Vor Ort

Quirin Bank: Flatrate statt Provisionen

Die Quirin Bank AG hat in den knapp zehn Jahren ihrer Geschichte schon so manche Wandlung mit drei Gesellschafterwechseln und vier verschiedenen Firmierungen hinter sich. 1998 als Berliner Effektenbank mit den Geschäftsfeldern Private Banking und Corporate Finance gegründet, wurde sie schon nach zwei Jahren von der Berliner Effektengesellschaft zu 85 Prozent an die Consors Discount Broker AG verkauft und in Consors Capital AG umbenannt. Ebenfalls im Jahr 2000 wurde das Geschäftsfeld Business Process Outsourcing aufgebaut, mit dem sich die Bank als Abwicklungsdienstleister positioniert.

Im Zuge der Übernahme von Consors durch die BNP Paribas im Jahr 2002 wechselte auch die Consors Capital Bank den Eigentümer, um dann 2003 durch die Berliner Effektengesellschaft mit Beteiligung zweier Vorstände zurückgekauft zu werden. 2005 übernahm die Bank die Setis-Bank von der Sachsen-LB und firmierte in CCB Bank um. Gleichzeitig wurde die Sachsen-LB Mandant in der Wertpapierabwicklung. Im Full Outsourcing konnte 2005 das Bankhaus Julius Bär als Kunde gewonnen werden.

Name mit Deutungsspielraum

Zum 23. Mai 2006 wechselte die Bank erneut ihren Namen in Quirin Bank AG. Es folgten der Börsengang und eine strategische Neuausrichtung mit dem Start des Geschäftsfelds Private Banking, das auf eine Monatspauschale statt auf Provisionen setzt.

Der historischen Verankerung des Namens Quirin Bank - dazu gehören der sabinische Kriegsgott Quirinus, der dem römischen Hügel Quirinalis seinen Namen gab, sowie vier christliche Märtyrer, unter ihnen ein Heiliger, der unter anderem als Schutzpatron der Ritter gilt - ist man sich durchaus bewusst. Im Logo der Bank findet sich denn auch ein lanzenschwingender Reiter auf einem arabischen Hengst, einem alten Stich entlehnt, aber für die Integration ins Logo verfremdet.

Konkret auf eine der historischen Wurzeln beziehen möchte man sich aber nicht. Gewählt wurde der Name laut Angaben der Bank vor allem deswegen, weil er frisch klingt und persönlich ist, so wie es die Beratung der Kunden sein soll. Eine tiefere Botschaft (die sich der Mehrheit der potenziellen Kunden wahrscheinlich ohnehin nicht erschließen würde) ist mit der Namenswahl aber nicht verbunden. Medienberichten wonach Name und Reiter darauf hindeuten, dass die Bank eine Lanze für den Kunden brechen wolle - was sich ebenso mit dem Lanzengott Quirinus wie mit dem Schutzpatron der Ritter vereinbaren ließe - wird man am Berliner Kurfürstendamm dennoch nicht ungern hören. Schließlich lässt sich der Vorstandsvorsitzende Karl Matthäus Schmidt mit dem Satz "Die meisten Kunden warten auf eine Bank, die eindeutig und glaubhaft ihre Interessen vertritt" zitieren.

Consors-Gründer Karl Matthäus Schmidt als Vater des Konzepts Schmidt, der 1994 die Consors Discount Broker AG als seinerzeit ersten Online-Broker in Deutschland gegründet hatte, ist es, der ganz wesentlich für die 2006 eingeleitete Neuausrichtung der Bank verantwortlich zeichnet.

Wie seinerzeit mit Consors, versteht er sich auch mit der Quirin Bank als "First Mover" im deutschen Markt: Um sich dem gängigen Vorwurf einer provisionsgesteuerten Beratung zu entziehen, berechnet die Bank ihren Kunden im Private Banking eine monatliche Flatrate, verzichtet dafür aber im Gegenzug auf Vermittlungs- und Bestandsprovisionen, sondern schreibt sämtliche Vergütungen dem Kundenkonto gut.

Bei der Vermögensbegleitung sind mit 75 Euro pro Monat die Finanzanalyse, Beratungsgespräche, Konfoführung und 75 Transaktionen pro Jahr enthalten.

Bei der Aktienberatung berechnet die Bank 1,2 Prozent des Depotvolumens bei Aktien, Fonds und Zertifikaten sowie 0,6 Prozent bei festverzinslichen Wertpapieren.

Und bei der Vermögensverwaltung wird ein Erfolgshonorar in Höhe von 20 Prozent des echten Anlageerfolgs berechnet. Die Kundeninteressen sind also mit denen der Bank identisch.

Zielgruppe sind Privatpersonen mit einem "mittleren" Vermögen, worunter die Spanne zwischen 50 000 und 250 000 Euro verstanden wird. Sie sollen individuell und vor Ort durch einen festen persönlichen Ansprechpartner betreut werden.

Neben ihrem Hauptsitz am Berliner Kurfürstendamm ist die Bank deshalb mit neun weiteren Standorten vertreten: in München, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg, Hof und Braunschweig. In den kommenden Jahren sollen noch mindestens sechs weitere Städte folgen.

Kontinuierlich ausgebaut wird auch die Zahl der "Vermögensbegleiter" genannten Berater. Am Jahresende 2006 waren es 20, Mitte 2007 bereits 38. Und bis zum Jahresende sollen es 60 sein. Die Back- Office-Kräfte eingeschlossen, geht man von einem Wachstum der Mitarbeiterzahl um 30 Prozent pro Jahr aus.

Leistungsversprechen als "Gesetzbuch"

Beworben wird das Flatrate-Konzept seit Dezember mit dem Motto "Jetzt gelten neue Gesetze für Vermögen ab 50 000 Euro". Diese zehn Gesetze sind zugleich das Leistungsversprechen der Bank, das jedem Kunden und Interessenten in Buchform überreicht wird. Kernbotschaften sind absolute Unabhängigkeit in der Beratung, deswegen auch der Verzicht auf hauseigene Produkte sowie auf Provisonen und Kick-Backs und auf Vermögensumschichtungen, die nur dem Zweck dienen, neue Provisionen zu erzielen.

Im Mittelpunkt der von der Berliner Werbeagentur zum goldenen Hirschen entwickelten Cross-Media-Kampagne steht ein Absperrband, das den Bruch zwischen der bisherigen Private-Banking-Welt und dem Angebot der Quirin Bank symbolisieren soll. Der Mediamix sah neben Anzeigenwerbung im "Spiegel" auch Online-Elemente vor. Und insbesondere mit der Werbung im Internet hat man gute Erfahrungen gemacht: 40 Prozent der Interessenten konnten über Online-Maßnahmen gewonnen werden. Inzwischen wird die im Dezember 2006 gestartete Kampagne auf regionaler Ebene weitergeführt.

10 000 Kunden bis zum Jahr 2010?

Obwohl sich der Etat mit einer halben Million Euro eher bescheiden ausnimmt, kann sich der Erfolg der Kampagne sehen lassen: Bis Mitte 2007, also innerhalb eines halben Jahres, konnte die Bekanntheit der neuen Marke in der relevanten Zielgruppe auf gestützte 25 Prozent gesteigert werden. Auch hinsichtlich des Ziels, pro Monat 1 000 potenzielle Kunden für die Bank zu gewinnen, liegt die Bank eigenen Angaben zufolge im Plan.

Das Ziel, die Zahl der Privatkunden bis zum Jahr 2010 auf 10 000 Kunden zu steigern, scheint dennoch ehrgeizig: Im Juni 2007 waren es erst 1 300 Kunden. Angesichts des bisherigen Wachstumstempos ist man in Berlin dennoch zuversichtlich, die Zielmarke im vorgesehenen Zeitraum erreichen zu können. Ab 2009 soll der im Dezember 2006 gestartete Geschäftsbereich Private Banking dann auch schwarze Zahlen schreiben.

Regulatorische Veränderungen stärken das Geschäftsmodell

Als Chance für das eigene Geschäftsmodell bewertet man dabei die Wechselwilligkeit vieler Bankkunden, den deutlich gestiegenen Bedarf an privatem Vermögensaufbau sowie ein erhöhtes Kostenbewusstsein der Kunden.

Gestärkt werde das auf Offenlegung aller Kosten und Rückvergütung sämtlicher Provisionen basierende Konzept aber nicht zuletzt durch die regulatorischen Veränderungen für mehr Verbraucherschutz am Markt für Finanzdienstleister.

"Klassische Vermögensberatung" wird unter eigener Marke fortgeführt Allerdings: Auch die "klassische" individuelle Vermögensberatung und -verwaltung hat die Quirin Bank nicht ganz abgeschafft. Unter der Marke "Berliner Effektenbank" wird die regionale Individualkundenbetreuung bestehender Privatkunden - fokussiert auf den Raum Berlin - fortgeführt.

Als Nischenanbieter sieht man sich in den Geschäftsfeldern Corporate Finance und Business Process Outsourcing. Beim Outsourcing liegen die Schwerpunkte auf Vermögensverwaltung, Makler und Depot-A-Geschäft mit Leistungen, bei denen Individualität statt Skaleneffekte in Vordergrund stehen. Als wichtigste Wettbewerber werden hier die dwp Bank und DZ Bank/Fiducia für den genossenschaftlichen Verbund genannt. Im Corporate-Finance-Geschäft zählt man sich zu den ersten Investment-banking-Anbietern für kleine und mittlere Unternehmen. Zum Leistungsspektrum gehören Projektmanagementaufgaben, Unternehmensbewertungen und Börseneinführungen im deutschsprachigen Raum. Die Cost Income Ratio dieses Geschäftsbereichs beträgt 16,7 Prozent.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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