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Online-Abschluss - Abschied von Postident?

Lange Zeit hatte die Deutsche Post gewissermaßen ein Monopol auf die Abwicklung der Identitätsprüfung beim Online-Abschluss von Finanzprodukten. Der Verbesserung der Bequemlichkeit solcher Abschlüsse waren damit immer Grenzen gesetzt. Denn es blieb die Hürde des Medienbruchs.

Diese Zeiten scheinen nun endgültig zu Ende zu gehen: Es gibt inzwischen Alternativen. Die Identifikation mit Hilfe des neuen Personalausweises ist bislang zwar ein frommer Wunsch. Denn kaum ein Verbraucher hat das Zusatzgerät, das für eine solche (eigentlich angedachte) Nutzung des elektronischen Ausweises erforderlich wäre.

Doch es geht auch leichter, wie die ING-Diba es vormacht: Seit September hat die Direktbank in Zusammenarbeit mit einem Dienstleister die Video-Legitimation im Angebot. Dabei können sich Neukunden ohne Medienbruch identifizieren, sofern sie nur über eine Webcam verfügen.

Um sich zu identifizieren, muss der Kunde den Video-Aufruf über eine aktuelle Version des Firefox, Chrome- oder Opera-Browsers starten, bei denen die im Hintergrund benutzte Web-RTC-Funktionalität automatisch integriert ist. Sodann wird er aufgefordert, einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit Vorder- und Rückseite vor die Webcam zu halten. Dabei muss er den Ausweis mehrfach kippen und bewegen, sodass das Hologramm und weitere Sicherheitsmerkmale geprüft werden können. Zusätzlich wird die Ausweisnummer erfasst und es werden Fotos vom Kunden angefertigt. Abschließend erhält der Antragsteller per E-Mail oder SMS eine TAN, mit der er die Legitimation online bestätigen kann.

Bisher ist die Wahl zwischen Video-Legitimation und Postident ausschließlich bei Eröffnung eines Tagesgeldkontos verfügbar. Die Freischaltung für weitere Produkte ist jedoch in Planung. Vermutlich wird die Ausweitung des Angebots von der Akzeptanz beim Kunden abhängen. Die Erwartung der Bank, dass sich ein substanzieller Anteil der Kunden für das neue Verfahren entscheiden wird, scheint aber nicht überzogen.

Denn das Verfahren dauert nach Angaben der Bank lediglich drei bis fünf Minuten. Gut möglich, dass mancher Kunde etwas länger braucht, bis sein Ausweis in allen Positionen richtig eingelesen ist. Doch selbst dann wird die Lösung den Vergleich mit dem Gang zur Post allemal aushalten. Der Abschied von Postident könnte damit eingeläutet sein. Schließlich ist der Medienbruch eine der Hürden, die zum Abspringen von Kunden im Laufe des Abschlussprozesses führen kann. Von der Ausschaltung dieser Hürde profitieren können Direkt- wie Filialbanken gleichermaßen. Denn auch Filialbanken können auf diesem Wege online-affine Kunden eine höhere Bequemlichkeit bei der Kontoeröffnung bieten.

Für die Postbank dagegen könnte eine zunehmende Verbreitung eines solchen neuen Identifikationsweges die Funktion des Postident-Verfahrens als Frequenzbringer in den Filialen und damit als Möglichkeit zur Ansprache der Kunden auf das Angebot der Postbank anzusprechen, kräftig aushöhlen. Gänzlich veröden werden die Postbank-Filialen gleichwohl sicher nicht: Dafür sorgt zumindest einstweilen noch der wachsende E-Commerce. Denn bis jeder Haushalt über eine eigene Paketbox verfügt, in denen auch in Abwesenheit Pakete entgegengenommen beziehungsweise Rücksendungen für den Postdienstleister deponiert werden können, wird es sicher noch eine ganze Weile dauern. Red.

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