Leitartikel

Das große Zittern?

PO - Die Neupositionierung und -sortierung im deutschen Bankenmarkt schreitet weiter voran. Nach der Übernahme der Dresdner durch die Commerzbank, dem hungrigen Wachstum der Santander, die die ehemalige BfG (heute SEB) schluckt, dem Einstieg der französischen Crédit Mutuel durch Übernahme der früheren KKB, die eine Zeitlang Citibank Privatkunden AG hieß und nun in Targobank umgetauft wurde, verleibt sich die Deutsche Bank nun nach Sal. Oppenheim noch die Postbank ein. Die plötzliche Eile der schon lange angekündigten Transaktion allein mit einem guten Zeitfenster zu begründen, ist nur die halbe Wahrheit. Der Postbank-Kurs schwankte die vergangenen zwölf Monate um einen Kurs von 24 Euro, größere Abweichungen waren auch in Zukunft nicht zu befürchten. Vielmehr hat wohl Basel III zur Aktivität der Deutschen Bank beigetragen, schließlich kann man mit der Postbank-Übernahme die keineswegs billige Kapitalerhöhung besser verkaufen, auch wenn für die Akquisition nur ein kleinerer Teil benötigt wird.

Doch was heißt diese Übernahme für den Wettbewerb? Beginnt nun bei der Konkurrenz aus den beiden Verbünden das große Zittern? "Durch diese Transaktion wird das Leben für viele in Deutschland schwieriger", kündigte der Vorstandsvorsitzende von Deutsch-lands-Bankenprimus, Josef Ackermann, schon einmal an, und meinte damit natürlich nicht die Kunden. Mit 24 Millionen Privatkunden ist die Deutsche Bank künftig im deutschen Retailbanking-Markt die dritte Säule neben den Sparkassen und den Volks- und Raiffeisenbanken - ohne einer Commerzbank zu nahetreten zu wollen. Bei vielen Produkten hat man die kritische Masse erreicht. Das Zweigstellennetz ist flächendeckend, allerdings auch teuer. Rund 260 Milliarden Euro an Spareinlagen verbilligen die Refinanzierung. Entscheidend wird sein, wie weit es der Deutschen Bank gelingt, das enorme Kundenpotenzial auszuschöpfen, sprich vor allem die zahlreichen "schlafenden" Postsparbuchbesitzer von Girokonten, Wohnungsbaufinanzierungen, Termingeldern, Fondssparplänen und anderen notwendigen Dingen für ein auskömmliches Leben als Retailbank zu überzeugen.

Doch müssen die Mannen um Privatkundenvorstand Rainer Neske dabei ausgesprochen behutsam vorgehen, denn die Abneigung der Postbank-Kunden gegenüber der unnahbaren, scheinbar übermächtigen und internationalen Deutschen Bank ist groß. "Wenn die Postbank in der Deutschen Bank verschwindet, dann bin ich auch weg und suche mir eine andere Bank", so hört man es derzeit überall. Aber auch: "Ich glaube das endgültig erst, wenn bei mir im Dorf im Zeitschriftenladen hinten nicht mehr Postbank, sondern Deutsche Bank steht." Für die Deutsche Bank kann das nur heißen, die Postbank in allen kundennahen Bereichen möglichst unbehelligt und unabhängig laufen zu lassen. Im Back-Office dagegen kann sehr wohl überlegt werden, ob man zwei Produktentwicklungseinheiten, Rechenzentralen, zwei Plattformen, zwei IT-Landschaften und so weiter braucht. Natürlich nicht. Doch selbst das wird nicht ausreichen, um die angekündigten Synergien zu erreichen. Das geht nicht ohne einen Stellenabbau. Über 4000 mobile Vertriebler hat die Bonner Retailbank beispielsweise noch. Zu viele?

Dass die Deutsche Bank andere Institute reibungslos integrieren kann, hat sie mit der Norisbank, deren Name wohl bald verschwinden wird, und der Berliner Bank bewiesen. Es ist ihr also durchaus zuzutrauen, dies auch mit der ungleich größeren Postbank zu schaffen. Dafür bedarf es natürlich auch eines Postbank-Chefs, der mit viel Einfühlungsvermögen und großem Sachverstand die betroffenen Mitarbeiter mitnehmen kann. Der Konkurrenz muss dennoch nicht bange sein. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Deutsche Bank nun erstmal im eigenen Stall auf die Jagd gehen wird und nicht anderswo nach Kunden suchen muss. Von daher wird das Leben für Sparkassen und Kreditgenossen vielleicht sogar ein Stück weit einfacher. Und wer weiß, vielleicht fühlt sich ja so mancher Postbank-Kunde bei den Verbünden künftig sogar besser aufgehoben?

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