Ausländer als Wettbewerber und Kunden

Islamkonforme Anlagen: Die Nachfrage nimmt zu

Die Vergangenheit, aber auch aus religiösen Grundsätzen abgeleitete Werte beeinflussen die Gegenwart aktueller Anlageprodukte deutlilch: Für die weltweit mehr als 1,5 Milliarden Muslime gelten besondere Regeln für das Investieren. So dürfen sie zum Beispiel keine Zinsen verlangen. In der Vergangenheit gab es so gut wie keine Finanzprodukte, die mit den Lehren des Islam konform waren. Vor dem Ölboom der siebziger Jahre verfügten Muslime aber auch nur selten über Vermögen. Es bestand daher wenig Anreiz, neue Anlageprodukte zu kreieren. Der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit lag daher meist auf klassischen Anlagen wie Immobilien. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand durch den neu gewonnenen Wohlstand im Nahen Osten ein zunehmendes Interesse an der Entwicklung islamkonformer Finanzprodukte. Viele Anleger in der Region sahen sich bei ihren Investitionen in die als sichere Häfen empfundenen westlichen Anleihen immer dem Zinsdilemma ausgesetzt. Banken wurden daher gebeten, die Anleihenzinsen einzubehalten, da der Islam das Erheben von Zinsen ganz klar verbietet. In einem Umfeld exzessiver Inflation wie zum Beispiel in den siebziger Jahren, bedeutete das aber erst recht Kapitalverlust.

Moderne islamgerechte Finanzprodukte entstanden als direkte Reaktion auf den Wohlstand und die entgangenen Chancen bei der Kapitalanlage. Standard & Poor, s zufolge deckt dieser Markt aktuell ein Vermögen von insgesamt mehr als einer Billion US-Dollar ab und hat sich zu einem anerkannten Segment mit vielversprechenden Wachstumsaussichten entwickelt. Für islamgerechte Anlagen gilt Folgendes:

Zinsen: Sie zu erheben, ist verboten - eine echte Herausforderung in einer Welt, in der Zinsen eine so große Rolle spielen.

Alkohol, Waffen und Glücksspiel: Nur drei Beispiele für Märkte, in die weder investiert noch ein Gewinn aus ihnen gezogen werden darf. Auch dürfen die Produkte dieser Unternehmen nicht erworben werden.

Derivatehandel: Hier gehen die Meinungen auseinander, ob Derivate mit islamischem Recht konform sind oder nicht. Das Konzept der Hebelwirkung (Leverage) zumindest gilt als nicht konform, da es ein extremes Risiko darstellt und hohe Schulden verursachen kann.

Gewinn- oder Dividendengarantien: Sie werden ebenfalls nicht gebilligt. Unternehmen, die eine Dividende ausschütten, dürfen dies nur aufgrund eines entsprechenden Ergebnisses und ohne Druck seitens der Aktionäre tun - in den Augen vieler sicher kein allzu schlechter Grundsatz.

Diese Anforderungen zeigen, dass Muslimen deutlich weniger Anlagemöglichkeiten zur Verfügung stehen als anderen Investoren. Typische Beispiele für islamkonforme Produkte sind:

Sukuks (islamische Anleihen): Da Rentenpapiere wegen ihrer Zinseigenschaft als nicht konform gelten, wurde mit sogenannten "Sukuks" ein Produkt geschaffen, das diesen Zins-Aspekt zu umgehen versucht. Sukuks sind mit Vermögenswerten unterlegt ("Asset-Backed"). Der Sukuk-Emittent verkauft also Anlegern ein Zertifikat über einen hinterlegten realen Vermögenswert wie eine Immobilie oder eine Fabrik. Der Anleger wiederum vermietet diesen Vermögenswert an den Emittenten zu einer festgelegten Miete. In verschiedenen Denkschulen herrscht weiter Uneinigkeit über die Zulässigkeit solcher Investitionen, und trotz ihrer wachsenden Beliebtheit stecken islamkonforme Bonds im Vergleich zu ihren herkömmlichen Pendants nach wie vor in den Kinderschuhen. Laut Standard &Poor, s ist das Gesamtvolumen an Sukuk-Emissionen von rund 500 Millionen 2001 auf über 100 Milliarden US-Dollar 2009 gewachsen.

Aktien: Als Finanzinstrument sind sie grundsätzlich konform, wobei jede Aktie im Einzelnen zu prüfen ist. Auch Aktien nicht islamischer Unternehmen können die Konformitätsvoraussetzungen erfüllen. Entscheidend ist, inwieweit sie die erwähnten Grundsätze erfüllen. Aktien unterliegen aber offenkundig Veränderungen. Demnach können sie heute konform sein, morgen allerdings schon nicht mehr. Beispielsweise wenn sich das Unternehmen in einen neuen (nicht konformen) Markt wagt oder plötzlich eine große Schuldenmenge anhäuft.

Islamkonforme Finanzprodukte sind nicht nur für Anleger im Nahen Osten geeignet. Eine beträchtliche Anzahl von Muslimen lebt auch im Westen, wobei nicht alle Wert auf islamgerechte Produkte legen. Der Bedarf ist aber zweifelsohne gegeben - interessanterweise gerade in Zeiten globaler Unsicherheit. Dem Financial Times-Magazin "The Banker" zufolge stiegen beispielsweise in Frankreich islamgerechte Anlagen ausgerechnet im Jahr 2008 deutlich an. In Zeiten großer Unsicherheit zeigt sich, dass Anleger die erhöhte Transparenz von Unternehmen besonders schätzen, etwa im Hinblick auf ihren Verschuldungsgrad.

Die geltenden Konformitätsgrundsätze sind recht einfach und können verschiedensten Investoren zusagen, die ohne einen bestimmten religiösen Hintergrund, aber mit den gleichen Werten investieren wollen. So finden sich hier beispielsweise auch nichtmuslimische Anleger wieder, die ihre Kapitalerträge nicht mit Waffenherstellern erzielen möchten.

Identifikation geeigneter Anlageprodukte

Muslimischen Anlegern sollte die mangelnde Universalität dieser Produkte bewusst sein. Wenn ein Produkt in einem Land als konform mit islamischem Recht gilt, muss das nicht unbedingt heißen, dass andere Länder die gleiche Ansicht vertreten. Ein gutes Beispiel hierfür sind die bereits erwähnten Sukuks, die Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Konformität des Sekundärmarkts aufgeworfen haben. Einige Gelehrte betrachten diesen Markt als Instrument für den Handel mit Schulden, was nach muslimischem Recht ja untersagt ist.

Es ist daher eine Herausforderung, Finanzprodukte zu finden, die die strengen Anforderungen islamischen Rechts erfüllen. Aktien sind ein guter Einstieg in die Welt des islamkonformen Investierens. Sie sind im Vergleich zu exotischeren Produkten relativ einfach zu verstehen. Die Herausforderung besteht überwiegend im Screening - sprich der Identifizierung von Unternehmen, die den islamischen Grundsätzen gerecht werden.

Hier ist es ratsam, sich mit Experten auf dem Gebiet der islamischen Finanzwirtschaft zusammenzuschließen, deren Tools auch von renommierten Gelehrten anerkannt werden. Das sichert Kunden kompetente Unterstützung bei der weltweiten Identifikation islamkonformer Aktien. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Screening-Ergebnisse monatlich aktualisiert werden und jeder Kunde darüber entscheiden kann, wie er sich gegenüber Aktien in seinem Portfolio verhält, die nicht mehr konform sind.

Aktives Risikomanagement nur begrenzt möglich Doch wie schlagen sich islamkonforme Produkte in einer globalen Rezession? Einerseits kann sich eine islamkonforme Aktie zu einem bestimmten Zeitpunkt schlechter entwickeln als eine nicht-konforme. Auf der anderen Seite war die mangelnde Transparenz in einigen Märkten Hauptauslöser für die Krise in 2008. Hinzu kamen übermäßige Risiken, die Finanzinstitute und Privatkunden eingegangen waren. Der konservativere Ansatz konformer Produkte könnte neben der langfristigen Perspektive von Unternehmen ein Vorteil sein. Zugegeben, ein Bericht der World Federation of Exchanges besagt, dass islamische Fonds im Finanzkrisenjahr 2008 etwa 40 Prozent Verlust gemacht haben und damit nicht besser dastanden als ihre herkömmlichen Pendants.

Die Konformität von Produkten sichert somit keine Rendite und schließt auch Risiken nicht aus, die untrennbar mit jeder Art von Kapitalanlage verbunden sind. Hinzu kommt, dass es noch keine islamkonformen Absicherungsalternativen zu Optionen oder Leerverkäufen gibt, sodass Anleger aktives Risikomanagement nur begrenzt betreiben können. Die Nachfrage nach islamgerechten Produkten nimmt stetig zu. Allerdings müssen noch einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, damit sie bei einer größeren Anzahl der Muslime Akzeptanz finden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X