Brand Experience

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Brand Management und Markenpolitik haben im Konsumgüterbereich eine große Bedeutung und lange Tradition. Im Bereich der Finanzdienstleister begann die Beschäftigung mit der Marke in den Sechziger Jahren.

Ziel des Brand Managements ist es, über eine starke Marke dem Produkt oder den Produkten einen Vorteil zu verschaffen, der über die objektiven Produkteigenschaften hinausgeht und beim Kunden zu einer Kaufpräferenz führt.

Bei Finanzdienstleistern oft Dachmarken

Während im Konsumgüterbereich stark auf Produkt- und Produktgruppenmarken gesetzt wird, gibt es bei Finanzdienstleistern in der Regel eine Dachmarke, die für eine ganze Unternehmung oder teilweise sogar für eine ganze Unternehmensgruppe und ihre Produkte herangezogen wird.

In den letzten Jahrzehnten haben sich durch die intensive Bewerbung der gebrandeten Unternehmen starke Finanzdienstleistungsmarken herausgebildet, die in der Bevölkerung präsent sind. So wurden beispielsweise der Brand und Claim der Sparkassen, das S und "Wenn's ums Geld geht - Sparkasse" über Jahrzehnte kontinuierlich mit dem Resultat gepflegt, dass nahezu jeder diesen Claim kennt.

Bekanntheit und positive Einstellung zur Marke schaffen

Bei der Brand Experience (Markenwahrnehmung) geht es aber nicht nur darum, eine Marke bekannt zu machen, sondern auch darum, eine positive Einstellung (Sympathie und Begehrlichkeit) auszulösen. Dies gelingt dann, wenn die Marketinginstrumente kundengerecht in Richtung Kundenzufriedenheit ausgerichtet sind.

Zu beachten ist, dass durch die zunehmende Komplexität beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen alle Touchpoints des Unternehmens mit seinen potenziellen Konsumenten in der realen und virtuellen Welt optimal gestaltet werden müssen: Die Kommunikation sollte integriert, das heißt aus einem Guss, das Produktangebot kundenadäquat, die Preise marktkonform, die Vertriebskanäle aufeinander abgestimmt, die Beratung umfassend und der Kaufabschluss einfach und mit dem notwendigen Service angeboten werden.

Markenerlebnis auf vier Ebenen

Nicht zu vergessen sind die After-Sales-Aktivitäten, die nach dem Kauf beachtet werden müssen. Diese Maßnahmen sollen dazu führen, dass es zu einem ganzheitlichen Markenerlebnis kommt, Kundenzufriedenheit erreicht wird und eine dauerhafte Kundenbindung an das Unternehmen die Folge ist.

Eine positive Einstellung zur Marke wird sich dann entwickeln, wenn die Brand Experience positiv ist. Das Markenerlebnis passiert auf vier Ebenen

- Wahrnehmung ("sensory"),

- Emotion ("affective"),

- Kognition ("intellectual") und

- Handlung ("behavioral").

Wenn es über Jahre hinweg an allen Touchpoints positiv ist, führt das zur Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität. Wichtig ist, dass die jeweilige Marke in ihrer Gesamtheit positiver gesehen wird als die anderen Marken derselben Kategorie.

"Begeisterung" bleibt meist nur ein Wunschdenken

Das Ziel einer besseren Wahrnehmung reicht oftmals aus, da die in der Literatur geforderte "Begeisterung" für eine Marke an allen Touchpoints meist nur ein Wunschdenken ist und in diesem Ausmaß nicht realisiert werden kann. Wenn "Begeisterung" bei einzelnen Touchpoints erzielt wird, kann dies als großer Erfolg des Marketings gesehen werden und es sollte versucht werden, diesen längerfristig zu erhalten.

Das Brand-Experience-Konzept wurde von J. Josko Brakus, Bernd H. Schmitt und Lia Zarantonello entwickelt und erstmals 2009 im "Journal of Marketing" vorgestellt. Demgemäß führen auf den Touchpoints der Customer Journey die erwähnten vier Dimensionen - Wahrnehmung, Emotion, Kognition, Handlung - zur Brand Experience. Die Markenerlebnisse variieren meist stark in der Intensität und Wertigkeit, manche passieren spontan ohne viel Reflexion und sind kurzlebig, andere kommen bewusst zustande und sind langlebiger. Gespeichert im "consumer/customer memory" beeinflussen sie dreifach die Kundenloyalität: zum einen direkt und zum anderen indirekt über die Kundenzufriedenheit und Markenpersönlichkeit. Damit trägt die Brand Experience entscheidend zur "customer equity" und zum "customer lifetime value" bei.

Für die Brand Experience ist entscheidend, wie eine Marke vom Kunden/Konsumenten an den unterschiedlichen Touchpoints wahrgenommen und in der "consumer/ customer memory" abgespeichert wird.

Nicht alle Touchpoints sind kontrollierbar

Damit dies gelingt, müssen die Touchpoints identifiziert und so gestaltet werden, dass die Brand Experience positiv ist. Bei den kontrollierbaren Touchpoints gelingt dies einfacher, bei den immer stärker vorhandenen unkontrollierbaren Touchpoints kann dies eine große Challenge sein.

- Kontrollierbare Touchpoints kommen zum Beispiel in der Kommunikation, bei der Verpackung und der Gestaltung des Brands vor. Überall, wo der Kunde das Brand wahrnehmen und verinnerlichen kann, tritt dieser so auf, wie es das Unternehmen selbst veranlasst.

- Nicht immer kontrollierbare Touchpoints gibt es zum Beispiel beim Sponsoring. Diese können positiv sein, wenn die "richtige" Maßnahme gesetzt und die Berichterstattung über die Gesponserten positiv ist (zum Beispiel bei einem Titelgewinn des geförderten Sportklubs). Sie können aber auch negativ sein, wenn die "falsche" Maßnahme gesetzt wird oder die Berichterstattung über die Gesponserten nicht die beste ist (beispielsweise Hooliganismus bei geförderten Fußballvereinen). Oder sie können gar nichts bewirken, was auch vorkommen kann.

- Daneben gibt es die nicht kontrollierbaren Touchpoints. Das Weitererzählen von Erlebnissen im Zusammenhang mit einem Brand - ob persönlich oder über Social Media - entzieht sich der direkten Steuerung durch das Unternehmen. Wordof-Mouth kann zu positiver oder zu negativer Brand Experience führen. Indirekt kann das Unternehmen zugunsten des Brands eingreifen, wenn gutes Marketing betrieben und im Falle von Problemen sofort kundenorientiert eingegriffen und gehandelt wird.

Um zu einem positiven Brand Experience zu kommen, gilt es den potenziellen und bestehenden Kunden einer Marke ein prägnantes Markenerlebnis entlang des Kaufentscheidungsprozesses, das heißt, des Pre-Sale-, Sale- und After-Sale-Prozesses zu bieten. Eine positive Brand Experience soll zu Mehrkauf, Wiederkauf und zur Weiterempfehlung der Marke führen und durch das strategische und konsistente Management der Touchpoints erreicht werden. Durch die zunehmende Anzahl der Touchpoints wird dies immer schwieriger.

Veränderungsdynamik bei den Touchpoints wird immer größer

Schon die kontrollierbaren Touchpoints wie zum Beispiel die der Kommunikation müssen laufend auf den Prüfstand gestellt werden, um deren Relevanz und die Attraktivität des Brands zu prüfen und sicherzugehen, dass die positive Brand Experience bei der angestrebten Kundenzielgruppe ausreichend gegeben ist.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Dynamik der Veränderung bei den Touchpoints immer größer wird. Notwendige Adaptierungen müssen zeitgerecht vorgenommen werden, um die Brand Experience zu optimieren und die verfügbaren Möglichkeiten optimal einzusetzen. Es gilt, die für die Brand Experience relevanten Touchpoints zu identifizieren und diese entsprechend auszugestalten.

Wer von den Finanzdienstleistern im Sinne einer positiven Unternehmensentwicklung Kundenzufriedenheit und in der Folge Wiederkäufe und Stammkunden erreichen möchte, kann auf die Gestaltung einer entsprechenden Brand Experience nicht verzichten. Nicht die Produkte beziehungsweise Dienstleistungen, sondern deren Bedeutung und Erlebnis bringen den Mehrwert, der Kunden zum Kauf veranlasst.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at
Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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