Produkte im Retail

Versicherer im Bankgeschäft - Anlageprodukte im Trend

Kein Zweifel: Die Assekuranz steht angesichts der neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen durch Solvency II in Europa vor tiefgreifenden Veränderungen und unter enormem Kostendruck. Gleichzeitig machen der Branche das Niedrigzinsumfeld und die demografische Entwicklung zu schaffen. Für die Anlageprofis der Assekuranz wird es immer schwerer, eine attraktive Rendite über dem Markt zu erwirtschaften.

Die Zeiten, in denen Lebensversicherer ihren Kunden eine Gesamtverzinsung von acht Prozent in Aussicht stellen konnten, sind lange vorbei. Das allgemeine Zinsniveau sinkt seit Jahren, und niemand weiß, wann diese Talfahrt beendet sein wird.

Darüber hinaus droht eine Zweiklassengesellschaft: Die Kunden mit neueren, niedriger verzinsten Verträgen finanzieren die Bestandsverträge mit hohen Garantien mit - düstere Zukunftsaussichten für die Lebensversicherung. Kritiker prophezeien bereits das Ende dieses beliebten Vorsorgeprodukts.

Ein Milliardenmarkt: Wiederanlage von Lebensversicherungen

In dieser Diskussion darf jedoch die Gegenwart nicht außer Acht gelassen werden: Auf der Suche nach neuen Ertragsquellen richtet die Versicherungswirtschaft ihr Augenmerk zunehmend auf das Ablaufmanagement von Lebensversicherungen und die Wiederanlage des fällig gewordenen Kapitals - ein wachsender Milliardenmarkt, um den Versicherer, Banken und andere Finanzdienstleister gleichermaßen kämpfen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) schätzt, dass die Gesamtauszahlungssumme fälliger Lebensversicherungen im vergangenen Jahr bei rund 81 Milliarden Euro lag. Noch im Jahr 2010 betrug diese Summe laut GDV 72,9 Milliarden Euro, und 2009 lag sie bei 71,7 Milliarden Euro. Hier werden also erhebliche Anlagesummen frei.

Allerdings schöpfen viele Versicherungen und ihre Vertriebsaußendienste dieses Potenzial häufig nicht aus. Wenn die Assekuranz im Wettbewerb um den Milliardenmarkt der freiwerdenden Gelder bestehen will, muss ein Umdenken stattfinden.

Für die oft Jahrzehnte lang laufenden Lebensversicherungen spielen beim Abschluss unterschiedlichste Motive eine Rolle. So wird nur ein geringer Teil der Lebensversicherungen mit dem klar definierten Ziel abgeschlossen, eine zu einem bestimmten Zeitpunkt fällige Zahlung, zum Beispiel eine Hypothekentilgung, durch die Versicherungsleistung zu erbringen. In der Regel spielen die Motive "Altersvorsorge" und "Versorgung von Hinterbliebenen" eine wichtigere Rolle beim Abschluss einer Lebensversicherung.

Was man allerdings nicht vergessen darf: Über die lange Laufzeit können sich die Bedürfnisse des Kunden erheblich verändern. Daher bietet es sich an, frühzeitig vor dem Ablauf der Lebensversicherung das Gespräch mit der begünstigten Person zu suchen, um die Wiederanlage an die individuellen Lebensbedingungen und das Anlageprofil des Kunden anzupassen.

Nur jeder Zehnte legt wieder beim Versicherer an

Gut 40 Prozent des Kapitals aus einer fälligen Lebensversicherung fließen in den Konsum. Um den Markt des freiwerdenden Kapitals buhlen also neben den Finanzdienstleistern auch Autohändler, Immobilienmakler oder Reiseveranstalter. Rund 35 Prozent der ausgezahlten Summen werden hingegen bei der Hausbank angelegt, zirka 15 Prozent bei Fondsgesellschaften.

Gerade einmal knapp zehn Prozent der fälligen Kapitalleistungen werden erneut beim Versicherer investiert - ein vergleichsweise geringer Anteil. Keine gute Ausgangsposition für die Versicherungsgesellschaften beziehungsweise den Vermittler, um Neugeschäft mit dem Kunden zu generieren.

Tages- oder Festgeld zur Kundenbindung

Ein Grund, warum die Versicherer im Wettbewerb mit der Hausbank den Kürzeren ziehen: Sie bieten häufig keine Produkte wie Tages- oder Festgeld an, mit denen sie die Kunden mitsamt ihren Einlagen halten können. Viele Versicherungsgesellschaften scheuen diesen Schritt aufgrund der erforderlichen regulatorischen Vorgaben oder weil ihnen die Infrastruktur für ein solches Angebot zu komplex erscheint.

Doch diese Scheu ist fehl am Platz. White-Label-Produkte ermöglichen es Versicherern, zusätzliche Erträge zu generieren, ohne selbst Know-how, Ressourcen und Infrastruktur bereitstellen zu müssen. Die Kooperation mit einem spezialisierten Dienstleister kann hier erfolgversprechend sein.

Alternativen zu Hausbankprodukten des Kunden

Die Versicherungsgesellschaft kann durch den Einsatz von White-Label-Produkten ihre Wertschöpfungskette relativ unkompliziert erweitern. Um im Wettbewerb mit Banken und Fondsgesellschaften bestehen zu können, sind natürlich auch die Konditionen der Produkte entscheidend. Schließlich will der Kunde neben der Sicherheit auch eine angemessene Rendite für sein wieder anzulegendes Kapital er zielen. Dies hat zwar der Großteil der Ver sicherer erkannt, aber noch längst nicht alle haben die richtige Lösung für ihre Kunden gefunden.

Im Vorteil sind Versicherungsgesellschaften, die bereits mit Dienstleistern wie Ebase zusammenarbeiten und Kunden im Rahmen der Beratungsgespräche zu fällig werdenden Lebensversicherungen vermeintlich "klassische" Bankprodukte wie Tages- und Festgeldkonten mit attraktiven Konditionen als "Auffangprodukte" anbieten können. In der weiterführenden Betreuung des Kapitals können dann je nach Bedarf Investmentfonds oder eine standardisierte Fondsvermögensverwaltung eingesetzt werden. In diesem gesamten Prozess übernimmt der Dienstleister für den Versicherer sämtliche Services rund um die Depot- und Kontoführung (siehe Abbildung).

In den Ablaufprozess integrieren

Durch die Implementierung von White-Label-Produkten gelingt es den Versicherern, einen weitaus größeren Teil des fällig gewordenen Kapitals in ihrem Betreuungs- und Informationskreislauf zu halten. Die Konten und Depots sind jeweils nahtlos in das Produktspektrum des Partners integriert. Sie fügen sich also in das Erscheinungsbild der jeweiligen Assekuranz ein und werden vom Versicherer unter dem eigenen Produktnamen angeboten. Dies wiederum erhöht die Sichtbarkeit der Versicherungsmarke gegenüber dem Endkunden und stärkt dessen Markenkern.

Ein weiterer Vorteil für den Versicherer: Alle White-Label-Angebote werden direkt in den Ablaufprozess fälliger Lebensversicherungen integriert. Über eine flexible IT-Infrastruktur ist daher eine schnelle und individuelle Anbindung an die bestehenden Systeme des Partners möglich.

Ebase verbindet die Vollbanklizenz mit einem modularen Aufbau der Bankprozesse sowie der IT-Architektur und verfügt über das entsprechende Know-how im Bereich der Versicherungswirtschaft - in Deutschland ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Bereich der White-Label-Lösungen für Versicherungen. Damit ermöglichen wir Versicherungsunternehmen, attraktive Bankprodukte anbieten zu können, ohne eine eigene Bank aufbauen zu müssen. Dies spart auf Seiten der Versicherer ein hohes Maß an Ressourcen und an Budget und sichert einen zeitnahen Marktstart.

Rasante Entwicklung im White-Label-Prozess

White-Label-Lösungen in der Finanz- und Versicherungsbranche sind nicht erst mit der wachsenden Bedeutung des Ablaufmanagements von Lebensversicherungen in den letzten Jahren populär geworden.

Im Gegenteil: Der Einkauf von Finanzdienstleistungen und der anschließende Vertrieb dieser Produkte unter eigenem Namen nahm in Deutschland bereits in den achtziger Jahren seinen Anfang. Ausschlaggebend war der damalige Trend zur Allfinanz - zahlreiche Finanzvertriebe entstanden in dieser Zeit. Verändert haben sich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte insbesondere die technische und prozessuale Ausgestaltung der Systeme sowie der regulatorische Rahmen.

So führte die technische Aufrüstung der Plattformen vor gut zehn Jahren zur zweiten Stufe des White Labeling in der Finanzindustrie: Die Anbieter investierten massiv in ihre Informationstechnik (IT) und verfügten damit über Systeme, die sie auch ihren Partnern anbieten konnten. So gelang es ihnen, dass sich ihre eigenen Investitionskosten schneller amortisierten.

Heute sehen wir nun die dritte Stufe im White-Label-Prozess - das Network Banking. Die technische Infrastruktur ist noch ausgereifter, die Schnittstellen noch passgenauer und die Plattformen leistungsfähiger, sodass wir als Anbieter die Integration der Prozesse direkt beim B2B-Kunden vor Ort vorantreiben können. Mehr noch: Heutzutage ist es möglich, einzelne White-Label-Lösungen in die Prozesslandschaft des Kunden regelrecht "hineinzubauen".

Voraussetzung dafür ist zweifelsohne, dass wir das Geschäftsmodell der Kunden und deren individuellen Bedürfnisse im Detail kennen. Hierfür sind hochqualifizierte Mitarbeiter nötig, die die Prozesse implementieren und den erforderlichen Workflow aufsetzen. Damit agieren die Mitarbeiter nicht nur als "verlängerte Werkbank" des Partners, sondern stehen ihm im gesamten White-Label-Prozess als Berater zur Seite.

Gefragt sind im B2B-Geschäft also zunehmend Lösungsanbieter, die dem Kunden echten Mehrwert für sein Geschäft bieten. Der Trend zu White-Label-Produkten in der Finanzbranche ist in jedem Fall noch lange nicht beendet: Egal, ob Versicherung, Bank oder Vermögensverwalter - White Labeling wird sich auf lange Sicht überall dort durchsetzen, wo hohe Investitionen auf Seiten des Partners erforderlich sind.

Grenzen zwischen Bank und Versicherung werden durchlässiger

Mit der steigenden Leistungsfähigkeit der technischen Infrastruktur wird sich auch die individuelle Gestaltung der White-La-bel-Produkte verändern. In der Assekuranz besteht ein hohes Interesse an ganzen Produktpaket-Lösungen besteht. So ist es beispielsweise denkbar, dass Versicherer in absehbarer Zeit ein zahlungsverkehrsfähiges Konto mit einer dazugehörigen Kreditkarte anbieten. Dieses Angebot könnte dann an ein entsprechendes Versicherungspaket gekoppelt sein.

Konkret bedeutet das: Die Grenzen zwischen Banken und Versicherungen werden immer durchlässiger. Umfassende regulatorische Anforderungen verlangen von beiden Branchen eine Stärkung ihrer Eigenkapitaldecke - Banken wie Versicherungen passen ihr Produktangebot an die veränderten Rahmenbedingungen an. Bereits heute gilt damit die klassische Aufteilung zwischen Vermögensanlage auf der einen Seite und Risikoabdeckung auf der anderen Seite nicht mehr - eine Entwicklung, die sich zukünftig noch verstärken wird.

Alternative Modelle erforderlich

Eine weitere Herausforderung für die Assekuranz: Das Produkt Lebensversicherung wird sich neu erfinden müssen. Aller Kritik zum Trotz kann von einem "Auslaufmodell" heute zwar noch keine Rede sein - die Lebensversicherung rangiert in den Statistiken der beliebtesten Vorsorgeprodukte der Deutschen noch immer weit vorn.

Auf lange Sicht sind jedoch angesichts eines seit Jahren sinkenden Garantiezinses und vergleichsweise geringer Renditen, die am Kapitalmarkt zu erzielen sind, alternative Modelle erforderlich. Nur dann kann die Assekuranz auch gegenüber den Altersvorsorgeprodukten der Banken, etwa Fonds- oder ETF-Sparplänen, konkurrenzfähig bleiben.

So wird in der Branche beispielsweise über Lebensversicherungspolicen nachgedacht, bei denen sich die Höhe der prognostizierten Auszahlung ändert, wenn ein bestimmter Referenzzins steigt oder fällt. Dies verringert das Risiko der Versicherer und schafft einen Kapitalpuffer.

Fest steht jedoch: Unabhängig von einzelnen Überlegungen zur Ausgestaltung des Produkts wird dem Kunden auch in Zukunft eine nicht unerhebliche Summe zur Verfügung stehen, sobald die Lebensversicherung fällig wird. Und wenn die Versicherer diese Summen nicht verlieren wollen, können sie nicht früh genug damit beginnen, sich mit attraktiven Produkten bei ihren Kunden zu positionieren.

Rudolf Geyer , Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase), Aschheim
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