Finanzdienstleister und die Öffentlichkeit

Ratenkredite - zwischen Konsumkatalysator und rotem Tuch

Kredite ermöglichen Investitionen. Dies gilt nicht nur für Staaten und für Unternehmen, sondern auch in zunehmendem Maße für Verbraucher. Kredite sind inzwischen zum festen Bestandteil des Konsumalltags geworden. So nutzt jeder vierte Verbraucherhaushalt regelmäßig Ratenkredite, um Konsumgüter vom Laptop bis zum Automobil zu finanzieren. Faktisch ist der Ratenkredit damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nur vereinzelt herrscht noch die Meinung vor, man solle erst sparen und dann kaufen. Die landläufige Vorstellung, Kreditnehmer seien nur in den unteren Einkommensschichten zu finden, trifft dabei allerdings überhaupt nicht zu. Vielmehr spiegelt eine aktuelle Untersuchung der GfK Finanzmarktforschung wider, dass alle Einkommensklassen Ratenkredite nutzen, um Konsumgüter zu finanzieren. So verfügen mehr als 40 Prozent der Ratenkreditnutzer über ein Haushaltsnettoeinkommen von 2 500 Euro oder mehr. Knapp jeder Zehnte erhält monatlich sogar 4000 Euro.

Kredit bedeutet, mehr zu investieren als man schon erspart hat, und anschließend "nachzusparen". Es stellt sich in der Tat die Frage, welcher Anteil der Bevölkerung überhaupt zum "Vorsparen" in der Lage ist. Mit anderen Worten, wie viele Verbraucher könnten die 16000 Euro, die ein Pkw im Durchschnitt in der Anschaffung kostet, überhaupt aus dem Ersparten bestreiten?

Kredite sind gerade auch für die Verbraucher, die nicht sparen können oder nicht sparen wollen, lebensnotwendig, um sich Konsumgüter überhaupt erst anschaffen zu können. So gesehen übernehmen sie volkswirtschaftlich betrachtet die Funktion eines Katalysators für den privaten Konsum. Ohne Kredite wäre für viele Verbraucher also kein Konsum möglich. Rund die Hälfte aller Verbraucher hätte ihre finanzierten Waren ohne Kreditangebote nicht angeschafft - aus gutem Grund. Sie hatten nicht die entsprechenden Ersparnisse auf dem Konto.

Privatinsolvenzen rückläufig

Trotz der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Krediten sind sie für Teile des Ver braucherschutzes nach wie vor ein rotes Tuch und stehen häufig in der Kritik, da sie als Auslöser für Überschuldung gesehen werden, nach dem Motto: ohne Schulden keine Überschuldung.

Die Hauptgründe für private Überschuldung sind allerdings nicht die Kredite selbst, sondern vielmehr Arbeitslosigkeit, Trennung vom Partner und Krankheit, also alles Gründe, welche die Erwerbslage des jeweiligen Verbraucherhaushalts in besonderem Maße strapazieren. Die Überschuldung entsteht dann aufgrund des reduzierten oder mangelnden Einkommens, aus dem der Verbraucher seine monatlichen Lebenshaltungskosten nicht mehr bestreiten kann. Diese monatlichen Kosten bestehen dabei in der Regel aus Miete, Strom und Wasser sowie Ausgaben für Lebensmittel sowie Gesundheit und zum Teil auch aus Kreditraten.

Grundsätzlich hat jede Bank ein Interesse daran, verliehenes Geld wieder zurückzuerhalten, daher setzen Banken alles daran, eine Überschuldung des Verbrauchers, die schlimmstenfalls in einer Privatinsolvenz münden kann - durchaus auch im eigenen Interesse - zu vermeiden. Im Jahr 2010 meldeten rund 109000 Verbraucher die Privatinsolvenz an, das waren 7,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Für das Jahr 2011 ist dieser Trend aber wieder rückläufig. In den ersten acht Monaten des Jahres gab es weniger als 70000 Verbraucherinsolvenzen und damit 4,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Situation hat sich also merklich entspannt.

Überschuldungsprävention

Laut statistischem Bundesamt ist bei rund 29 Prozent der überschuldeten Verbraucher Arbeitslosigkeit die Ursache für ihre finanzielle Misere. An zweiter Stelle rangieren mit 14 Prozent Trennungen beziehungsweise Scheidungen oder der Tod des Partners. In elf Prozent der Überschuldungsfälle sind Erkrankungen, Süchte oder Unfälle als Ursachen erkennbar. Nur zehn Prozent der Überschuldungen liegen in einer unwirtschaftlichen Haushaltsführung begründet.

Gegen die häufigsten Gründe einer Überschuldung können sich Verbraucher mit einer Restkreditversicherung (RKV) absichern. Rund ein Viertel aller Ratenkreditnutzer hat eine entsprechende Versicherung abgeschlossen, die restlichen drei Viertel bleiben unversichert. Die Mehrheit der Versicherten entscheidet sich für einen Rundumschutz gegen die Risiken, Tod, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit, also genau die Ereignisse, die zu den wichtigsten Auslösern einer Überschuldung zählen.

Die Versicherung sei zu teuer oder gänzlich unnütz, heißt es vielerorts. Interessanterweise wird diese Kritik nur bei der Absicherung von Ratenkrediten vorgebracht. Die zahlreichen Verbraucherexistenzen, die durch die Restkreditversicherung gerettet wurden, werden freilich nirgendwo zitiert.

In Großbritannien ist das Produkt inzwischen aufgrund regulatorischer Auflagen so gut wie tot, mit dem Erfolg, dass nun nahezu alle Verbraucherdarlehen unversichert sind. Eine Abnahme der Insolvenzen ist im Vereinigten Königreich daher wohl nicht zu erwarten - im Gegenteil. Angesichts wachsender Unsicherheit auf dem Arbeitsmarkt werden die Insolvenzen dort eher noch zunehmen.

Zum Glück gibt es in der Bundesrepublik - im Gegensatz zu Großbritannien, wo Zinsen von mehreren hundert Prozent zustande kommen können - eine gut funktionierende Rechtsprechung zur Marktüblichkeit von Kreditkonditionen. Es ist also weiterhin davon auszugehen, dass sich Verbraucher absichern dürfen, sofern sie dies wünschen.

Kredit mit Verantwortung - über das Gesetz hinaus

Der Markt für Ratenkredite in Deutschland ist extrem fragmentiert. Den größten Teil der Ratenkredite vergeben mit einem Anteil von 43 Prozent die Regional- und sonstigen Kreditbanken. Die Sparkassen ver geben rund ein Viertel aller Ratenkredite und die Genossenschaftsbanken etwa 18 Prozent, während die Großbanken nur knapp vier Prozent des Marktes vertreten. Dem Verbraucher steht also eine denkbar große Auswahl an Kreditinstituten zur Verfügung, wenn er einen Kredit aufnehmen möchte.

Mehr als die Hälfte aller Ratenkredite wird dabei von den Kreditbanken vergeben, die sich auf Finanzierungen spezialisiert haben und im Bankenfachverband organisiert sind. Als Experten für Finanzierung und Marktführer sehen sie sich in einer besonderen Verantwortung bei der Kreditvergabe, der sie mittels konkreter Maßnahmen gerecht werden.

Die im Bankenfachverband organisierten Kreditbanken haben sich darauf verständigt, ihre Verantwortung in einem Zehn-Punkte-Kodex festzuschreiben und mittels klar definierter Maßnahmen zu untermauern. Damit dokumentieren sie einerseits das hohe Verbraucherschutzniveau in Deutschland und andererseits ihre eigenen hohen Kreditvergabestandards. Der Ver band hat den Kodex zum 11. Juni 2010 in Kraft gesetzt - zeitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Verbraucherkreditrechts. Der Kodex geht dabei über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Er enthält eine Reihe verbraucherfreundlicher Regelungen, die in keinem Gesetz stehen, wie etwa der verständnisvolle Umgang mit Zahlungsproblemen oder das soziale Engagement der Kreditinstitute beziehungsweise ihre Maßnahmen zur Förderung der finanziellen Allgemeinbildung. Er zeigt dem Verbraucher auf, welchen Standard bei der Kreditvergabe er bei den Kreditbanken erwarten kann und welche Rechte ihm beim Verbraucherkredit zustehen. So kann ein Verbraucher seinen Konsumkredit jetzt ganz oder teilweise zurückzahlen. Er hat das Recht, jederzeit einen detaillierten Tilgungsplan zu erhalten. Bereits vor dem Vertragsschluss kann er anhand eines EU-weit einheitlichen Standardformulars Kreditangebote bequem vergleichen.

Lösungen bei Zahlungsproblemen

Wie andere Wirtschaftsunternehmen haben auch Banken ein berechtigtes Interesse daran, ihre Kunden zufriedenzustellen, um sie möglichst lange als Kunden zu behalten. Treten einmal Zahlungsschwierigkeiten auf, so kann zum Beispiel durch eine Ratenplanänderung doch noch er reicht werden, dass der Kunde seinen Kredit zurückzuführen vermag. Die Kreditbanken haben sich daher dazu verpflichtet, bei Anzeichen von Rückzahlungsschwierigkeiten auf den Kunden zuzugehen, um gemeinsam mit ihm eine Lösung für die Rückführung der ausstehenden Raten zu finden. In ihrem Kodex ermutigen sie ihre Kunden auch dazu, sich bei drohenden Zahlungsproblemen frühzeitig an die Bank zu wenden. Denn eine Lösung kann nur im Dialog mit dem Kunden gefunden werden.

Weitere freiwillige Aktivitäten und Leistungen der Kreditbanken, welche nicht gesetzlich geregelt sind, sondern aus eigenen Stücken erbracht werden, sind gelebte soziale Verantwortung und umfassende Beiträge zur finanziellen Allgemeinbildung. Hier sind die Kreditbanken in vielfacher Weise aktiv, von der Ausbildung junger Menschen über die Unterstützung sozialer Projekte bis hin zum Sponsoring von Sport und Kultur. Im Internet stellen sie Informationen zu Finanzthemen bereit, nehmen Dozententätigkeiten wahr, oder sie engagieren sich in Schulprojekten, um bereits bei den Schülern einen verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Finanzen zu fördern. Diese Maßnahmen sind Ausdruck des Engagements für Verbraucher und Gesellschaft, das die Kreditbanken gerne wahrnehmen und kontinuierlich ausbauen.

Zeichen für Verantwortung

Bilder sprechen mehr als Worte. Daher hat der Verband in 2010 ein Bildzeichen "Kredit mit Verantwortung" gestaltet, welches die Mitgliedsbanken verwenden können, um zu dokumentieren, dass sie sich dem Verbandskodex verpflichtet haben. Die Nutzung des Zeichens ist dabei ausschließlich den Kreditbanken vorbehalten und nicht etwa ihren Kooperationspartnern

oder Online-Portalen. Das Zeichen ist sowohl Hinweis auf den Kodex und kann auch als Link zur Verbraucherwebsite des Verbandes eingesetzt werden.

Grundvoraussetzung für jede eigenverantwortliche Entscheidung des Verbrauchers sind fundierte Informationen und ein solides Verständnis der Materie. Die EU hat dies in ihrer Verbraucherkreditrichtlinie, die 2010 in Deutschland umgesetzt wurde, berücksichtigt und unter anderem ein europäisches Standardformular für Kreditinformationen eingeführt.

Der Bankenfachverband hat es dabei nicht belassen, sondern zusätzlich im Jahre 2011 eine Verbraucherwebsite gestartet. Unter www.kredit-mit-verantwortung.de können sich Verbraucher unkompliziert über Kredite informieren. Das Grundwissen zum Kredit bringt die Website in zehn Fragen und Fakten auf den Punkt, unter anderem: Was prüft die Bank bei der Kreditaufnahme und wie viel Kredit kann ich aufnehmen?

Kreditwesen im Netz - von A bis Z

Wichtige Begriffe fasst die Website in einem Lexikon zusammen, von A wie "Auskunftei" bis Z wie "Zinsen". Anhand von Alltagsbeispielen können die Verbraucher gängige Kreditarten und Einsatzmöglichkeiten kennenlernen, vom Kredit in der Bankfiliale über den Onlinekredit bis zur Drei-Wege-Finanzierung im Autohaus. Mit einem Haushaltsrechner haben sie die Möglichkeit, sich einen Überblick über ihre finanzielle Situation zu verschaffen und ihr frei verfügbares Einkommen zu ermitteln. Im Rahmen eines Wissens-Quiz können die Verbraucher ihr Kreditwissen testen und in einem Online-Game mehr über die Funktionsweise des Credit Scorings erfahren.

Der Kodex verdeutlicht - neben den anderen verbraucherpolitischen Maßnahmen des Verbandes - die hohen Standards der Kreditbanken und setzt gleichermaßen ein Zeichen für die Finanzierungsbranche. Noch ist dadurch eine Differenzierung möglich. Zu erwarten ist allerdings, dass sich die gesamte Branche über kurz oder lang den hohen Standards angleichen wird. Dann läge es wiederum an den Kreditbanken, ihre Standards zu erhöhen, um sich weiterhin abzuheben.

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