Mittelstandsgeschäft

Zur Refinanzierung von Leasinggesellschaften

Nach einem schwierigen Jahr 2009, in dem das Leasing-Neugeschäft um fast 23 Prozent zurückgegangen ist, zeigen nun Umfragen, dass die Bedeutung des Leasings - insbesondere für mittelständische Unternehmen - wieder zunehmen wird. Rund ein Drittel der Mittelständler plant demnach, künftig verstärkt auf Leasing zurückzugreifen.1) Springt die Konjunktur wieder an, so wird die Nachfrage danach voraussichtlich stärker wachsen als die Investitionstätigkeit. Damit wird die Sicherstellung einer ausreichenden Refinanzierungsbasis zur wichtigen Herausforderung für die Leasingbranche.

Im Zuge der Finanzmarktkrise hatten einige Banken ihre Tätigkeit in der Refinanzierung von Leasingunternehmen eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt. In allen Fällen waren es nicht die mangelnde Profitabilität oder gar Ausfälle von For derungen an Leasinggesellschaften, die zur Aufgabe oder Einschränkung der Refinanzierungstätigkeit führten, Ursache waren vielmehr die mittelbaren Auswirkungen von Ertragseinbrüchen aufgrund der Finanzmarktkrise: Auflagen der Europäischen Kommission oder des SoFFin sowie die Umsetzung geschäftspolitischer Entscheidungen führten bei einigen Banken zu einer Konzentration auf ein reduziertes Spektrum an Kerngeschäftsfeldern, zu dem die Leasing-Refinanzierung nicht mehr gehörte.

Aus Sicht der Banken ist die Refinanzierung von Leasinggesellschaften somit ein Geschäftsfeld, das ein hohes Wachstumspotenzial verspricht, denn hier kommen zwei Faktoren zusammen: Eine geschrumpfte Anzahl von Refinanzierungspartnern sieht sich einer mittel- bis langfristig zunehmenden Nachfrage nach Leasing, die es zu finanzieren gilt, gegenüber.

Leasing ähnelt einem Investitionskredit

Durch Leasing wird die Anschaffung von Sachvermögensgegenständen realisiert. Daher ähnelt es einem Investitionskredit, wobei das Investitionsobjekt als Sicherheit dient. Gegenüber dem Kreditgeber hat der Leasinggeber aber einen entscheidenden Vorteil: Als juristischer Eigentümer kann er das Objekt im Insolvenzfall aussondern und eigenständig verwerten. Der schnelle Zugriff auf das Objekt sichert nicht nur einen schnellen Rückfluss der noch ausstehenden Forderungen, sondern auch höhere Verwertungserlöse als bei einer Verwertung durch den Insolvenzverwalter.

Hinzu kommt: Leasinggesellschaften sind auf die Verwertung gebrauchter Objekte spezialisiert, denn auch bei ordnungsgemäß abgewickelten Verträgen stellt sich häufig das Problem, das Objekt nach Ablauf der Mietzeit möglichst günstig zu verwerten. Leasinggesellschaften verfügen daher über die Infrastruktur und die nötigen Marktkenntnisse, um gebrauchte Objekte gut vermarkten zu können. Daher ist nicht überraschend, dass empirische Untersuchungen höhere Rückflussquoten beziehungsweise einen geringeren Verlust im Insolvenzfall (LGD) von ausgefallenen Leasingverträgen gegenüber ausgefallenen besicherten Krediten belegen.2)

Granulare Portfolios verringern Risiko

Aus Sicht der Refinanzierungsbank kommt hinzu, dass - abgesehen vom Big-Ticket-Leasing - nicht einzelne Verträge refinanziert werden, sondern die Leasinggesellschaft, deren Risikoposition aus einem Portfolio an Verträgen besteht, der Kreditnehmer ist. Das Ausfallrisiko der Gesellschaft liegt aufgrund von Diversifikationseffekten und aufgrund des vorhandenen Eigenkapitals als Verlustpuffer deutlich unter dem der einzelnen Leasingverträge. Dieser Effekt wirkt natürlich umso stärker, je granularer das Portfolio ist, das heißt je geringer der Anteil eines einzelnen Vertrags am Gesamtportfolio ist.

Seit Ende 2008 unterliegen Leasinggesellschaften einer eingeschränkten Bankenaufsicht. Unter anderem müssen sie die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) befolgen, damit wird das Management der leasingtypischen Risiken zu einem zentralen Bestandteil der regulatorischen Anforderungen. Sie müssen ähnlich wie Banken im Rahmen der Risikotragfähigkeitsrechnung ihr Gesamtrisikoprofil und ihr Risikodeckungspotenzial bestimmen und dokumentieren. Für den Kreditgeber einer Leasinggesellschaft bedeutet dies zusätzliche Sicherheit und mehr Transparenz.

Die Refinanzierung von Leasinggesellschaften ist damit ein Geschäftsfeld, das wenig Eigenkapital bindet, und zwar sowohl ökonomisches als auch regulatorisches Eigenkapital. Die geringe Bindung von ökonomischem Eigenkapital ergibt sich unmittelbar aus dem äußerst geringen Ausfallrisiko. Von einer Reduzierung des regulatorischen Eigenkapitals können vor allem solche Banken profitieren, die den auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA) anwenden.

Vergibt eine Bank einen Kredit an ein mittelständisches Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 25 Millionen Euro, so beträgt die regulatorische Eigenmittelanforderung für diesen Kredit bei einer Ausfallwahrscheinlichkeit von zwei Prozent und einem LGD von 45 Prozent gemäß der IRBA-Formel 3,7 Prozent.

Finanziert die Bank eine Leasinggesellschaft, die ein Portfolio von 200 Verträgen mit identischem Volumen aufweist, so beträgt die Insolvenzwahrscheinlichkeit der Leasinggesellschaft bei einer angenommenen Ausfallwahrscheinlichkeit der Leasingnehmer von jeweils zwei Prozent, einer Verlustquote von 40 Prozent und einer Eigenkapitalquote der Gesellschaft von zwei Prozent gerade einmal 0,5 Prozent.

Dies ergibt eine regulatorische Eigenmittelanforderung in Höhe von 2,16 Prozent, also 1,54 Prozentpunkte weniger als bei direkter Finanzierung. Angesichts der Bestrebungen, die Anforderungen an die Eigenmittelunterlegung zu verschärfen, ist dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Leasingrefinanzierung.

Bonitätsbeurteilung mit Besonderheiten

Natürlich erfordert die Finanzierung von Leasinggesellschaften, dass entsprechendes Know-how aufgebaut wird. Die oft zitierte Bemerkung von Warren Buffet "risk comes from not knowing what you are doing" gilt auch hier. Wer die Refinanzierung von Leasinggesellschaften betreibt, sollte den Markt und die Besonderheiten des Leasinggeschäfts kennen, um die Risiken einschätzen zu können.

Insbesondere bei der Beurteilung der Bonität von Leasinggesellschaften sind einige Besonderheiten zu beachten. Der typische Verlauf der Erträge und Aufwendungen, die der Leasinggeber in seinem Jahresabschluss ausweist, verzerrt die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge. Die hauptsächlichen Ertrags- und Aufwandskomponenten einer solchen Gesellschaft sind einerseits die Leasingraten und andererseits die Zinskosten aus der Refinanzierung und die Abschreibungen auf das Objekt.

Konstanten Erträgen stehen fallende Aufwendungen entgegen

Die Leasingraten wiederum setzen sich zusammen aus einem impliziten Zins- und Tilgungsanteil. Wie bei jedem Annuitätendarlehen ist der Zinsanteil zu Beginn der Vertragsdauer hoch und fällt im weiteren Verlauf ab, mit dem Tilgungsanteil verhält es sich genau umgekehrt, er macht zunächst nur einen kleinen Teil der konstanten Leasingrate aus und wächst im Zeitablauf an. Bei fristenkongruenter Refinanzierung verläuft der Zinsaufwand über die Vertragsdauer synchron zu dem impliziten Zinsanteil in den Leasingraten. Die Abschreibungshöhe aber verläuft nicht synchron zu den Tilgungsanteilen in den Leasingraten: Bei linearer Abschreibung bleibt der Abschreibungsaufwand über die Zeit konstant, bei degressiver Abschreibung fällt er sogar.

Damit stehen im Zeitablauf konstanten Erträgen zunächst deutlich höhere, im weiteren Verlauf dann aber fallende Aufwendungen gegenüber. Obwohl der Leasingvertrag insgesamt gewinnbringend ist, weist der Leasinggeber zunächst einen Verlust aus, der erst in späteren Perioden durch Gewinne überkompensiert wird. Dieser Effekt wird noch verstärkt, wenn Anlaufkosten anfallen, die den Aufwand zu Beginn der Vertragsdauer erhöhen.

Um die Verzerrungen, die durch den asynchronen Verlauf von Erträgen und Aufwendungen entstehen, zu korrigieren, hat die Leasingbranche gemeinsam mit Banken und Wirtschaftsprüfern die Substanzwertrechnung entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Rechenwerk, das auf standardisierter Basis den Wert des Vertragsbestandes ermittelt und somit einen zuverlässigen Einblick in die Bonität einer Leasinggesellschaft ermöglicht.

Verzerrungen durch Substanzwertrechnung korrigieren

Die Substanzwertrechnung ermittelt diejenigen Überschüsse, die zukünftig auf der Basis des aktuell gegebenen Bestandes zu erwarten sind. In diese Überschussrechnung gehen sowohl vertraglich vereinbarte Komponenten wie Leasingraten und Zinsaufwand ein als auch zu erwartende Verwaltungskosten und Verwertungserlöse. Das für die Zukunft erwartete Geschäftsvolumen wird nicht berücksichtigt.

Die Substanzwertrechnung als ein auf die Zukunft gerichtetes Rechenwerk ist damit zwar nicht gänzlich frei von Prognoseelementen, die prognostizierten Größen werden aber auf der Basis des kontrahierten Vertragsbestandes ermittelt und beruhen somit nicht auf künftigen Geschäftserwartungen, von denen man nur schwer einschätzen kann, ob sie sich realisieren lassen.

Der Substanzwert kann auf der Basis diskontierter Ein- und Auszahlungen berechnet werden, üblich ist aber eine Berechnung auf der Basis von Erträgen und Aufwendungen, da hierdurch eine unmittelbare Anknüpfung an die Größen des betrieblichen Rechnungswesens gewährleistet ist. Das folgende Beispiel soll die Grundstruktur der Substanzwertrechnung deutlich machen: Die Anschaffungskosten des Leasingobjekts betragen 60 000 Euro, der Leasingvertrag beginnt Anfang 2010 und läuft über vier Jahre, erwartet wird eine Veräußerung zum Restbuchwert von 12 000 Euro. Es fallen Anlaufkosten in Höhe von 2 000 Euro und Verwertungskosten in Höhe von 300 Euro an. Der Refinanzierungszinssatz beträgt fünf Prozent, die monatliche Leasingrate beläuft sich auf 1 400 Euro.

Zunächst negative, dann positive Überschüsse

Die Entwicklung der Jahresergebnisse in Tabelle 1 zeigt den typischen Verlauf mit zunächst negativen, später dann positiven Überschüssen. Einen zutreffenden Einblick in die Ertragslage, die aus dem gegebenen Vertragsbestand resultiert, gewährt die (im Beispiel stark vereinfachte) Substanzwertrechnung: Wird der Substanzwert zum GuV-Ergebnis hinzugerechnet, so erhalten wir für 2010 den Gesamtüberschuss, der aus dem Leasingvertrag erzielt wird. In späteren Perioden gleichen sich die Substanzwertänderungen und das handelsrechtliche Ergebnis jeweils aus.

Die Summe aus betriebswirtschaftlichem und bilanziellem Eigenkapital (das im Beispiel mit Null angesetzt wurde) stellt den Puffer dar, der zum Auffangen von Verlusten, zum Beispiel aufgrund von Ausfällen im Leasingportfolio, vorhanden ist. Damit liefert die Substanzwertrechnung die entscheidenden Informationen, die der Kreditgeber für die Bonitätsbeurteilung einer Leasinggesellschaft benötigt.

Die Refinanzierung von Leasing-Gesellschaften bietet für Banken ein attraktives Geschäftsfeld mit geringem Risiko und bindet wenig Eigenkapital. Voraussetzung ist jedoch, die Besonderheiten des Lea-sing-Geschäfts zu kennen, um die Bonität einer Leasinggesellschaft fachgerecht beurteilen zu können.

Univ.-Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels , Direktor, Seminar für ABWL und Bankbetriebslehre, Universität zu Köln, Köln, geschäftsführender Direktor, Institut für Bankwirtschaft und Bankrecht, Forschungsinstitut für Leasing
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