Finanzdienstleister und die Öffentlichkeit

Testkäufe - ein Mittel zur Qualitätssicherung?

Erster Eindruck gut, Begrüßung herzlich, Atmosphäre angenehm, Service rundum zufriedenstellend, Beratungsqualität eine Eins mit Sternchen - so oder so ähnlich stellt sich wohl jeder Vorstand eines dienstleistungsorientierten Unternehmens das perfekte Testprotokoll vor. Gerade im Kreditgewerbe ist eine hohe Service- und Beratungsqualität nicht nur Unterscheidungsmerkmal zwischen den Wettbewerbern, sondern komparativer Wettbewerbsvorteil, den es auszubauen gilt. Daher ist es nahezu unumgänglich, die eigenen Dienstleistungen regelmäßig genau unter die Lupe zu nehmen und der Realität ins Auge zu blicken. Denn die Wirklichkeit weicht zuweilen von den eigenen Idealvorstellungen und den vertrieblichen Vorgaben ab. Wer Schwachstellen zeitnah identifiziert und beseitigt, hat gegenüber seinen Wettbewerbern in Sachen Dienstleistungsqualität die Nase vorn. Auch deshalb hat im Banken- und Versicherungsgewerbe der Einsatz von Testverfahren zugenommen.

Gerade in den letzten Jahren hat die Volksbank Mittelhessen wertvolle Erfahrungen mit den sogenannten Mystery Shoppern sammeln können. Die verdeckten Testkäufe wurden dabei zum Teil selbst beauftragt, zum anderen Teil jedoch von ver schiedensten externen Stellen initiiert und ausgewertet.

Testergebnisse kaum vergleichbar

Die Spanne der qualitativen Bewertungen reicht von hervorragend und mit Preisen ausgezeichneten Beratungsleistungen bis zum katastrophalen Verriss aufgrund von festgestellten Fehlern. Wohlgemerkt bezieht sich diese Aussage auf einen Zeitraum von rund zwei Jahren. Dem geneigten Leser von Testprotokollen stellt sich demnach schnell die Frage der direkten Vergleichbarkeit solcher Ergebnisse. Nach unserer Wahrnehmung ist diese Transparenz nicht gegeben. Denn allein die schiere Anzahl der Verfahren und Anbieter macht eine Vergleichbarkeit der Testergebnisse beinahe unmöglich.

So waren im Jahr 1997 beim Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher ganze drei Unternehmen als Anbieter von Mystery-Shopping-Dienstleistungen registriert.

Nur elf Jahre später beinhaltet diese, höchstwahrscheinlich nicht abschließende Liste 112 Unternehmen.

Neben den etablierten wie der Gesellschaft für Konsumforschung GfK oder TNS Infratest existiert heute also eine Vielzahl von kleineren, teils stark spezialisierten Anbietern. Auch bezogen auf den Finanzdienstleistungsbereich stellt sich die Anbietersituation sehr heterogen dar. Dies erschwert den Vergleich von Testergebnissen der verschiedenen Organisationen.

Volksbank Mittelhessen: Schlusslicht bei Finanztest, ...

Zwei Beispiele aus der Retrospektive: Im Juli letzten Jahres titelte die Fachzeitschrift Finanztest "Die Blamage geht weiter". Die Redaktion und ihre Tester nahmen 21 deutsche Banken und die Qualität ihrer Beratung ins Visier. Eine aus Sicht der gewinnenden Bank bestimmt nicht befriedigende 3,1 reichte zum Testsieger. Die Volksbank Mittelhessen teilte sich dagegen mit verschiedenen Wettbewerbern den letzten Rang. Diese Häuser zeigten, so die Fachzeitschrift, Defizite bei der Aushändigung der Beratungsprotokolle. Dies führte zu einer massiven Abwertung des gesamten Qualitätsurteils und letztlich zu einer mangelhaften Benotung.

Im eigenen Haus wurde dieses Ergebnis mehr als schockiert aufgenommen. Sofort wurden Maßnahmen zur schnellen Beseitigung der kritisierten Aspekte ergriffen. Leider gab es bislang noch keine Neuauflage der Untersuchung, die eine Verbesserung der eigenen Leistung öffentlich dokumentieren könnte. Dagegen wurde intern der eigene Qualitätsanspruch durch eine professionelle Prüfung untermauert.

Ein international tätiges, renommiertes Beratungsunternehmen wurde beauftragt, die Leistungen der Berater systematisch zu untersuchen. Zahlreiche geheime Testkäufe wurden durch die Gesellschaft durchgeführt und ausgewertet. Das Ergebnis: Die kritisierten Fehler im Prozess sind bereinigt, die Beratungsqualität ist weiter optimiert. Darüber hinaus lieferte die Untersuchung für die Entscheider der Volksbank weitere wertvolle Erkenntnisse, die Einfluss auf die Gestaltung von Vertriebsprozessen haben werden.

... Auszeichnung bei Focus Money

Ein durchweg positives Beispiel ist die Auszeichnung der Volksbank Mittelhessen als beste Bank im Rahmen des Focus Money City-Contest 2011. In Zusammenar beit mit dem Institut für Vermögensaufbau untersuchten die Mystery Shopper das Dienstleistungsangebot in der Kreisstadt Wetzlar. Anhand von 101 Kriterien wurden die geführten Beratungsgespräche durch die Experten des Instituts für Vermögensaufbau ausgewertet und analysiert. Aus den gewonnenen Daten aggregierten die Tester die Benotung der fünf Hauptkategorien Vor- beziehungsweise Nachbetreuung, Atmosphäre, Kunden- sowie Sachgerechtigkeit und Konditionen.

Über alle Kategorien hinweg erreichte die Volksbank Mittelhessen Spitzennoten. Die Tester lobten insbesondere die "souveräne Beratung, die freundliche Atmosphäre und die fairen Konditionen".

Verfahrensweisen standardisieren

Aus kommunikativer Sicht ist die Verwertung der letztgenannten Untersuchung natürlich interessant. Mit dem durch die Zeitschrift verliehenen Gütesiegel wirbt die Volksbank Mittelhessen im gesamten Geschäftsgebiet. Doch auf Basis dieser Daten lassen sich keine geschäftspolitischen Entscheidungen treffen.

Insgesamt erscheinen die Verfahrensweisen und die an die eigene Arbeit gestellten Qualitätsansprüche der Testunternehmen als zu wenig standardisiert. Dies verhindert letztlich die Schaffung eines nachhaltigen Mehrwerts sowohl für den Endverbraucher als auch für die untersuchten Unternehmen. Hier sollten die Branchenverbände regulierend ansetzen, um zumindest ein annähernd einheitliches Qualitätsniveau gewährleisten zu können.

Peter Hanker , Sprecher des Vorstands, Volksbank Mittelhessen eG, Gießen
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