Im Gespräch

"Unser Motto 2010 heißt Attacke"

Dass die Zentrale der Volksbank Bonn Rhein-Sieg mitten im ehemaligen Bonner Regierungsviertel gelegen ist, deutet auf Expansion hin. Wie hat sich Ihr Haus entwickelt?

In der Tat ist die Volksbank Bonn Rhein-Sieg in ihrer heutigen Form in den vergangenen 100 Jahren aus rund dreißig Fusionen entstanden. Den heutigen Namen führt sie aber schon seit 1996 im Zuge der Fusion der damaligen Volksbank Bonn mit der Raiffeisenbank Königswinter und der Eitorfer Raiffeisenbank. In den drei folgenden Jahren 1997 bis 1999 sind dann die Volksbank Hennef, die Raiffeisenbank Vorgebirge und zuletzt die Volksbank Siebengebirge in Bad Honnef auf die Volksbank Bonn Rhein-Sieg fusioniert worden. Seit zehn Jahren besteht die jetzige Volksbank Bonn Rhein-Sieg damit in der bisherigen Form. Ihr Geschäftsgebiet erstreckt sich von West nach Ost über Bornheim, Bonn, Königswinter, Siegburg, Bad Honnef, Hennef, Buchholz und Eitorf bis hin nach Windeck. Es hat damit Ausmaße von rund 40 mal 70 Kilometer. Die Bank hat rund 500 Mitarbeiter, eine aktuelle Bilanzsumme von rund 2,3 Milliarden Euro sowie 31 Filialen, und zwar sowohl in ländlichen wie auch in städtischen Bereichen mit hoher Bankendichte.

Gibt es in den angrenzenden Gemeinden noch Volks- und Raiffeisenbanken, die Ansatzpunkte für weitere Fusionen bieten?

Die genossenschaftliche Strategie der Bündelung der Kräfte mündet bekanntlich in die Zielvorstellung "eine Bank - ein Markt". In dieser Hinsicht besteht im Wirtschaftsraum Bonn Rhein-Sieg sicher noch Potenzial für weitere Zusammenschlüsse. Überschneidungen der Geschäftsgebiete gibt es beispielsweise mit der VR Bank Bonn und der VR Bank Rhein-Sieg in Siegburg. Dazwischen gibt es noch die Raiffeisenbank St. Augustin und die Spar- und Darlehnskasse Aegidienberg. Ein mögliches Zusammenrücken wird in der Region aber unaufgeregt und in gutem Umgang miteinander betrieben. So gibt es mit neun Genossenschaftsbanken aus unserem Umfeld ein regelmäßiges Bankleitertreffen, bei dem ein offener Austausch herrscht, angefangen von der Einschätzung der Marktentwicklung allgemein über neue Produktideen und den Austausch der Prognoserechnungen bis hin zum fachlichen Dialog über BilMoG oder die MaRisk.

Kurzum: Wir haben ein gutes Verhältnis mit den Kollegen aus anderen Genossenschaftsinstituten. Und von kollegialer Hilfe, befristeter Arbeitnehmerüberlassungen und einer möglichen gemeinsamen Servicegesellschaft bis hin zu Fusionen sind noch verschiedene Formen der produktiven Zusammenarbeit denkbar.

Wieso wird ein Haus Ihrer Größenordnung lediglich von zwei Vorständen geleitet?

Nach den letzten Fusionen vor zehn Jahren hatten wir fünf beziehungsweise vier Vorstandsmitglieder. Aber im vergangenen Jahr hat an der Spitze ein Generationenwechsel stattgefunden. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Rudolf Müller und das Vorstandsmitglied Ulrich Kunze sind in den Ruhestand ausgeschieden. Und der frühere Risikovorstand ist in das Sparkassenlager gewechselt. Aufgefangen wurden diese Abgänge nicht zuletzt durch eine Erweiterung der zweiten Ebene. Früher waren dort drei bis vier Bereichsleiter angesiedelt, heute sind es neun.

Das erinnert stark an die Strukturen der Frankfurter Volksbank. Gibt es als weitere Parallele die Beibehaltung der ursprünglichen Namen der fusionierten Genossenschaftsbanken in der Region?

Nein, das ist hier anders. Die fusionierten Institute firmieren durchweg unter dem einheitlichen Namen Volksbank Bonn Rhein-Sieg. Das Stadtgebiet von Bonn wird durch den Rhein-Sieg-Kreis umgeben und bildet so einen gemeinsamen Wirtschaftsraum. Weitere Institutionen wie die IHK Bonn/Rhein-Sieg, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Radio Bonn/Rhein-Sieg, Kreishandwerkerschaft und Innungen Bonn Rhein-Sieg bestätigen die Namensgebung.

Unmittelbar nach den Fusionen wurden zwar vorübergehend Bezeichnungen gewählt, die ein wenig die alte Eigenständigkeit in das Blickfeld gerückt hat. Aber inzwischen ist das zehn Jahre nach der letzten Fusion nicht mehr notwendig. Beibehalten wurde allerdings das Instrument der Regionalbeiräte und der Regionalver sammlungen, wenngleich beide Gremien keine juristische Entscheidungsfunktion haben. Das sind quasi die früheren Mitgliederversammlungen, zu denen wir alle zwei Jahre 400 bis 600 Teilnehmer pro Veranstaltung erreichen. Diese Treffen geben einen guten Einblick in die Belange unserer Mitglieder in der Region.

Wird auch die Bilanzstruktur Ihres Hauses ähnlich wie bei der Frankfurter Volksbank durch die Fusionen begünstigt? Dort weisen die neu hinzugekommenen Partner meist eine vergleichsweise hohe Einlagenlastigkeit auf, während in der ursprünglichen Kernbank das Kreditgeschäft relativ stark ausgeprägt ist.

Diese Struktur kann ich auch für unser Haus bestätigen. Die ursprüngliche Volksbank Bonn war sehr firmenkundenlastig, und die hinzugekommenen ländlichen Regionen haben vergleichsweise wenig Firmenkundengeschäft, aber viel Baufinanzierungsgeschäft und klassisches Einlagengeschäft mitgebracht. Das ergänzt sich gut. Daneben dürfte es noch eine weitere Parallele zu Frankfurt geben. Hier wie dort befindet sich die Volksbank in einer Wachstumsregion mit guten wirtschaftlichen Aussichten und überdurchschnittlicher Kaufkraft für die kommenden zehn Jahre. Der Wandel von der Regierungsstadt in eine Dienstleistungs- und Forschungsregion hat dem Raum Bonn-Rhein-Sieg gut getan.

Wie bewerten Sie die Wettbewerbssituation in der Region?

Stärkste Mitbewerber sind die Sparkassen. In unserem Geschäftsgebiet ist dies die Sparkasse Köln-Bonn und die Kreissparkasse Köln, die beide zu den größten Einheiten der Sparkassenorganisation gehören. Daneben spüren wir die Deutsche Bank und die neue Commerzbank. Und natürlich hält man am Standort Bonn auch die Postbank im Blick.

Empfinden Sie den Wettbewerb als sportlich fair?

Wir haben nach wie vor ein gutes Verhältnis zu den Kollegen der Sparkassen, zumal deren Geschäftsstellen häufig in Sichtweite angesiedelt sind. Der Austausch ist unverändert fair, es findet ein vernünftiges Miteinander statt. Im Wettbewerb mit den Großbanken sind die Bedingungen zuweilen schon härter. Wir erwarten dort weiterhin einen starken Wettbewerb, nicht zuletzt durch die ärgerliche Konditionenpolitik der "SoFFin-Banken". Deren Zinssätze kommen am regionalen Markt teilweise nicht mehr aus der Zinskurve, sondern resultieren aus gezielten Marketingzuschüssen beziehungsweise Refinanzierungsaufschlägen. Es ist nach wie vor höchst ärgerlich, dass ausgerechnet die Bankengruppe, die nicht gestützt werden musste, jetzt in ihren Geschäftsgebieten mit solchen Konditionen konfrontiert ist, die nicht aus dem Markt heraus erklärbar sind.

Welche Auswirkungen hat die Situation der Sparkasse Köln-Bonn auf Ihr Kreditgeschäft? Haben Sie aus deren Beritt viele Neukunden akquirieren können oder wollen Sie das überhaupt nicht? Müssen Sie gegebenenfalls befürchten, mit den Neukunden gerade die schlechten Risiken einzufahren?

Die Sparkasse Köln-Bonn hat aus unserer Sicht kein strukturelles Kreditproblem, sondern wenige Klumpenrisiken, die Sorgen bereiten. Neue Kunden nehmen wir immer gerne auf. Auch gegen deren Kreditvergabe in der Region lässt sich nichts sagen. Sie ähnelt unseren Verfahren. Allerdings haben wir im Kreditgeschäft den Vorteil, die Entscheidungsträger für die Vergabe von Krediten vor Ort zu wissen und nicht in zentralen Einheiten. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal, das wir in der Kundenansprache künftig stärker nutzen wollen.

Die angekündigte Standortoptimierung mit Filialschließungen bei den Wettbewerbern eröffnen uns Möglichkeiten, wechselbereite Kunden aufzunehmen. Unser diesbezügliches Motto 2010 heißt "Attacke".

Die Sparkassenorganisation reklamiert für sich gerne die gesellschaftspolitische Verantwortung für die Region. Wie interpretieren Sie Ihrem genossenschaftlichen Selbstverständnis nach dieses Kriterium für die Volksbank Bonn Rhein-Sieg? Gibt es über die Dienstleistungsfunktion gegenüber den heutigen Mitgliedern hinaus eine Verantwortung für die Kreditversorgung in der Region?

In diesem Punkt sehe ich keine wesentlichen Unterschiede gegenüber den Sparkassen vor Ort. Auch die genossenschaftlichen Primärbanken fühlen sich selbstverständlich ihrer Region verpflichtet. Nach außen dokumentiert die Volksbank Bonn Rhein-Sieg das beispielsweise durch den regelmäßig ausgelobten und mit 25 000 Euro dotierten Innovationspreis für die heimische Wirtschaft. Und auch meine Aufsichtsratsmandate in drei Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Region ist ein Zeichen für die gemeinsame Verantwortung von Kommunen und den ansässigen Volksbanken und Sparkassen.

Wie schätzen Sie die Mitarbeiterzufriedenheit in Ihrem Haus ein?

Wir führen regelmäßig eine Befragung zur Unternehmenskultur durch, die wiederholt positive Ergebnisse gebracht hat. Der anvisierte Umgang miteinander und das Wertesystem haben sich in die gewünschte Richtung verbessert. Die Fragen, wie wir miteinander leistungsorientiert umgehen, wie sich die Führungskräfte und Mitarbeiter dabei fühlen haben einen positiven Trend gezeigt, von den Filialen bis in die Zentrale. Nun arbeiten wir in 2010 noch an einem einheitlichen Führungsverhalten. Das Image der Volkbank Bonn Rhein-Sieg ist gestiegen, bei den eigenen Mitarbeitern und auch in der gesamten Region.

Haben Sie das durch eine Kundenbefragung ermittelt?

Wir haben eine Kundennutzen-Analyse durchgeführt. Die Anwendung dieses Instrumentes geht auf ein Projekt mit dem Management Zentrum St. Gallen zurück. Je Kundensegment werden dazu abends kleine Kundengruppen eingeladen und befragt, wie sie die Volksbank Bonn Rhein-Sieg im Vergleich zu den Wettbewerbern in der Region sehen, etwa den Sparkassen, der Postbank und den Großbanken. Dabei sind wir in der Wahrnehmung gegenüber den Mitbewerbern bei vielen Kriterien, die von den Kunden als Nutzen wahrgenommen werden, besser geworden.

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