Preispolitik

Honorarberatung: vor allem für Besserverdienende

Die kürzlich eingeführten MiFID-Regelungen gaben im Vorfeld bei Banken Anlass zu Verunsicherung - besagen sie doch nicht weniger, als dass Banken zukünftig ihren Kunden gegenüber auf Nachfrage Provisionen und sogenannte Kick-Backs offen legen müssen, die sie beim Verkauf von Anlageprodukten an den Kunden erhalten. Diese Zahlungen sind gemäß MiFID nur dann zulässig, wenn sie die Anlageempfehlung nicht zuungunsten des Kunden beeinflussen und der Erhöhung der Beratungsqualität dienen.

Wer nun erwartet hatte, dass nach Einführung der MiFID-Regelungen ein Sturm der Entrüstung durch die Lande ginge und Kunden in Scharen von ihren Banken die Offenlegung oder gar die Rückvergütung der Provisionen verlangen würden, sah sich getäuscht - der Sturm blieb aus. Ein wichtiger Grund für das "Wohlverhalten" der Kunden liegt mit großer Sicherheit darin begründet, dass ein Großteil der Kunden keine oder eine viel zu niedrige Vorstellung davon hat, was ein Kreditinstitut in der Regel an ihren Anlageentscheidungen verdient. Letzteres legen zumindest die Ergebnisse des aktuellen Themenhighlights "Honorarberatung" aus dem Kundenmonitor Banken 2008 der Psychonomics AG nahe.

Danach befragt, wie viel die Bank bei der Anlage von 10 000 Euro in einem Aktienfonds oder in anderen Wertpapieren über Gebühren für Transaktionen und Depot in einem Jahr verdiene, waren 20 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die Einnahmen der Bank in einem Jahr bis zu 100 Euro, das heißt maximal ein Prozent des Anlagevolumens betragen. Ein Drittel ging von einer Größenordnung zwischen 100 und 200 Euro aus, 46 Prozent der Befragten schätzen den Verdienst der Bank auf mehr als 200 Euro pro Jahr (siehe Abbildung 1).

Sobald auch nur die Hälfte der 10 000 Euro in Investmentfonds angelegt wird, fallen durch Ausgabeaufgelder und Verwaltungsgebühren weitere Kosten an. Unterstellt man beispielsweise eine Fondsquote von 50 Prozent und geht nur von einem reduzierten Ausgabeaufschlag von 2,5 Prozent aus, so ergeben sich daraus allein zusätzliche Kosten in Höhe von 125 Euro. Da der Fonds selber aber zusätzlich noch Verwaltungsgebühren verlangt, fallen weitere Kosten an. Geht man dort von den üblichen 1,5 Prozent aus, ergeben sich bei 5 000 Euro in Fondsanteilen weitere 75 Euro Gebühren.

Kunden schätzen Kosten falsch ein Allein der Ausgabeaufschlag und die Verwaltungsgebühren für den 50-prozentigen Fondsanteil in diesem "Musterdepot" beliefen sich demnach bereits auf 200 Euro - noch ohne Berücksichtigung der Depot- und Orderkosten. Demzufolge hätten sich eigentlich alle Befragten bei der Frage nach dem Verdienst der Banken für die Kategorie "200 Euro und mehr" entscheiden müssen. Wie die Abbildung 1 deutlich macht, ist das Antwortverhalten vom Haushaltsnettoeinkommen der Befragten relativ unbeeinflusst - auch bei den Befragten mit 4 000 Euro monatlich und mehr gehen nur 44 Prozent von einem Verdienst von 200 Euro und mehr aus. Was bedeutet die Einführung der MiFID-Richtlinien vor diesem Hintergrund nun aber für Banken, wie sollen sie sich verhalten? Legt die Bank den Kunden gegenüber zukünftig alle Provisionen und Kick-Backs offen, wird ein Großteil über deren Höhe zumindest erstaunt sein. Auf diese aber ohne Kompensation zu verzichten, wäre für Kreditinstitute ruinös und ist somit nicht möglich. Bleibt also - neben der "Hoffnung", dass viele Kleinanleger auch weiterhin nicht nach den Provisionseinnahmen und Kick-Backs fragen - die Option der Einführung eines Honorarberatungsmodells. In diesem Fall werden viele Kunden zwar zunächst ebenfalls über deren Höhe irritiert sein: ein Gefühl, das erst durch die Gegenrechnung mit den rückvergüteten Provisionen und Gebühren "besänftigt" werden muss.

Honorarberatung unumgänglich

Können sich Banken mittelfristig dagegen verwehren, Kunden auch ein Honorarberatungsmodell anzubieten? Vermutlich nein, denn wenn sie dieses Vergütungsmodell nicht anbieten, werden andere Anbieter dies tun oder neu auf den Markt kommen, wie beispielsweise seit April 2006 Karl Matthäus Schmidt mit der Quirin-Bank in Berlin. Und hat letzterer seinerzeit mit der Gründung des Online-Brokers Consors nicht schon einmal für irreversible Veränderungen im Bankenmarkt gesorgt?

Bereits seit Dezember 2000 propagiert der Verbund deutscher Honorarberater (VDH) die Idee einer unabhängigen Honorarberatung, bei der es keine verdeckten Provisionszahlungen an den Anlageberater beziehungsweise dessen Unternehmen gibt. Entsprechend den Grundsätzen des VDH wird die Beratungsleistung ausschließlich durch das entsprechende Honorar vergütet. Auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass eine gute mittel- bis langfristige Anlagestrategie auch aufrecht erhalten wird, das heißt gute Anlagen auch im Kundendepot verbleiben und nicht auf Betreiben der Bank mit einer gewissen Zyklik umgeschichtet werden, um so erneut an Ausgabeaufschlägen und Transaktionskosten verdienen zu können. Wie aber sieht gute (Honorar-)Beratung aus? Sie erfordert zum einen eine grundlegende Analyse der Vermögens- und Versorgungssituation des Anlegers, zum anderen benötigt der Berater fundierte und aktuelle Produkt- und Marktkenntnis, um für den Kunden die individuell optimale Auswahl treffen zu können. Für viele Kreditinstitute bedeutet dies ein doppeltes Umdenken: Zum einen ist die Beratung in den letzten Jahren deutlich in den Hintergrund gerückt zugunsten des Produktverkaufs gemäß entsprechenden Vertriebsvorgaben, zum anderen sind die Kundenberater häufig angehalten, in erster Linie hauseigene Produkte oder die von Verbundpartnern zu verkaufen und allenfalls auf Nachfrage des Kunden auch sogenannte "third party products" anzubieten.

Anlassbezogene Vergütung bevorzugt

Wenn aber dem Kreditinstitut im Honorarberatungsmodell ohnehin keine Provision durch die Vermittlung von Anlageprodukten zufließt, kommen für den Kunden zusätzlich ganz neue Produktformen infrage, die naturgemäß keine Provisionen und Managementgebühren enthalten, wie Exchange Traded Funds (ETFs), die lediglich einen bestimmten Fonds oder Index nachbilden.

Für die Gestaltung von Honorarberatungsmodellen in der Praxis gibt es dabei grundsätzlich vier Möglichkeiten: Denkbar sind zum einen rein anlassbezogene Vergütungen, die sich am einzelnen Beratungstermin oder dessen Dauer orientieren. Quasi als "Gegenstück" dazu ist auch eine "Flatrate" möglich, das heißt ein Honorar für einem bestimmten Zeitraum, mit dem dann alle Beratungsleistungen in eben diesem Zeitraum abgegolten werden. Die dritte Variante stellt eine prozentuale Beteiligung am Volumen des Portfolios dar, die vierte basiert auf dem Erfolg des Portfolios.

Wie die aktuelle Psychonomics-Studie zur Honorarberatung zeigt, wird die anlassbezogene Vergütung bei Inanspruchnahme eines Beratungstermins von den meisten Kunden bevorzugt, haben sie es dabei doch am stärksten selbst in der Hand, wie hoch der jährliche Aufwand für die Beratungsleistung ist (siehe Abbildung 2). Modelle auf der Basis einer erfolgsabhängigen Vergütung schneiden erstaunlicherweise bei den Kunden nicht so gut ab, wenngleich sie eigentlich die "ehrlichste" Variante darstellen, bei der die Anlageempfehlung des Beraters am deutlichsten auf den Prüfstand gestellt wird. Die Kardinalfrage, ob eine Beratung ihr Geld wert war, erübrigt sich hier: War die Anlageempfehlung gut, partizipiert der Berater beziehungsweise die Bank unmittelbar daran, war sie schlecht, verdient er daran weniger bis gar nichts.

In der Praxis werden sich aber voraussichtlich vor allem Mischformen ergeben, die den Interessen von Bank und Kunde Rechung tragen. Ein regelmäßiger Geldzufluss als Grundlage der wirtschaftlichen Aktivität für die Bank und nicht zu hohe Honorarsummen je Zahlungstermin für den Kunden. Die Erfolgsbeteiligung kann nur im Interesse des Kunden sein, beteiligt sie doch den Berater gleichermaßen am Erfolg und Misserfolg des Kunden und dient ihm so zusätzlich als Anreiz für eine gelungene Risikooptimierung im Kundensinne.

Unbewusste Kosten-Nutzen-Rechnung

Ist Honorarberatung nun aber für alle Kunden gleichermaßen gut geeignet? Sicherlich nicht! Jedermann ist von klein auf gewohnt, bei seinem wirtschaftlichen Handeln eine (vielfach unbewusste) Kosten-Nutzen-Rechnung aufzumachen, bei der die eingesetzte Ressource ins Verhältnis zum dadurch erzielten Mehrertrag gesetzt wird. Dies bedeutet für die Honorarberatung, dass das Anlagevolumen des Kunden eine bestimmte Größenordnung erreichen muss, damit dieser ein Beratungshonorar von mehreren hundert oder tausend Euro als gerechtfertigt ansieht beziehungsweise dieses durch den Wegfall von Provisionszahlungen kompensieren kann. Dies bestätigt auch die Befragung von Psychonomics (siehe Abbildung 3):

Die Zustimmung zum Konzept der Honorarberatung fällt bei Personen mit einem liquiden Vermögen zwischen zehn und 50 000 Euro am geringsten aus. Für Personen mit einem geringen Vermögen ist die Honorarberatung offenkundig attraktiv, da diese Gruppe einerseits nur sehr selten eine Beratung in Anspruch nimmt und andererseits vom Wegfall von anderen Gebühren wie Provisionen und Ausgabeaufschlägen profitieren würde.

Ab einem Vermögen von 50 000 Euro kommen aus Sicht der Befragten die Vorteile der Honorarberatung zunehmend zum Tragen. Dies schlägt sich auch in einer kontinuierlich steigenden Zustimmung zur Idee einer Honorarberatung nieder - bei Geldvermögen über 250 000 Euro liegt diese sogar bei 37 Prozent.

Vor allem von Vermögenden akzeptiert

Bei niedrigen Vermögen stellen die vergleichsweise hohen Honorare eine letztendlich kaum zu überwindende Barriere für situativ erforderliche Beratungsleistung dar - vor diesem Hintergrund sollten Personen mit geringem Geldvermögen eher im klassischen Gebührenmodell verbleiben. Dies ermöglicht ihnen, durch die Zahlung von Gebühren in "homöopatischen Dosen" im Bedarfsfall ohne hohe Honorarzahlungen auf Beratungsleistung zugreifen zu können.

Bei Personen mit höheren Vermögenswerten sieht dies hingegen anders aus, sie können von einem solchen Konzept langfristig profitieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Honorarbanker oder ein anderer Honorarberater in Abwandlung der Archivarsmaxime "quieta mon movere" ein gut aufgestelltes Portfolio auch ruhen lässt. Dann können seine guten Anlageempfehlungen und damit das Vermögen seiner Kunden - vergleichbar einem guten Wein - ihr ganzes Potenzial entfalten.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X