Blickpunkte

Tarifverhandlungen "Angemessen honoriert"

Auch wenn Finanzdienstleister immer wieder das besondere Vertrauen betonen, das sie in der Öffentlichkeit genießen (müssen): Das Image der Kreditwirtschaft ist vorsichtig formuliert nicht berauschend und hat in moderner Form noch immer mit dem antiken Misstrauen gegen Geldverleiher zu kämpfen. Ob in einer Bilanzrunde Rekordergebnisse verkündet werden oder es im Gegenteil Hiobsbotschaften hagelt, spielt dabei keine allzu große Rolle. Entweder sind die Gewinne auf Kosten der kleinen Kunden erwirtschaftet worden oder man bemängelt eben die Misswirtschaft eines allzu gut bezahlten Managements.

Eben damit argumentiert auch die Gewerkschaft Verdi, die mit einer Gehaltsforderung von acht Prozent in die am 19. Juni beginnende Verhandlungsrunde geht. Hohe Abschreibungen wegen der Fehlspekulationen hätten nicht die Beschäftigten zu verantworten, sondern seien auf Missmanagement zurückzuführen. Die Gehaltsforderung begründe sich dagegen auf die guten operativen Ergebnisse und eine stabile Ertragslage, die durch die Leistungen der Beschäftigten erbracht worden seien, heißt es von Verdi. Ganz von der Hand zu weisen ist das sicher nicht. Doch auch wenn der Mitarbeiter im Vertrieb oder der Marktfolge für die Auswirkungen der Finanzkrise nicht verantwortlich gemacht werden kann: In den Bilanzen und der GuV, die keineswegs überall so rosig aussieht wie von Verdi pauschal dargestellt, schlagen sie sich gleichwohl nieder. Und die "stabile Ertragslage" ist schließlich allzu häufig nur durch striktestes Sparen erreicht worden.

Wenn der Arbeitgeberverband Banken für die Tarifverhandlungen nur einen "sehr geringen Spielraum" sieht, mag dies deshalb nicht allzu sehr verwundern. Die positive Branchenkonjunktur, die andere hohe Tarifabschlüsse in der aktuellen Runde vielleicht rechtfertigt, kann für die Finanzwirtschaft sicher nicht gelten. Namentlich bei den öffentlichen Banken würden massive Gehaltssteigerungen sich nur schwer mit der Schieflage einer Reihe von Landesbanken vertragen. Erst schlecht wirtschaften und dann (letztlich auf Kosten der Steuerzahler) die Gehälter erhöhen, könnte dann eine neuerliche Kritik lauten. Auch bei Verdi ist man sich dessen vermutlich bewusst. Wie immer prallen zunächst einmal Maximalforderungen aufeinander. Die gewünschte Flexibililtät im Tarifvertrag, beispielsweise bei der Samstagsarbeit oder wachsenden variablen Gehaltsbestandteilen werden sich die Banken aber einiges kosten lassen müssen. Hier muss sich dann zeigen, ob der Vertrieb dies tatsächlich wieder hereinholen kann. Auf allzu viel öffentliches Verständnis darf die Kreditwirtschaft in der laufenden Tarifrunde jedenfalls vermutlich nicht hoffen. Red.

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