50 Jahre Konsumentenkredit

Revolving Credit- Warum in Deutschland so schwierig?

Der Revolving Credit kommt in Deutschland nur langsam in Fahrt. Nur 30 Prozent der Kreditkarten hierzulande sind mit einer Revolving-Funktion ausgestattet. Warum sind diese Produkte im europäischen Markt deutlich erfolgreicher? Weshalb ist der deutsche Markt zögerlich? Welche Stellschrauben für eine erfolgreiche Produkteinführung gibt es?

Während 2002 nur etwa ein Fünftel aller Kreditkarten über eine Revolving-Funktion verfügte, dürfte der Anteil aktuell bei geschätzten 30 Prozent liegen. Das Umsatzpotenzial ist hoch, die Nutzung hingegen nach wie vor gering. Auch mehrere Jahre nach der Einführung wird diese Kartenart vor allem als Mittel der Absatzfinanzierung eingesetzt.

In der Regel bespricht nicht der Bankberater, sondern der Auto- oder Möbelhändler mit dem Kunden die Details zum Kar tenantrag. Dabei wirkt der Revolving Credit gerade auch für Banken als Hebel für die Umsatzsteigerung.

Gründe für mangelnde Akzeptanz Die Ursachen der unzureichenden Akzeptanz von Revolving-Karten in Deutschland sind vielfältig und zum Teil historisch bedingt:

Verbraucherpräferenzen: Deutsche Verbraucher sehen ihre Alltagsausgaben lieber sofort verrechnet und zahlen im Handel vor allem mit der Debitkarte. Erst ab Ausgabebeträgen von 200 Euro aufwärts zahlt jeder fünfte Verbraucher per Kreditkarte (Gfk-Studie, Januar 2008).

Starke Position des Girokonto-Dispos:

In Deutschland erfolgt die Grundversorgung mit Liquidität über das klassische Girokonto. Durch die Inanspruchnahme des Dispositionskredits kommt die Debitkarte in Verbindung mit dem Girokonto einer Kreditkarte gleich. Das erschwert die Einführung von Revolving-Karten zusätzlich.

Schlechtes Image von Kreditkarten:

Einer Studie von Psychonomics zufolge hat sich das Image von Kreditkarten bei den deutschen Verbrauchern im Zuge der Finanzkrise deutlich verschlechtert (Psychonomics, Dezember 2008). Auch Kredite werden hierzulande generell negativ assoziiert.

In der Regel haben deutsche Konsumenten 4,5 Karten in ihrer Geldbörse. 32 Prozent haben eine Kreditkarte im Portemonnaie. Durch zusätzliche Kreditkarten fürchten die Verbraucher, den Überblick über ihre finanzielle Situation zu verlieren. Die Überschuldung der Verbraucher durch häufiges "Flipping" der Kreditbeträge auf neue Karten und das Platzen der Kreditblase in den Vereinigte Staaten nähren diese Ängste.

Wenig Aufklärungsarbeit: In der Vergangenheit haben nur wenige Institute Revolving-Karten angeboten und dafür Aufklärungsarbeit geleistet. Die klassischen Hausbanken haben in den Gremien der Kartenorganisationen eine starke Lobby. Als Emittenten der Debitkarten mit Verbindung zum Girokonto sind sie bereits Hauptnutznießer des Kartenumsatzes. Gegenüber der neuen Kartenart waren die Hausbanken zu Beginn skeptisch. Der Kartenkredit wurde zunächst als Konkurrenzprodukt zum eigenen Produktportfolio gesehen.

Mangelndes Verständnis: Mit der geringen Aufklärungsarbeit verbunden ist auch das fehlende Produktverständnis der Verbraucher. Verstärkt wird dieser Effekt durch die umgangssprachliche Bezeichnung der Charge Card als Kreditkarte. Das Produkt galt lange als Prestige-Produkt für besser verdienende - und zugleich weniger kreditaffine - Kunden. Ist mit dem Produkt eine Revolving-Funktion verbunden, wird das Angebot auch trotz erhöhten Werbedrucks häufig nicht genutzt. Der Karteninhaber zahlt weiter am Ende eines Monats.

Geringere Akzeptanz von Kreditkarten im Handel: Der Kreditkartenanteil am Point of Sale in Deutschland stagniert bei etwa fünf Prozent. Nach einer Studie des EHI zu kartengestützen Zahlungssystemen im Einzelhandel betrug der Barzahleranteil 2007 - je nach Branche - bis zu 86 Prozent. Bei den Karten ist die klassische Debitkarte des Girokontos das Zahlungsmittel der Wahl. Durch die im europäischen Vergleich hohen Interchangegebühren im deutschen Einzelhandel waren in der Vergangenheit viele Händler nicht bereit, Kreditkarten zu akzeptieren. Mit dem regulatorischen Eingriff der EU-Kommission und der Senkung der Mastercard-Gebühren ab Juli 2009 könnte sich diese Situation jedoch weiter ändern.

Verbände sind gefordert

Bei den europäischen Nachbarn sieht die Situation anders aus. In den Niederlanden, Großbritannien oder Frankreich beispielsweise ist der Revolving Credit die geläufigste Variante der kurzfristigen Versorgung mit Liquidität. Auch ein Vergleich der Kartenumsätze am PoS zeigt, dass Deutschland gegenüber seinen Nachbarn noch ein erhebliches Wachstumspotenzial hat. Betrug 2007 der Anteil des Kartenumsatzes am Point-of-Sale in Deutschland 26,9 Prozent, macht er nach der aktuellen Studie der Paysys Consultancy beispielsweise in den Niederlanden und Belgien bereits über 50 Prozent aus. In den USA ist die Vorherrschaft "echter" Kreditkarten darauf zurückzuführen, dass es keinen Dispokredit gibt. Der Revolving Credit ersetzt dort also den Dispokredit.

Doch was können Anbieter von Revolving-Karten dazu beitragen, das Image des Produktes zu verbessern, den Karteneinsatz zu fördern und dadurch ihre Erträge zu erhöhen? Nicht alle Akzeptanzprobleme kann die einzelne Bank allein lösen. Hier ist eine übergreifende Kommunikation der Verbände gefordert. Dies betrifft zum einen die verantwortungsvolle Kreditvergabe und zum anderen den Aufbau eines seriösen Images für ein Produkt, das in den Medien nicht selten als "Revolverprodukt" bezeichnet wird.

Ein wesentlicher Faktor, um die Revolving Card in der Geldbörse der Verbraucher zu positionieren und von den zusätzlichen Ertragsmöglichkeiten zu profitieren, ist die erfolgreiche Kundenbindung. Voraussetzung hierfür ist ein integrierter Kommunikationsprozess, der mit dem Verkaufsgespräch beginnt und ausreichend zusätzliche Kundenkontaktpunkte schafft.

Am Beispiel der Dresdner-Cetelem Kreditbank zeigt sich, dass auch Banken und Kreditinstitute erfolgreiche Loyalty-Programme etablieren können. Das Kreditinstitut aus München hat mit dem Bonusprogramm Cash-Back ein flexibles Kundenbindungsinstrument entwickelt, dass nicht nur der Kreditbank selbst, sondern auch ihren Kooperationspartnern loyale Kunden bescheren soll.

Kooperationspartner können Bonus individuell erhöhen

Die Systematik ist einfach wie wirkungsvoll. Mit dem Einkaufskonto erhält der Handelskunde einen flexiblen bonitätsabhängigen Kreditrahmen von bis zu 5 000 Euro, den er mit einer gebührenfreien Re-volving-Debitkarte auf ec/Maestro-Basis nutzen kann. Für jeden Einsatz der Karte im Handel erhält der Kunde Cash-Back-Bonuspunkte, die ab einer gewissen Höhe eingelöst werden können und bei einem weiteren Umsatz beim vermittelnden Händler als Geldgutschrift dem Kartenkonto gutgeschrieben werden.

Kooperationspartner der Dresdner-Cetelem Kreditbank können den Standardbonus von einem Prozent auf Handelsumsätze und drei Prozent beim Tanken individuell erhöhen. So haben sie die Möglichkeit, über eigene Werbeaktionen, Gewinnspiele oder Coupons in Verbindung mit den monatlichen Kontoauszügen die kauffreudige Klientel zum Einsatz der Karte in ihrem Geschäft zu bewegen.

Das bringt nicht nur Kundenfrequenz und Kundenbindung, sondern auch direkten Umsatz (siehe Abbildung). Der Partner erhält dabei eine direkte Rückmeldung, welche Aktionen besonders gut ankommen.

Auch Zahlungsdienstleister dürfen künftig Revolving-Karten anbieten

Ergebnisse einer Untersuchung des EHI zu kartengestützten Zahlungssystemen im Einzelhandel 2008 bestätigen die Zuversicht. Handelsunternehmen schätzen vor allem die gezielte Kundenansprache, gefolgt von positiven Marketingeffekten. Weitere Anreize, die Karte zu nutzen, bieten innovative Karten-Features, beispielsweise Aktions-zins-Angebote oder zinsfreie Phasen.

Der Wettbewerb auf dem Kreditkartenmarkt in Deutschland nimmt zu. Aus einem Anbietermarkt wurde zunehmend ein Verdrängungsmarkt. Diese Tendenz wird durch einen aktuellen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vermutlich verstärkt. Dem geplanten Gesetz zufolge könnten künftig auch Zahlungsdienstleister ohne Banklizenz Revolving Cards anbieten. Einer Bankenaufsicht unterstünden sie für diesen Fall nicht. Es bleibt abzuwarten, wie das Ergebnis der parlamentarischen Beratung zu dem Gesetzesentwurf ausfällt.

Für den deutschen Einzelhandel prognostiziert das EHI weiter steigende Kartenanteile. So soll der unbare Anteil am Einzelhandelsumsatz auf über 40 Prozent steigen (2007: 38,6 Prozent). Dem Institut zufolge könne es gleichzeitig zu Kannibalisierungseffekten zwischen den bestehenden Verfahren kommen. Für einen zunehmenden Erfolg von Revolving Cards sprechen Untersuchungen, die ein langsames aber stetiges Wachstum der Revolving Cards im Markt antizipieren.

Diese Entwicklung zeigt sich bereits in dem gestiegenen Angebot dieser Produkte. War 2002 die damalige Vobis ec-Card die erste "reine Revolving-Karte", kann der Verbraucher heute aus einem großen Angebot wählen. Emittenten sind sowohl Tochterunternehmen ausländischer Banken, die sich vor allem auf die Absatzfinanzierung spezialisiert haben, als auch Großbanken und Sparkassen.

Letztere haben in den vergangenen Jahren eine steigende Zahl neuer Kartenprodukte entwickelt. Mit Sepa und der Einführung des EMV-Chips wird die Kartenakzeptanz weiter steigen und die Entwicklung innovativer Produktvarianten fördern. Auch die zunehmende Akzeptanz von Kreditkarten im Online-Handel wird diese Entwicklung unterstützen.

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