Mittelstandsgeschäft

Private Equity: Kapital mit Mehrwert

Eigenkapital ist eine wesentliche Grundlage für unternehmerische Aktivität. Das zeigt sich spätestens im Gespräch mit den Banken: Aus deren Sicht ist ein solider Eigenkapitalstock Bedingung für die Vergabe von Krediten. Gleichwohl ist die Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich niedrig. Beteiligungsgesellschaften können die Finanzsituation gerade mittelständischer Unternehmen nachhaltig verbessern. Das Kapital, das von ihnen bereitgestellt wird, heißt Private Equity, also Beteiligungskapital für nichtbörsennotierte Unternehmen. Die Bezeichnung "private" versteht sich dabei im Gegensatz zu "public equity", also börsennotiertem Kapital. Private-Equity-Gesellschaften investieren nämlich fast ausschließlich in nicht-börsennotierte Unternehmen. Nach herrschender Meinung sollte das Eigenkapital bei produzierenden Unternehmen etwa ein Drittel der Bilanzsumme ausmachen. Gemessen daran sind viele Unternehmen in Deutschland unterkapitalisiert, denn die Eigenkapitalquote von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) betrug 2008 nach Angaben des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV) etwa 13,9 Prozent. Eigenkapitalquoten unter 20 Prozent gelten weithin als bedenklich, Quoten unter zehn Prozent in vielen Branchen gar als bedrohlich. Für junge Technologieunternehmen liegt die Messlatte noch höher: Eigenkapitalquoten unter 50 Prozent können aufgrund ihres spezifischen Risikoprofils existenzgefährdend sein.

Mehrwert für die Unternehmen

Eigenkapital trägt in der Unternehmensfinanzierung zu einer höheren Liquidität bei, da hierfür keine Zins- und Tilgungszahlungen anfallen. Beteiligungskapital öffnet dadurch Spielraum für neue Kreditlinien, neue Investitionen und organisches wie auch externes Wachstum durch Unternehmenszukäufe. Letzten Endes kann sich dies positiv auf den Unternehmenswert auswirken. Maßgeblich für den Erfolg ist dabei allerdings die kluge Mischung der verschiedenen Finanzierungsinstrumente. Private Equity ist vor diesem Hintergrund eine interessante Finanzierungsalternative. Vor allem handelt es sich nicht nur um Kapital, sondern es ist "unternehmerisches" Kapital. Private-Equity-Gesellschaften besitzen oft ein einzigartiges Know-how über unternehmerische Prozesse und die erfolgreiche strategische Ausrichtung von Unternehmen. Dieses Know-how bringen sie ebenfalls ein, sie werden zu "aktiven Gesellschaftern" und schaffen dadurch einen zusätzlichen Mehrwert für das Unternehmen - weit über die reine Zuführung von Kapital hinaus.

Finanzkrise machte Neudenken der Finanzierung notwendig

Seit fast zwei Jahren dominiert die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise die Unternehmen und den Kapitalmarkt. Als Reaktion darauf müssen gerade viele Mittelständler ihre Unternehmensfinanzierung neu aufstellen. Die Devise lautet: Eigenkapitalquoten hoch, um die Bonität zu erhöhen und unabhängiger von den Fremdkapitalgebern zu sein. Ein möglicher Weg ist dabei eine Kapitalbeteiligung einer Private-Equity-Gesellschaft. Ob Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung, ob Wachstumsfinanzierung oder Nachfolgeregelung: Die Private-Equity-Branche ist breit aufgestellt und hat genug Kapital, um auch in diesen Zeiten in deutsche Unternehmen zu investieren.

Nachdem 2009 das Investitionsvolumen der Branche stark zurückgegangen ist, rechnet der BVK für 2010 mit einer deutlichen Zunahme des Geschäfts. Die Konjunktur hellt sich auf, Bewertungen sind wieder möglich. Im vergangenen Jahr wurden 1 200 deutsche Unternehmen vom Start-up bis zum Großunternehmen mit Beteiligungskapital finanziert. Fast 2,3 Milliarden Euro flossen damit in die deutsche Wirtschaft, um das dringend benötigte Wachstum zu finanzieren.

Private Equity ist eine Partnerschaft auf Zeit, von der beide Seiten profitieren können.

Die Unternehmen erhalten Eigenkapital, das mitdenkt und neues Wissen in das Unternehmen bringt.

Die Private-Equity-Gesellschaften profitieren von der Wertsteigerung der Beteiligung. Sie können nur dann einen Gewinn erzielen, wenn das Unternehmen nach durchschnittlich vier bis sieben Jahren deutlich an Wert gewonnen hat.

Damit die Beteiligung für beide Seiten ein Erfolg wird, prüfen sich Beteiligungsgesellschaft und das kapitalsuchende Unternehmen vor Abschluss des Beteiligungsvertrags gegenseitig ganz genau.

Verschiedene Finanzierungsanlässe

Allen Private-Equity-Gesellschaften ist gemein, dass sie in nicht-börsennotierte Unternehmen investieren. Nur in Ausnahmefällen kaufen sie Aktien von bereits börsennotierten Unternehmen - in der Regel mit dem Ziel, diese danach von der Börse zu nehmen, um den Wert der Unternehmen jenseits der Quartalsberichtserstattung zu steigern. Je nach Strategie erwerben Pri-vate-Equity-Investoren Unternehmen aus ganz bestimmten Branchen oder in spezifischen Entwicklungsphasen.

Man spricht von Wagniskapital, wenn mit Beteiligungskapital Unternehmen in der frühern Phase ihrer Entwicklung finanziert werden, um die Unternehmensplanung oder -gründung zu ermöglichen.

Ein weiterer Finanzierungsanlass ist die Expansions- oder Spätphasenfinanzierung bei bereits etablierteren Unternehmen. Bei diesen Unternehmen kommen auch Mehrheitsübernahmen in Frage, wobei der Investor meist einen dominierenden Teil der Unternehmensanteile übernimmt und neuer Haupteigentümer wird. Der Trend in Deutschland geht derzeit aber in Richtung Minderheitsbeteiligungen. So war eine der ersten großen Beteiligungen 2010 der Einstieg der internationalen Private-Equity-Gesellschaft KKR bei der Wild Flavours Gruppe (CHECK) - eine reine Eigenkapitalbeteiliung in Höhe von 35 Prozent.

Nicht für alle die richtige Lösung

Der Großteil der in den letzten Jahren in Deutschland mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen ist dem Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zuzuordnen. 2009 hatten rund neun von zehn finanzierten Unternehmen weniger als 200 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro.

Private Equity ist nicht für jedes Unternehmen die richtige Lösung, und nicht jedes Unternehmen eignet sich für eine Private-Equity-Finanzierung. Wann kommt für ein Unternehmen Private Equity überhaupt in Frage? Mittelständische Unternehmen suchen beispielsweise in folgenden Situationen nach Eigenkapitalquellen:

Starkes Wachstum: Um den Marktanteil zu halten, muss erheblich in Fertigungskapazitäten investiert beziehungsweise die internationale Präsenz auf- oder ausgebaut werden.

Wachstumsschwelle: Komplexere Strukturen werden nötig, wenn eine bestimmte Größenordnung überschritten wird. Diese aufzubauen erfordert Kapital.

Klassische Finanzierungsinstrumente ausgereizt: Verfügbare Fördermittel und Kredite wurden ausgeschöpft - dennoch ist zusätzliches Kapital nötig.

Zinsdruck: Die Profitabilität reicht vorübergehend noch nicht aus, um zusätzliche Kapitalkosten zu bedienen.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten: Das Unternehmen befindet sich in einer temporären Krise, hat aber grundsätzlich eine positive Zukunftsprognose. Der Fortbestand des Unternehmens lässt sich durch die Einbringung von frischem Eigenkapital sichern.

Unternehmensverkauf: Das Unternehmen trennt sich von Randaktivitäten, um sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Fehlende Nachfolgeregelung: Etwa 70 000 Unternehmen müssen sich jedes Jahr mit der Nachfolgefrage auseinandersetzen. Wenn sich kein Nachfolger in der Familie findet, das Unternehmen aber selbstständig bleiben soll, muss eine familienexterne Nachfolgeregelung gefunden werden.

Familiäre Gründe: Erbfolge, Schenkung oder Scheidung können dazu führen, dass Privatvermögen, das bisher größtenteils im Unternehmen gebunden war, abgezogen wird.

Mangelnde Investitionsbereitschaft: Bisherige Gesellschafter sind - trotz großen Bedarfs - nicht bereit oder in der Lage, weitere Teile ihres Vermögens in das Unternehmen zu investieren.

Letzten Endes gilt also: Kein Unternehmen gleicht dem anderen. Unternehmen unterscheiden sich in der Struktur, Ausrichtung, Entwicklungsphase und Zukunftserwartung zum Teil deutlich. Entsprechend unterschiedlich ist der Fokus beziehungsweise der Investmentansatz einer Private-Equity-Gesellschaft.

Auf der Suche nach einem passenden Private-Equity-Partner ist es für den Unternehmer hilfreich, sein Unternehmen vorweg selbst realistisch einzuschätzen. Dies macht die Suche nach und Auswahl einer möglichen Beteiligungsgesellschaft einfacher, da präziser nach deren Investitionskriterien ausgewählt werden kann.

Die Anbieter von Beteiligungskapital in Deutschland haben unterschiedliche Investmentansätze. Eines ist jedoch allen gemein: Ziel einer jeden Private-Equity-Gesellschaft ist die Wertsteigerung des Unternehmens, in das sie investiert haben. Nur so können sie dieses Unternehmen eines Tages wieder mit Gewinn verkaufen und eine Rendite für ihre Kapitalgeber erzielen.

Unabhängige und abhängige Fonds

Die unabhängigen Fonds investieren Kapital, das sie zuvor bei sogenannten Kapitalsammelstellen angeworben haben. Kapitalsammelstellen sind vor allem Pensionskassen, Versicherungen, Family Offices, Stiftungen, aber auch Staat- und Dachfonds. Die unabhängigen Fonds streben in der Regel Mehrheitsbeteiligungen an und investieren meist überregional. Manche konzentrieren sich auf bestimmte Branchen oder Größenordnungen ihrer Investitionen.

Viele Banken, Sparkassen und auch einige Versicherungen haben eigene Beteiligungsfonds. Das Kapital dieser Fonds wird also in der Regel direkt von der Mutter zur Verfügung gestellt. Viele von diesen abhängigen Fonds investieren vor allem in Form von stillen Beteiligungen oder gehen vor allem Minderheitsbeteiligungen ein, einige streben aber auch Mehrheiten an. Die meisten abhängigen Fonds sind zudem stark regional fokussiert, investieren also bevorzugt dort, wo sie selber ansässig sind.

Die Förderer sind in der Regel Einrichtungen des Bundes oder der Länder. Sie haben einen gezielten industriepolitischen Förderauftrag und sollen somit nicht mit den privaten Anbietern in Wettbewerb treten. Ihre Aufgabe ist es, insbesondere kleinere Mittelstandsunternehmen zu unterstützen. Wichtige Anbieter in diesem Segment sind etwa die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen), die fast ausschließlich stille Beteiligungen eingehen.

"Buy-Out" mit Mehrheitsbeteiligungen

Um eine Wertsteigerung des Unternehmens zu erreichen, möchten die Beteiligungsgesellschaften einen gewissen Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens nehmen können. Um ihre Ziele umsetzen zu können, streben viele unabhängige Gesellschaften danach, eine Mehrheit in einem Unternehmen zu erwerben. Schließlich bringt jeder Private- Equity-Fonds nicht nur Kapital, sondern auch unternehmerisches Know-how in ein Unternehmen ein. Das Management des Unternehmens wird bei der Finanzierung immer mit eingebunden, erwirbt also auch Anteile des Unternehmens. Manager werden somit zu Unternehmern.

Buy-Out-Gesellschaften haben maßgeblich zum Umbau der Deutschland AG beigetragen, indem sie Unternehmen aus Konzernverbünden (Spin-off) gekauft und in die Unabhängigkeit geführt haben. Häufig werden sie aktiv, wenn Privatpersonen oder Familien Unternehmen verkaufen, etwa aufgrund fehlender Unternehmensnachfolger. Große, insbesondere interna tionale Gesellschaften sind auf größere mittelständische Unternehmen konzentriert. Es gibt aber auch viele nationale Buy-Out-Gesellschaften, die traditionell in den deutschen Mittelstand investieren.

Minderheitsbeteiligungen zur Wachstumsfinanzierung

Minderheitsbeteiligungen oder auch stille Beteiligungen werden meist zur Wachstumsfinanzierung bereitgestellt. Hier sind vor allem die abhängigen Fonds, aber auch manche unabhängige Fonds aktiv. Nicht selten werden diese Beteiligungen auch über die üblichen drei bis sieben Jahre hinaus gehalten. Insbesondere Familienunternehmen bevorzugen Minderheitsbeteiligungen, weil sie so weiter über die Ausrichtung des Unternehmens bestimmen können. Allerdings möchten sich auch die Wachstumsfinanzierer in die strategische Ausrichtung des Unternehmens einbringen. Oft sind sie deshalb mit einem oder zwei Sitzen in den Beiräten vertreten.

Einzelne Anbieter arbeiten hochspezialisiert in typischen Situationen oder Branchen: Sie konzentrieren sich etwa auf Unternehmen, die in einer Krise oder Umbruchsituation stecken. Ihr Ziel ist dann die Sanierung dieser Unternehmen und in der Folge eine nachhaltige Wertsteigerung. Auch ein branchenspezifischer Fokus (zum Beispiel Maschinenbau, Cleantech oder IT) ist weit verbreitet.

Intermediäre vernetzen Unternehmen mit Kapitalgebern

Mehr als 210 Beteiligungsgesellschaften sind ordentliches Mitglied im BVK, von Wagniskapitalfinanzierern, über Wachstumsfinanzierer bis hin zu Buy-Out-Häusern. Um Kapitalsuchende zu unterstützen, hat der BVK auf seiner Homepage www.bvkap.de eine Suchfunktion eingerichtet. Dort können Unternehmen anonym ihren Kapitalbedarf spezifizieren und eine Abfrage starten. Sie erhalten dann eine Liste mit Profilen derjenigen BVK-Mitglieder, die für eine Finanzierung grundsätzlich infrage kommen. Diese können von den Unternehmen dann kontaktiert werden.

Spezialisierte Dienstleister - Intermediäre - helfen dabei, Beteiligungsgesellschaften und kapitalsuchende Unternehmen zusammenzubringen. Ihre Rolle ist auch deshalb so wichtig, weil nicht alle mittelständischen Unternehmen über tiefere Kenntnisse in strukturierter Unternehmensfinanzierung verfügen. Die Chancen, die in der Zusammenarbeit mit Beteiligungsgesellschaften liegen, sind vielen Unternehmen kaum bekannt. Auch langjährige Vertraute von Mittelstandsunternehmern, etwa Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte, können aufgrund der Komplexität zeitgemäßer Private-Equity-Transaktionen zusätzlichen Beratungsbedarf haben.

In den letzten Jahren hat sich jedoch eine Fülle von teils hochspezialisierten Finanzierungsberatern im Markt etabliert. Die Prozesse rund um den Kauf und Verkauf von Unternehmen oder die Einwerbung von Kapital werden immer professioneller. Intermediäre, die dem deutschen Mittelstand helfen können, profitablere Finanzierungsstrukturen zu finden, sind typischerweise Berater von Banken und Sparkassen, M&A-Berater, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte sowie Unternehmensberater oder spezialisierte "Corporate Finance Boutiquen".

Als assoziierte Mitglieder sind mehr als 100 Berater und Intermediäre im BVK or ganisiert. Ihre Profile sind auf der BVK-Website www.bvkap.de einsehbar. Dort findet man ebenfalls die Profile aller im BVK organisierten Beteiligungsgesellschaften zusammen mit einer Suchfunktion, anhand derer spezifische Beteiligungsgesellschaften identifiziert werden können.

Private Equity kann deutschen Unternehmen viel bieten. Am besten ist es, wenn man sich an einem Beispiel anschaut, wie sich ein Unternehmen entwickelt. Der BVK hat dazu eine umfassende Sammlung von Fallstudien erstellt. Die mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen werden dort vorgestellt, es wird über ihre Zusammenarbeit mit der Private-Equity-Gesellschaft sowie über die Auswirkungen des Engagements der jeweiligen Gesellschaft berichtet. Alle Fälle zeigen, wie unterschiedlich die Finanzierungsanlässe waren. Sie zeigen aber auch, wie wichtig Private Equity als Finanzierungsform für zahlreiche deutsche Unternehmen geworden ist - weil sie vom Know-how und der finanziellen Unterstützung profitieren, und weil sie mit Beteiligungskapital wachsen können. Deutschland braucht Wachstum, Wachstum braucht Kapital. Private Equity kann dieses Kapital bereitstellen.

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