Bankmanagement-Glossar

Was ist Krisenmanagement?

- Das in den letzten Jahren vermehrte Auftreten von Skandalen und die damit zusammenhängende Berichterstattung in den Medien stellt die Finanzbranche vor eine große Herausforderung. Derartige Gefahren werden oftmals zu spät erkannt und geeignete Bewältigungsmaßnahmen setzen zu spät ein. Die Bewältigung von Skandalen erfordert eine systematische Analyse und den Einsatz eines spezifischen Krisenmanagement-Instrumentariums. Wesentliche Merkmale eines Skandals sind die (negative) "Medienpräsenz" und die "subjektive Schuldzuschreibung" in der Öffentlichkeit. Skandale gefährden die Erreichung von Unternehmenszielen und zwingen das Management zu Entscheidungen unter Zeitdruck.

In der Krisenliteratur findet man eine Reihe von Typologie-Ansätzen. So kann zwischen endogen und exogen induzierten Skandalen unterschieden werden (Eigen- oder Fremdverschulden), nach der Betroffenheit (direkt oder indirekt) und nach dem Skandalbereich (produkt- versus personenbezogene Skandale).

Vier Phasen der Berichterstattung

Aus Sicht der Medien - als skandalkonstituierende Institution - lässt sich die Berichterstattung in vier Phasen einteilen, die fließend ineinander übergehen oder par allel laufen. In der ersten Phase - der Aufdeckung - greifen die Medien einen ihrer Meinung nach skandalisierenden Tatbestand auf und thematisieren diesen ("Skandalgenerierung" durch Publikation). Charakteristisch für die Aufdeckungs phase ist das Fehlen von Detailinformationen.

Die zweite Phase - der Klärung - dient zur Erläuterung des genauen, objektiv feststellbaren Sachverhalts. Sie wird zur Berichtigung unrichtiger oder verfälschter Daten in der Aufdeckungsphase, Überlieferung von Detailinformationen und Hintergrundberichten sowie Darstellung des Skandalinhalts aus unterschiedlichen Perspektiven genutzt.

In Phase drei, der Diskussionsphase, erfolgt die "mediale Bewältigung" des Skandals. Dabei werden subjektive Wertungen von Seiten der Medien und anderer Skandalteilnehmer publiziert, und es folgt eine Betrachtung der unmittelbaren Skandalfolgen und eine Erläuterung der Bewältigungsmechanismen.

Die Medienpräsenz wird mit Phase vier der Aufarbeitung - abgeschlossen. In dieser werden die Skandalinhalte rückblickend zusammengefasst und die daraus gewonnenen Erkenntnisse dargestellt und interpretiert. Als Anlass dafür dienen zum Beispiel Gerichtsverhandlungen.

Jede dieser Phasen wird durch eine Reihe von Faktoren (Skandalinhalt: offensichtlich, brisant, öffentlichkeitswirksam, eindeutig; skandalisierte Unternehmen: Anzahl, Marktposition, Informationswilligkeit, Kooperationsbereitschaft; System: Anzahl der Skandalteilnehmer, Ausmaß und Dauer der Betroffenheit; Berichterstattung: komplementäre Skandale im selben Bereich, konkurrierende andere Gegebenheiten) geprägt, die sowohl deren Länge als auch deren Intensität beeinflussen.

Der Entscheidungsprozess in Krisensituationen gliedert sich in fünf idealtypische Phasen: Die wahrgenommene und bewertete Bedrohung ("Appraising the Challenge").

Wird eine Bedrohung als solche wahrgenommen, gilt es Alternativen zu deren Bewältigung zu suchen ("Surveying Alternatives").

Die erwogenen Alternativen werden anschließend bewertet ("Weighing Alternatives").

Bevor die beste Alternative realisiert und kommuniziert wird, ist die damit einzugehende Verpflichtung zu analysieren ("Deliberating about Commitment").

Der letzte Schritt besteht darin, den eingeschlagenen Kurs trotz eines eventuellen Feedbacks beizubehalten ("Adhering despite Negative Feedback"). Dieser Phase kommt im Skandalfall insofern besondere Relevanz zu, als die Interessen der involvierten Teilnehmer derart vielschichtig sind, dass eine Lösung in Form eines allseits befürworteten Kompromisses in den meisten Fällen unrealistisch ist.

Aus der Empirie geht klar hervor, dass Unternehmen zwar Vorsorge treffen können, dass aber Skandale nicht verhindert werden können. Die Finanzbranche muss sich dessen bewusst sein und deshalb proaktiv alle notwendigen Vorkehrungen für den Fall des Falles treffen (wie dafür einen Krisenstab vorsehen), potenzielle Skandale frühzeitig erkennen und bereits im Vorfeld einer Gefahr reagieren, um diese Herausforderung positiv zu bewältigen.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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