Firmenkundengeschäft

Die Rolle von Steering Committees bei Sanierungen

Seit der Finanzkrise ist erkennbar, dass viele Firmen eine viel zu große Anzahl von Finanzierungsinstrumenten nutzen und auch im Rahmen von Wachstumsstrategien oft eine erhebliche Zahl unterschiedlicher Kreditbeziehungen aufgebaut haben. Folgendes Beispiel soll diese Problemlage erläutern: Ein mittelständisches Unternehmen aus der Automobilzuliefererindustrie hat zur Umsetzung seiner Expansion in den vergangenen Jahren seine Verschuldung stark ausgeweitet. Bei Übernahmen anderer Firmen wurden die Bankbeziehungen gleich mit übernommen und weitergeführt. Zusätzlich wurden neue Kredite bei zinsgünstigen ausländischen Banken aufgenommen und Finanzinstrumente wie Mezzanine eingesetzt. Mittlerweile bestehen Kreditbeziehungen zu rund 60 Gläubigerbanken. Es existieren sowohl Verbindungen zu örtlichen Sparkassen und Genossenschaftsbanken als auch zu international tätigen Instituten. Die genutzten Kreditprodukte sind stark unterschiedlich. Auch die vertraglichen Ausgestaltungen sind sehr heterogenausgeprägt. So arbeiten die kleineren Institute mit Standardkreditverträgen, während die größeren Häuser ihre Kreditverträge mit zahlreichen Covenants versehen haben. Zusätzlich sind die Informationsbedürfnisse der einzelnen Kreditinstitute sehr differenziert und verursachen ein aufwendiges Reporting.

Als das Unternehmen in eine Krisenlage gerät und finanz- sowie leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen anstehen, wirkt die Komplexität der Finanzierungsstruktur belastend.

Zwei Arten von Lenkungsausschüssen

Die Hausbanken haben in dieser Situation den (finanziellen) Sanierungsprozess anzustoßen. Häufig wird dazu bei einem (zu) umfangreichen Bankenkreis ein Lenkungsausschuss gebildet.

Ein Lenkungsausschuss beschreibt das oberste Gremium in einer Projektorganisation. Zwei Arten von Lenkungsausschüssen lassen sich in der Krise und Sanierung von Unternehmen in der Praxis unterscheiden. Dabei sollten grundsätzlich die Interessen aller Projektbeteiligten angemessen vertreten sein.

1. Zum einen bezeichnet diese Gruppe eine Einheit, die Umsetzungen von Sanierungsmaßnahmen beaufsichtigt. In diesem Fall wird das Gremium mit internen und externen Personen besetzt und nimmt in meist monatlichen Sitzungen in einem Soll-Ist-Vergleich eine Umsetzungskontrolle der erreichten Meilensteine im Sanierungsprojekt vor. Dieses Gremium besteht in der Regel aus einem Vertreter der Geschäftsführung beziehungsweise einem Interim Manager, einem Mitglied aus dem Beirat oder Aufsichtsrat, einem Vertreter des Bankenpools und aus Teilnehmern der Abteilungsleiterebene. Dieses Gremium hat meist Entscheidungsbefugnisse unter anderem beim Treffen von Maßnahmenentscheidungen im Rahmen der Sanierungsrealisierung.

2. In einem anderen Fall bezeichnet ein Steering Committee eine besondere Art von Lenkungsausschuss, der vornehmlich aus Vertretern der Finanzierungspartner besteht. Diese Form des Lenkungsausschusses wird häufig bei einem komplexen und zersplitterten Geldgeberkreis unter anderem bei "Leverage Buy Out" (LBO) Finanzierungen eingesetzt. Diese Finanzierungen, zustande gekommen bei Übernahmen durch einen Finanzinvestor, sind in der Regel stark "geleveraged".

Die Übernahmetransaktionen werden mit einem hohen Fremdkapitalanteil durchgeführt, um über den Verschuldungshebel eine überdurchschnittliche Rendite auf das Eigenkapital des Investors zu erbringen. Problematisch ist das hohe Risiko dieser Finanzierungen. So kann der Kapitaldienst bereits bei einer leicht rückläufigen Ertragslage oft nicht mehr geleistet werden.

Zudem wird bei diesen Transaktionen meist eine vielschichtige Finanzierungsstruktur über verschiedene Tranchen (Senior Kreditgeber oder First Lien, Second Lien, Mezzanine, Subordinated) aufgesetzt, mit einer abgeschichteten Bedienung (Waterfall down) der unterschiedlichen Finanzierungsränge beim Zins und Tilgungsdienst. Eine werthaltige Besicherung erfolgt nur in den ersten Rängen. Die Vertragswerke sind umfangreich und oft in englischer Sprache verfasst. Ein Konsor tialführer übernimmt die Verwaltung und Steuerung der Geldströme einschließlich der Informationsverteilung unter den Geldgebern.

Unübersichtliche Bankbeziehungen erschweren Sanierungen

Die Beschreibung dieser Finanzierungssituation betrifft derzeit viele Firmen, die im Rahmen von LBO´s übernommen wurden und in der Krise stecken. So bestehen große Sanierungsfälle mit mehreren hundert Großgläubigern und weit gestreuten Interessenlagen. In der Krise wird das Gefährdungspotenzial dieser Zersplitterung auf viele Gläubiger erst sichtbar.

Eine unübersichtliche Bankenlandschaft bei der Unternehmensfinanzierung kann die Sanierung erheblich erschweren, macht die gemeinsame Abstimmung von Maßnahmen im gesamten Kreditgeberkreis schwierig und erzeugt für die Kreditinstitute neben potenziellen Ausfällen sehr hohe Transaktionskosten. Daher sollten Steering Committees zur Erleichterung der Abstimmungsprozesse eingesetzt werden.

Der Ausschuss wird mit Vertretern der Eigenkapitalgeber, der Gläubiger und meist auch Moderatoren wie Beratern oder Rechtsanwälten besetzt. Dieses Gremium hat die Aufgabe, die Interessen der Geldgeber zu bündeln und zu koordinieren. So werden in diesem Ausschuss nur einzelne Gläubigerbanken stellvertretend für die anderen Banken tätig, um eine Interessenvertretung bei der finanziellen Restrukturierung im Bankenkreis zu erreichen, wie die Abbildung der Beispielfirma zeigt (Abbildung 1).

Meta-Organisation zur Interessenabstimmung

Bei einem hohen zeitlichen Druck wäre das Finden einer schnellen Lösung zur finanziellen Restrukturierung im gesamten Finanziererkreis meist unmöglich, da die Interessen stark divergieren. In diesem Fall ist die Schaffung einer Meta-Organisation mit einem Steering Committee eine Alternative, um im Vorfeld einer Entscheidung zu Sanierungsbeiträgen eine Interessenabstimmung innerhalb der Gläubigergruppen und mit den Gesellschaftern zu erreichen. Das Gremium hat keine Entscheidungsfunktion und lediglich die Aufgabe der Aushandlung einer möglichen Finanzierungslösung. Vertreter der Hausbanken werden dann die vorverhandelten und entscheidungsreifen Alternativen dem gesamten Gläubigerkreis zur Entscheidung vorlegen.

Bei diesen Verhandlungslösungen können Berater oder Rechtsanwälte in ihrer neutralen Funktion als Mediatoren die Lösungsfindung erleichtern. Es kann zudem wichtig sein, diese unabhängigen Per sonen mit der Leitung eines Steering Committees zu betrauen, da diese als objektiv wahrgenommen werden und die Entscheidungsfindung selbst in diesem verkleinerten Gremium aufgrund der finanziellen Tragweite der Sanierungsbeiträge in Form von Umschuldungen, der Vergabe von Fresh Money, notwendige Forderungsverzichten oder der Vereinbarung von Tilgungsaussetzungen schwierig ist.

Kreditklauseln erschweren die finanzielle Restrukturierung

Auch Vereinbarungen zur Stundung der Zinsen und eine endfällige Blocktilgung aller Zinsen und Tilgungen können getroffen werden (Payment in kind). Dies führt in vielen Fällen jedoch lediglich zu einer Aufschiebung der Probleme und eine später folgende Insolvenz ist aufgrund der hohen Rückzahlung nicht ausgeschlossen.

Zudem erschweren unterschiedliche vertragliche Gestaltungen der Geldgeber die Lösung der finanziellen Restrukturierung. Gerade bei Leverage-Buy-Out-Finanzierungen sind die Kreditverträge aufgrund des erhöhten Risikos vielfach mit Kreditklauseln in Form von Covenants versehen. So existieren diese Bedingungen in Form von:

General Covenants: Allgemeine für die Kreditbeziehung wichtige Erklärungen, wie unter anderem die Zustimmungspflicht beim Verkauf wesentlicher Betriebsteile;

Information Covenants: Offenlegung interner Unternehmensdaten beispielsweise in Form von Quartalsabschlüssen oder einer integrierten Finanzplanung;

Financial Covenants: Diese beziehen sich auf die Einhaltung finanzieller Kennzahlen zum Eigenkapital und zur Verschuldung, zur Ertragslage oder zur Liquidität.

Gerade die Financial Covenants enthalten Zielvorgaben, um die finanzielle Lage eines Kreditnehmers zu erfassen und Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. Erfolgen Verstöße gegen diese Verpflichtungserklärungen, so bestehen Kündigungsrechte oder bei einem Verzicht auf die Ausübung der Sanktionsregeln (Waiver) werden Provisionen oder höhere Kreditzinsen zugunsten dieser Finanzierer fällig (Waiver Fee). Auch kann ein Verstoß gegen eine Klausel den Einsatz eines externen Beraters vorsehen. Wichtige finanzielle Kennzahlen zeigt die Abbildung 2.

In den Kreditverhandlungen kann es wichtig sein, dass bei Covenant-Verstößen ein Stillhalten (Standstill) vereinbart wird, damit Waiver Fees nicht eine Insolvenz auslösen.

Neuordnung der finanziellen Strukturen nach der Sanierung

Wurden über ein eingesetztes Steering Committee letztendlich Vorschläge zur finanziellen Restrukturierung in den gesamten Gläubigerkreis eingebracht und diese durchgesetzt, bietet sich im Nachgang einer Sanierung die Möglichkeit der kompletten Neuordnung der finanziellen Strukturen und des Kreditgeberkreises an, mit einer

Reduzierung der Gläubigerbeziehungen,

Vereinheitlichung der Kreditverträge und der Covenant-Bedingungen

und der fairen Aufteilung der Kreditsicherheiten.

Anpassung der kurzfristigen Kredite

Bei der künftigen Ausgestaltung der externen Finanzierung ist das Geschäftmodell in Verbindung mit der prognostizierten realistischen Umsatz- und Ertragslage und einer verträglichen Verschuldungskapazität in Einklang zu bringen. Die vorhandene Cash-Flow-Stärke bedingt den Verschuldungsgrad und die zeitliche Strukturierung der Finanzierung.

Kontokorrentfinanzierungen sind möglichst auf wenige und gleichhohe Kreditgeber säulen zu verteilen. In Anlehnung an die Kreditvolumina sind die Sicherheiten quotal zu verteilen. Zur Besicherung bieten sich die Kreditsicherheiten des Umlaufvermögens in Form der Globalzession und der Warensicherungsübereignung an.

Über die Kontoführung erhalten die Institute einen aktuellen Einblick in die Ertrags- und Liquiditätslage. Ziel muss es daher sein, die laufenden Konten als aktuelles Risikoanalyseinstrument nutzbar zu machen. Financial Covenants mit Zielvorgaben können den Kreditgebern zudem Einflussmöglichkeiten bieten. Es empfiehlt sich, im Kontokorrentbereich mit Jahresprolongationen zu arbeiten, um ein Druckmittel zu erhalten.

Damit die Kurzfristkreditgeber im Gleichklang arbeiten, ist gegebenenfalls ein Poolvertrag zu schließen, um Finanzierungssicherheit für alle Parteien zu gewährleisten.

Das Kontokorrentvolumen ist an dem geplanten Unternehmenswachstum, die Branche und das Geschäftsvolumen auszurichten.

Auch Avallinien sind ausreichend zu gewähren. Die Avalprovisionen sind gemäß dem Risiko des Kreditnehmers, der Unsicherheit des abzusichernden Projekts und dem Ausfallrisiko des Avalprodukts zum Beispiel bei Anzahlungs-, Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsavalen individuell auszugestalten.

Die Finanzierung von Saisonspitzen kann über den derzeit günstigen Geldmarkt erfolgen. Es bieten sich Euri- bor-Kredite an, die in Anlehnung an den Finanzierungsbedarf prolongiert werden. Dabei sind Veränderungen der Zinsstrukturkurve zu beachten. Zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos kann eine Unterlegung revolvierender Saisonkreditlinien mit langfristigen Zins-Caps erfolgen.

Auch im langfristigen Bereich sollte bei Investitionsfinanzierungen und Immobilienfinanzierungen eine Risikoteilung über die Bildung von Kreditkonsortien in Erwägung gezogen werden.

Zum einen werden über diese Aufteilung Klumpenrisiken für einzelne Banken vermieden, zum anderen führt diese Finanzierungsart zu einer gerechten Sicherheitenverteilung. Auch die Informationsallokation kann im Konsor tium optimiert werden.

Stabilisierung des Bankenkreises

Die Stabilisierung des Bankenkreises ist sowohl für das Unternehmen als auch für die Hausbanken wichtig. Eine Harmonisierung der Finanzierungsstrukturen kann über folgende Handlungen umgesetzt werden:

Reduzierung der Anzahl der Kreditgeberbeziehungen: Unternehmen weisen oftmals Verbindungen zu einer hohen Anzahl von Instituten auf, die Nutzung von Kreditarten ist unsystematisch ausgestaltet und die Informationen an die Banken sind asymmetrisch verteilt. Zur Erhöhung der Finanzierungsstabilität ist eine gleichmäßige Aufteilung der Mittel und der Sicherheiten unter wenigen Hauptbanken anzustreben.

Vereinheitlichung der Vertragsgestaltung bei Financial Covenants: Die Festlegung von Financial Covenants verschafft den beteiligten Banken erweiterte Eingriffs- und gegebenenfalls Kündigungsmöglichkeiten bei einem Verstoß gegen diese Kreditklauseln. Wichtig ist es, dass Covenants eine Risikosignalfunktion haben und in regelmäßigen Abständen überwacht werden.

Angleichung des geforderten Bankenreportings: Ein einheitliches Bankenreporting der Firma sorgt für Informationssicherheit gegenüber den Banken und eine gute Beziehung unter den Kreditinstituten.

Eine zusätzliche Alternative ist die Aufrechterhaltung des Steering Committees auch nach erfolgreicher finanzieller Restrukturierung. So können Informationen effizient verteilt, vertragliche Vereinbarungen vorverhandelt und Entscheidungen zeitnah getroffen werden.

Prof. Dr. Wolfgang Portisch , Leiter Bereich Bank- und Finanzmanagement , Hochschule Emden/Leer, Emden
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