewährte Systeme zur Risiko- und Ertragssteuerung, die sie der Frankfurter Sparkasse zur Verfügung stellt. Damit können einerseits die Risiken besser überwacht werden, andererseits werden die Komplexität in der Frankfurter Sparkasse und damit auch die Systemkosten reduziert.

5. Querschnittsthemen, um einheitliche Lösungen für teilprojektübergreifende Problemstellungen zu bearbeiten beziehungsweise die Teilprojekte in ihrer Arbeit zu unterstützen. Hierzu gehören insbesondere die Funktionen IT und Personal.

27 Teilprojekte

Innerhalb der Aufgabentypen wurden einzelne Arbeitspakete zu Teilprojekten zusammengefasst, die jeweils einer Arbeitsgruppe besetzt mit Mitarbeitern aus beiden Häusern und teils mit externer Unterstützung zur Bearbeitung aufgegeben wurden.

Auf diese Weise entstanden 27 Teilprojekte, die von einem zentralen Gremium, dem Projektleitungskreis, gesteuert werden. Der Projektleitungskreis wird von einem operativ arbeitenden Integrationsbüro unterstützt. Der zuständige Projektlenkungsausschuss ist mit Vorstandsmitgliedern beider Häuser besetzt. Als informales Gremium tragen die Lenkungsausschussmitglieder Empfehlungen aus dem Projekt in die jeweiligen Gesamtvorstände zur formalen Beschlussfassung. Als Gesamtprojektverantwortlicher wurde ein Integration Officer benannt. Dieser soll insbesondere die Empfehlungen des Lenkungsausschusses umsetzen und für eine reibungslose Integration der beiden Häuser sorgen. Der Aufbau der Projektorganisation ist der Abbildung zu entnehmen.

Fraspa neu aufgestellt

Mittlerweile liegen die Sollkonzepte aus den 27 Teilprojekten vor beziehungsweise befinden sich in der Umsetzungsphase. Das Projekt befindet sich im Zeitplan und soll - wie vorgesehen - zum Jahresende 2006 abgeschlossen werden. Die Entwicklung des strategischen Geschäftsmodells und die Integration der Sparkasse verlaufen plangemäß.

Die Frankfurter Sparkasse hat sich in den wichtigsten strategischen Marktthemen zwischenzeitlich neu aufgestellt.

Im Privatkundengeschäft wird derzeit eine Neustrukturierung des Vertriebs in den Geschäftsstellen und den Centern umgesetzt.

Im Rahmen der Abgrenzung von überlappenden Geschäftsfeldern wurde für die Sparkasse die Zuständigkeit für "Unternehmenskunden" im Umsatzsegment von 50 bis 500 Millionen Euro im Geschäftsgebiet zugeordnet.

Eigens für das neue Zielsegment "Unternehmenskunden" wurden drei zusätzliche Vertriebsteams zur adäquaten Betreuung dieses anspruchsvollen Kundenkreises etabliert. Dank der Zusammenarbeit mit der Helaba hat die Sparkasse in diesem Segment erste vielversprechende Abschlüsse getätigt.

In der 1822 direkt, der Vertriebsgesellschaft der Frankfurter Sparkasse für Direktbankprodukte, wird derzeit die Beantragung einer eigenen Banklizenz erarbeitet. Bereits in den letzten zwölf Monaten konnte das Einlagevolumen der Direktbank nahezu verdoppelt werden und es wurden mehr als 100000 neue Kunden hinzugewonnen.

Vermögende Privatkunden sollen zukünftig von Helaba und Frankfurter Sparkasse gemeinsam aus der Sparkasse heraus betreut werden. Der Konzern will sich in diesem wachsenden Kundensegment eine führende Marktposition sichern.

Markenauftritt in rot

Die Frankfurter Sparkasse hat als weitere strategische Maßnahme und als ein nach außen sichtbares Signal der stärkeren Integration in den öffentlichen Sektor die Markenidentität mit dem roten Sparkassen-S des DSGV übernommen.

Hierbei handelt es sich um die bekannteste und sympathischste Marke am deutschen Bankenmarkt. Neben dem besseren Marken-Image wird die Frankfurter Sparkasse langfristig auch aus Kostensynergien durch den Einsatz zentral bereitgestellter Werbemittel profitieren.

Weniger Komplexität im Konzern

Beim Abgleich der Geschäfts- und Produktbereiche wurden geschäftspolitische Überlappungen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung und im Geschäft mit Unternehmensgroßkunden beseitigt. Aus dem Abgleich der Geschäfts- und Produktbereiche wurden darüber hinaus Konzepte für hausübergreifende Lösungen erarbeitet, die die Komplexität im Konzern senken und Kosteneinsparungen bei gleichzeitigen Qualitätssteigerungen ermöglichen. So wird die Abwicklung des Wertpapiergeschäfts, des Zahlungsverkehrs sowie des dokumentären Auslandsgeschäfts in der Helaba gebündelt.

Strukturen für Know-how- und Informationsaustausch

Beim "Abgleich der Corporate Center" wurden Strukturen für den engen Knowhow- und Informationsaustausch der Stabsfunktionen erarbeitet. Um den Personalaustausch zu erleichtern, wird eine übergreifende Altersversorgungsplattform und ein gemeinsamer interner Stellenmarkt eingerichtet. Die Berufsausbildung wird gemeinsam organisiert.

In den Rechtsbereichen werden die Mitarbeiter über die Bildung von Kompetenzcentern weiter spezialisiert. Aus dem Bereich Verwaltung sollen die Post- und Tourendienste künftig in die Helaba verlagert werden. Weitere Kostensynergien lassen sich mit der Zusammenlegung der Einkaufsvolumina realisieren. Darüber hinaus werden die Spezialfunktionen Compliance und Beteiligungsverwaltung in der Helaba zusammengefasst.

Einbeziehung in Konzern-Rechnungs- und Meldewesen

Bei den "Steuerungs- und Prozessthemen" wurden Methoden und Prozesse der Sparkasse einer intensiven Prüfung unterzogen und erforderlichenfalls an die Konzernstandards angeglichen. Hieraus ergaben sich methodische Auswirkungen für das externe und interne Rechnungswesen sowie für das Risikocontrolling. Die Frankfurter Sparkasse wurde in die Konzernrechnungslegung, das Konzernmeldewesen sowie das zentrale Kreditrisikomanagement integriert. Aufgrund entsprechender Vorbereitungen in der Vorlaufphase des Kaufs konnten bereits zum ersten Stichtag konsolidierte KWG-Meldungen realisiert werden.

Besonderer Wert wurde auf die Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Großprojekte IFRS und Basel II gelegt. Im internen Rechnungswesen wurde die Deckungsbeitragsrechnung der Frankfurter Sparkasse in die der Helaba integriert. Dabei wurde die retailspezifische Steuerungslogik der Sparkasse beibehalten.

Nutzen für alle Beteiligten

Bei den aus der Integration zu erwartenden Synergien liegt das Schwergewicht auf der Ertragsseite.

Eine Ergebnissteigerung wird insbesondere aus den Geschäftsfeldern Unternehmenskunden, Private Banking und 1822 direkt erwartet.

Wesentliche Kostensynergien werden aus der Verlagerung von Abwicklungstätigkeiten in die Helaba realisiert.

Die Kunden der Sparkasse profitieren von dem wiedergewonnenen Handlungsspielraum des Instituts.

Bereits jetzt profitiert die Helaba ihrerseits unmittelbar von der Vertriebskraft der Frankfurter Sparkasse, die den Absatz von strukturierten Produkten, Vermögensverwaltungen oder geschlossenen Fonds stark gesteigert hat. Darüber hinaus wurde die zu erwartende Ergebnisverstetigung und Risikoglättung auf Konzernebene von Ratingagenturen positiv aufgenommen. Ein direkter Nutzen der Integration entsteht auch für die Verbundsparkassen in Hessen und Thüringen, da mit der Fraspa das operative Verständnis des Retailgeschäftes unmittelbar im Helaba-Konzern verankert ist. Mittelfristig wird hieraus eine weitere Qualitätssteigerung der Verbunddienstleistungen aus der Helaba erwartet.

Trotz der Fülle positiver Meldungen bleibt noch einiges zu tun. Die Integration ist auch nach Umsetzung aller strategischen-und technischen Konzepte nicht abgeschlossen. Auch wenn die spezifischen Kulturen beider Häuser erhalten bleiben sollen, muss die Beziehung zwischen ihnen weiter wachsen. Durch Personalaustausch und intensive Kommunikation soll das gegenseitige Verständnis des jeweiligen Geschäftsmodells weiter entwickelt und so die Qualität von Produkten und Service gesteigert werden.

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