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Versicherungsvertrieb: Internetportale mit Fragezeichen

In der Lebensversicherung haben Banken traditionell einen guten Anteil am Vertriebswegemix inne. Im Schaden-Unfallbereich tun sie sich - trotz aller Bemühungen - dagegen nach wie vor eher schwer. Hier stagniert ihr Marktanteil seit fünf Jahren im Wesentlichen unverändert bei rund acht Prozent, wenngleich mit Unterschieden bei den einzelnen Produkten. So lag der Marktanteil des Bankervertriebs im Jahr 2011 in der Kfz-Versicherung bei 5,5 Prozent, in der Allgemeinen Haftpflicht waren es acht Prozent, in der Unfall- und der Sachversicherung elf Prozent.

So weist es der in diesem Jahr zum siebten Mal in Folge veröffentlichte Vertriebswege-Survey von Towers Watson aus. In der Allgemeinen Haftpflicht entsprechen diese Werte einer Marktanteilssteigerung um 1,0 Prozent gegenüber 2007. In der Unfallversicherung konnten die Kreditinstitute ihren Vertriebswegeanteil um 4,7 Prozentpunkte ausbauen und sind damit der größte Gewinner, hauptsächlich zulasten der Ausschließlichkeitsorganisationen (minus 6,0 Prozentpunkte). Im problematischen Kfz-Versicherungsgeschäft stagnierte der Bankvertrieb dagegen (plus 0,1 Prozentpunkte). Hier konnten die unabhängigen Vermittler, der Direktvertrieb und die gebundenen Strukturvertriebe zulegen.

Die Aussichten für den Bankvertrieb sind in der Schaden-Unfall-Sparte vielleicht nicht einmal so schlecht. Die für die Studie befragten Versicherungsunternehmen geben zwar zu 47 Prozent an, dass der Bankvertrieb in den nächsten fünf Jahren für ihr Unternehmen keine Bedeutung haben werde. Gegenüber dem Vorjahr sind das jedoch deutlich weniger. Damals schätzten noch 75 Prozent den Bankvertrieb als bedeutungslos ein. 37 (im Vorjahr 25) Prozent beurteilen den Vertriebsweg Kreditinstitut als von gleichbleibender Bedeutung, immerhin 16 Prozent sehen eine Bedeutungszunahme, für die sich im Vorjahr offenbar niemand aussprechen wollte.

Das größte Wachstumspotenzial sieht die Studie allerdings für den Direktvertrieb und dabei nicht zuletzt die Internetportale. 2011 machte der Direktvertrieb in der Schaden-Unfall-Sparte insgesamt vier Prozent des Gesamtmarktes aus. In der Kfz-Sparte liegt der Marktanteil jedoch bereits doppelt so hoch. Hier wird ein deutlicher Trend zum Verkauf über Internetseiten und Vergleichsportale verzeichnet, denen die Marktteilnehmer denn auch das größte Wachstumspotenzial zuschreiben. Etwa die Hälfte der Studienteilnehmer stuft ihre Bedeutung als zunehmend ein. Die Marktchancen der Internetportale hängen aber in starkem Maß von der Produktpolitik der Versicherer ab. Denn sie funktionieren nur so lange gut, wie die Produktangebote vergleichbar sind. Die Einführung modularer Tarifsysteme in der Kfz-Versicherung oder eine stärkere Individualisierung der Tarife erschweren jedoch die Vergleichbarkeit und erhöhen den Beratungsbedarf. Eine verstärkte Einführung solcher Tarife dürfte die Perspektiven für Versicherungsportale beeinträchtigen, was den auf Beratung setzenden Vertriebswegen - und damit auch den Banken - zugute kommen könnte.

Lebensversicherung: Ausschließlichkeit überholt Bankvertrieb

In der Lebensversicherung ist die Aussage bezüglich des Bankvertriebs eindeutig: Der Platz eins der Kreditwirtschaft im Vertriebswegemix vor den Ausschließlichkeitsorganisationen im Jahr 2010 war (zumindest vorerst) wie erwartet eine Eintagsfliege. Hauptsächlich basierte er auf dem Boom des Einmalbeitragsgeschäfts. Und mit dessen Normalisierung musste der Marktanteil des Bankvertriebs auf das Normalmaß früherer Jahre zurückfallen. Das war erwartet worden. Allerdings war der Rückgang noch deutlicher als prognostiziert, so Ulrich Wiesenewsky von Towers Watson. So sank der Vertriebswegeanteil der Banken und Sparkassen im Gesamtmarkt Leben im Jahr 2011 gegenüber 2010 um 4,5 Prozentpunkte von 32,1 auf nur noch 27,6 Prozent - und damit auf das niedrigste Niveau der letzten fünf Jahre.

Den größten Vertriebswegeanteil in der Lebensversicherung haben damit wieder die Ausschließlichkeitsorganisationen mit 30,4 Prozent an den APE. Das sind 2,7 Prozentpunkte mehr als 2010 und der höchste Wert seit 2004. Die Ausschließlichkeitsorganisation ist dabei in fast allen Produktkategorien überdurchschnittlich gewachsen, namentlich bei den Rentenversicherungen. Bei den Einmalbeiträgen büßte der Ausschließlichkeitsvertrieb weniger ein als die übrigen Vertriebskanäle.

Ausschließlichkeits- und Direktvertrieb mit Wachstumspotenzial

Ihren Marktanteil ausbauen konnten auch die unabhängigen Vermittler um 1,1 Prozentpunkte auf 26,9 Prozent. Der Direktvertrieb spielt in der Lebensversicherung nach wie vor keine große Rolle. Gerade der Vertrieb über Internetportale konnte seine Bedeutung noch nicht wie erwartet steigern. Und doch könnte es möglicherweise eine Trendwende geben. War die Bedeutung des Direktvertriebs von 2006 (6,5 Prozent) bis 2009 (3,7 Prozent an den APE) ) rückläufig, so nahm der Vertriebswegeanteil in den Jahren 2010 und 2011 wieder leicht zu - um insgesamt 0,8 Prozentpunkte auf zuletzt 4,5 Prozent. 2011 hat sich der Marktanteilsgewinn jedoch spürbar verlangsamt, von 0,6 Prozentpunkten 2010 auf nur noch 0,2 Prozentpunkte. Dennoch gehen Vertreter der Assekuranz davon aus, dass die Internetportale neben Maklern die besten Wachstumsaussichten für die nächsten Jahre haben werden. 47 Prozent rechnen hier mit einer Bedeutungszunahme in den nächsten fünf Jahren. Damit deckt sich auch die Prognose von Towers Watson, die ebenfalls von einer Fortsetzung des jüngsten Wachstumstrends beim Direktvertrieb ausgeht.

Vor allem der unabhängige Vertrieb wird Towers Watson zufolge in der Leben-Sparte (anders als bei Komposit, wo der Vertriebswegeanteil seit Jahren sinkt) jedoch Marktanteile gewinnen, vor allem dank seiner Spezialisierung auf Produkte, die sich besonders gut verkaufen lassen, wie BU-Policen und betriebliche Altersvorsorge. Stark sind sie auch bei Fondspolicen - und dort könnte der Absatz anziehen, wenn das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt wieder steigt.

Für den Bankvertrieb geht Towers Watson von einem konstanten Anteil im Markt für Lebensversicherungen aus. Das meinen auch 38 Prozent der Vertreter der Assekuranz, während 36 Prozent von einer wachsenden Bedeutung ausgehen. Insgesamt ist die Beurteilung der Perspektiven des Bankvertriebs durch die Versicherer jedoch deutlich zurückhaltender als noch im Vorjahr. Beim Kompositgeschäft verhält es sich genau umgekehrt. Ob das jedoch zu einem Paradigmenwechsel bei der Bankassurance reicht ist ungewiss.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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