Direktbanken und Direct Banking

Volksbank Eisenberg: Mit der Ethikbank in den Westen

In der BVR-Mitgliederliste aus dem Jahr 2007 rangiert die Volksbank Eisenberg eG, Eisenberg, mit einer Bilanzsumme von 179,445 Millionen Euro auf Platz 754 von 1 176 Instituten. Dennoch ist die ostthüringische Kleinstadt-Volksbank (Eisenberg in der Nähe Jenas hat 11 500 Einwohner) mit 52 Mitarbeitern eine besondere. Denn für ein Haus dieser Größe mehr als ungewöhnlich, unterhält sie nicht nur eine, sondern gleich zwei eigene Direktbanken: die Volksbank Eisenberg direkt und die Ethikbank. Beide zusammen kommen mittlerweile auf 9 759 Kunden - nur ein gutes Drittel weniger als ihre Volksbank-Mutter, die in ihren fünf Filialen etwa 14 000 Kunden betreut.

Kleinste Direktbank Deutschlands

Der Einstieg ins Direktbankgeschäft 1995 wird als eher dem Zufall zu verdanken beschrieben. Das genossenschaftliche Rechenzentrum in Kassel plante, ein Call-Center einzurichten und suchte dafür eine Pilotbank. Die Einrichtung lediglich eines neuen Kommunikationskanals, mit dem man keine neuen Kunden hätte akquirieren können, war für die Bank aber nicht attraktiv. Deshalb beschloss man die Gründung einer überregional tätigen Direktbank, die sich vor allem mit dem damals noch nicht so verbreiteten Tagesgeldkonto positionierte, das 2001 um ethisch-ökologische Geldanlagen ergänzt wurde.

Ein Ärgernis im genossenschaftlichen Verbund ist die Volksbank Eisenberg Direkt mit der Website "www-my-direktbank.de" vermutlich nie gewesen. Mit ihren am Jahresende 2007 insgesamt 3 109 Kunden ist sie wohl doch zu klein, um ernstlich als Störenfried im Regionalprinzip empfunden zu werden. Die Erwartungen der Mutter hat sie gleichwohl erfüllt. Ihre Kunden sind zum überwiegenden Teil tatsächlich Neukunden.

Seit der Gründung der Ethikbank 2002 hat man - schon aus den bei der Größe der Mutter nahe liegenden Kapazitätsgründen - die Markenpflege der Volksbank Eisenberg direkt etwas vernachlässigt, gibt die Volksbank zu. Dies soll in Zukunft wieder geändert werden. Vermarkten will man vor allem den individuellen Charakter der "persönlichen Direktbank", in der der Kunde zum Beispiel am Telefon nicht im anonymen Call-Center landet, sondern stets den gleichen Ansprechpartner hat. Für die Neukundengewinnung spielen vor allem Suchmaschinenwerbung und Empfehlungsmarketing eine Rolle. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda hat die Mini-Direktbank 2007 46 Prozent ihrer Neukunden gewonnen. Pressearbeit dagegen wird derzeit eigentlich nur für die Ethikbank betrieben.

Nische im Firmenkundengeschäft

Dennoch habe die Volksbank Eisenberg Direkt ihre Nische gefunden, und zwar vor allem im Firmenkundengeschäft. Denn für eine Direktbank eher unüblich - bietet sie auch Geschäftskonten und kurzfristige Geldanlagen für Firmenkunden an. Während man im Privatkundengeschäft den immer härteren Wettbewerb deutlich spüre, sei die Nachfrage nach Geschäftskonten ungebrochen. Zu den Firmenkunden, die immerhin ein Drittel der Kunden ausmachen, zählen vor allem Kleinunternehmer, gemeinnützige Organisationen und Betriebe in der englischen Rechtsform "ltd."

Ethikbank: Von der Klimadebatte beflügelt

Die größere Bedeutung für die Mutter hat gleichwohl längst die 2002 gegründete Ethikbank GmbH, die sich in der Nische der ethisch-ökologischen Geldanlage angesiedelt hat und hier konkurrenzfähige Zinsen und günstige Gebühren bieten will. Dass die Bank zwei Jahre später als ursprünglich geplant schwarze Zahlen schreibt, wird mit der Zinsentwicklung erklärt. Pünktlich zum fünften Geburtstag, den die Bank am 15. Dezember 2007 feierte, konnte sie im Geschäftsjahr 2007 jedoch einen bescheidenen Jahresüberschuss von 140 000 Euro verzeichnen.

Von der Volksbank-Mutter wird dies mit Befriedigung aufgenommen, setzt man doch auf die Ethikbank große Hoffnungen. Angesichts der Wettbewerbssituation am Markt brauche man das überdurchschnittliche Wachstum, um den anhaltenden Margenverfall zu kompensieren und den Ertrag stabil zu halten.

Und mit überdurchschnittlichem Wachstum kann die Ethikbank durchaus dienen. Schon heute beläuft sich das Kundenvolumen auf ein Drittel dessen der Volksbank Eisenberg. Und die Kundenzahl hat mit 6 650 nicht nur die der sieben Jahre älteren Volksbank Eisenberg Direkt hinter sich gelassen, sondern beläuft sich auch schon auf fast die Hälfte dessen, was die Mutter im Filialgeschäft aufzuweisen hat. Allein im vierten Quartal 2007 ist die Ethikbank um 391 Kunden gewachsen. Wie jüngst auch die GLS Bank, sieht man das Geschäft nicht zuletzt von der anhaltenden Klima-Debatte beflügelt.

Dass die gewählte Nische ein gutes Potenzial bietet, gilt offenbar vor allem für den Westen Deutschlands: 95 Prozent der Ethikbank-Kunden sind im Westen Deutschlands zu Hause, wobei es sich um überdurchschnittlich intelligente, gebildete und einkommensstarke Kunden handele. Im Osten dagegen hätten die Menschen noch andere Probleme, als sich im Zusammenhang mit Bankgeschäften um ethisch-ökologische Belange zu kümmern.

Zwei Millionen Euro des Kundenvolumens von mittlerweile 64 Millionen Euro (plus 45 Prozent im Jahr 2007) stammen inzwischen aus Österreich, wo die Bank seit Februar 2006 aktiv ist.

Im Kreditgeschäft ist man seit Oktober 2006 aktiv. Der Ökokredit zwischen 5 000 und 30 000 Euro ist für Privatpersonen bestimmt, die in ökologisch sinnvolle Projekte investieren wollen - vor allem umweltschonende Um- und Ausbauten. Auf die Eintragung einer Grundschuld wird dabei verzichtet. 2008 soll aber auch die Öko-Baufinanzierung folgen.

Stolz ist die Bank auf das Abschneiden ihres Riester-Banksparplans bei "Finanztest". Im Oktober 2007 kam die Ethikbank hier im Vergleich von 51 Anbietern auf Rang zwölf.

Im Markt eher belächelt worden ist einer Sprecherin der Bank zufolge das im Mai 2005 eingeführte "Mikrokonto". Es wird speziell Insolvenzschuldnern angeboten, denen mit Eröffnung der Privatinsolvenz die Kontokündigung bei ihrer Hausbank droht. Das auf Guthabenbasis geführte Konto wird als zweite Chance verstanden, die es den Kunden ermöglichen soll, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. 1 092 Konten dieser Art wurden Ende 2007 geführt. Die Erwartungen der Bank wurden damit voll erfüllt

- zumal für das Konto kein Marketing betrieben wird. Einen Ansturm betroffener Kunden könne man kapazitätsmäßig ohnehin nicht bewältigen. Geld zu verdienen ist mit dem "Mikrokonto" einstweilen nicht. Die Kontoführungspauschale von 7,50 Euro pro Monat sei lediglich kostendeckend - und um 2,50 Euro höher als beim regulären Girokonto, weil Mikrokontoinhaber sich häufiger mit kleinen Beträgen am Geldautomaten versorgen. Cross-Selling mit diesen Kunden verbietet sich während der 6-jährigen Insolvenzdauer und der anschließenden einjährigen Schonzeit. Nach dieser Durststrecke hofft die Bank auf die Dankbarkeit der Kunden dafür, dass man ihnen in schwierigen Zeiten eine Chance gegeben hat. Dann habe man den Anspruch, diese Klientel in eine reguläre Geschäftsbeziehung zu überführen und ihnen vielleicht neben dem Girokonto noch das eine oder andere Produkt verkaufen zu können. Ob dies gelingt, wird sich erst in einigen Jahren zeigen können.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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