Buy now, pay later

"Buy now, pay later", "Kaufe jetzt, zahle später" wurde erstmalig vom ambitionierten schwedischen Fintech Klarna mit den vier Buchstaben BNPL promoted und in ein erfolgreiches Geschäftsmodell umgesetzt. Aber ist "Buy now, pay later" nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen? Diese Redewendung trifft auf BNPL tatsächlich zu. Alter Wein, da es seit langem den Kauf auf Kredit gibt, in neuen Schläuchen, weil die Art, wie dieser Kauf abgewickelt wird, neu, bislang erfolgreich und - wie es scheint - profitabel ist. Der Unternehmenswert von Klarna hat sich in kurzer Zeit auf zig Milliarden US-Dollar vervielfacht. Im Kern ist "Buy now, pay later" aber nichts anderes als ein Konsumentenkredit, der in den Checkout mit allen anderen Zahlungsmöglichkeiten eingebettet ist.

Kredite an private Konsumenten hatten ihren ersten Boom in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Teilzahlungs-/ Ratenkredite der Versandhäuser sowie durch Spezialbanken, wobei Teilzahlungskredite ausbezahlt wurden, ohne dass der Händler involviert war (Kundenfinanzierung), und solche, wo der Teilzahlungskredit aufgrund eines Rahmenvertrags der Teilzahlungsbank mit dem Händler vergeben wurde (Absatzfinanzierung). Der Erfolg dieser Kreditform führte dazu, dass nach der Implementierung der privaten Girokonten in den sechziger Jahren nahezu alle Retailbanken Konsumentenkredite anboten, wodurch die Teilzahlungsbanken beträchtlich Marktanteile und ihre führende Stellung bei Konsumentenkrediten verloren.

Konsumentenkredit statt Kreditkarten

Der Konsumentenkredit, das Kreditgeschäft mit privaten Haushalten unterschiedlicher Berufsgruppen und sozialer Schichten, ist heute eine der wichtigsten Ertragsquellen aller Retailbanken, wenngleich diese pandemiebedingt derzeit etwas stagnieren. Das Geschäft beruht auf zwei Standbeinen: zum einen auf dem Dispositionskredit, wo bis zu einem vereinbarten Betrag zu vereinbarten Zinsen das Girokonto überzogen werden kann, und zum anderen auf Krediten an Private mit einem eigenen Vertrag, der vor allem Kreditbetrag, Zinsen/Konditionen, Laufzeit und Raten enthält.

Angesichts dieses Erfolgs der Konsumentenkredite hatten es die "echten" Kreditkarten, die Kreditkarten mit einem revolvierenden Kredit, im Gegensatz zu den "delayed debit" Kredit karten, bei denen nur ein kurzer Laufzeitkredit zur Abrechnung/Abbuchung vorlag, schwer, am Markt zu reüssieren. Nur ein kleiner Teil der Kreditkarten waren und sind heute revolvierende Kreditkarten. Sie werden meist von Banken emittiert, die auf das (Kredit)Geschäft mit privaten Kunden fokussiert sind. Auch bei den am Markt nicht bedeutsam gewordenen "cobranded" Kreditkarten mit Kreditfunktion konnte sich die Kreditnutzung am deutschen Markt nicht nachhaltig durchsetzen.

Klarna trifft den Zeitgeist

Startpunkt der BNPL-Funktion war für Klarna der Aufschwung des E-Commerce - nicht erst seit Corona, sondern bereits davor - und der damit einhergehende Trend, Einkäufe online zu tätigen und online zu bezahlen. Mit seinem Angebot hat Klarna offenbar den Zeitgeist getroffen - ein einfach abzuschließender Online-Kredit wird dem persönlichen Ansuchen um einen Konsumentenkredit vorgezogen.

Mittlerweile ist Klarna nicht mehr alleiniger Anbieter am Markt und "Buy now, pay later" beschränkt sich nicht mehr auf den E-Commerce, sondern ist auch am PoS verfügbar beziehungsweise wird auch dort verfügbar sein und es gibt für Händler bereits eine Reihe von BNPL-Anbietern.

Herausforderung für Teilzahlungs- und Retailbanken

Für die klassischen Teilzahlungs- und Retailbanken ist BNPL eine Herausforderung, da sowohl ihre Dispositions- als auch ihre Ratenkredite starke Konkurrenz erhalten haben. Dieser Herausforderung zu begegnen wird nicht ganz einfach sein, da die Banken die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs beim Händler, das Acquiring, weitgehend aus der Hand gegeben haben.

So wie es - auch auf anderen Gebieten (zum Beispiel kontaktloses Bezahlen wird Usus) - derzeit aussieht, wird ein online einfach zu erhaltender Konsumentenkredit auch nach Pandemieende nicht weniger genutzt werden, sondern sich als normal angesehene Vorgangsweise weiter durchsetzen. Dazu trägt bei, dass BNPL in die Vielfalt der Zahlungslösungen eingebunden ist und die Nutzung dieser einen Kredit induzierende Zahlungsform weit über einen reinen Ratenkauf hinausgeht. Auf diese Weise können Kunden, wenn es an die Bezahlung der gekauften Waren oder Dienstleistungen geht, beim Checkout selbst bestimmen, wie sie zahlen und ob sie die Kreditmöglichkeit in Anspruch nehmen.

Risiko der Schuldenfalle

Wenn BNPL gewählt wird, ist die Kreditrückzahlung äußerst flexibel. Es kann der ganze Betrag später in voller Höhe bezahlt werden und die Rückzahlung kann in mehreren festen Raten erfolgen. Zinsen werden vorab vereinbart und im Zahlungsplan berücksichtigt. Auch Zahlung auf Rechnung kann über BNPL erfolgen, wobei die Kunden die gekauften Produkte sofort erhalten und zum Beispiel erst 14 Tage später ohne Zinsverrechnung zahlen. Auf diese Weise können Kunden sofort bezahlen, später bezahlen und in Raten bezahlen und der gesamte Bezahlungsvorgang ist in die Customer Journey integriert.

Vor allem junge Konsumenten, die jetzt kaufen wollen und nicht mit dem Kauf eines Produkts warten wollen bis der notwendige Betrag erspart wurde, haben BNPL einen Push gegeben. Es zeigt sich jedoch, dass auch ältere Konsumenten, für die Ratenzahlung noch ein Begriff ist, BNPL nicht abgeneigt sind.

Für eine zunehmende Anzahl von Verbrauchern werden individualisierte Angebote mit unterschiedlichen Wahlmöglichkeiten, verbunden mit einer einfachen flexiblen Kreditmöglichkeit, ei der Bezahlung immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Wie der Kredit im Hintergrund abgewickelt wird - durch den Händler, den kreditgebenden Payment Provider (mit Banklizenz) oder in Form einer gemeinsamen Lösung - ist zweitranging. Auf jeden Fall muss die Lösung nutzerfreundlich sein, um einen einfachen und schnellen Zahlungsbeziehungsweise Kreditabschluss zu erreichen. Und - was derzeit nicht im Fokus steht - die vom Konsumenten zu zahlenden Zinsen werden dem Vergleich mit anderen Konsumentenkrediten, wie der Überziehung des traditionellen Girokontos, nicht nur standhalten, sondern günstiger sein müssen.

BNPL entspricht dem Zeitgeist für modernes Shopping. Es soll aber kritisch angemerkt werden, dass der einfache, schnelle und flexible Kredit das Tappen in die Schuldenfalle massiv erleichtert. Dies kann zu Problemen für die Käufer beziehungsweise Kreditnehmer führen, kann aber auch bei Krisen den BNPL-Anbietern Probleme bereiten.

Obwohl auch ältere Personen nicht davor geschützt sind, zahlungsunfähig zu werden, betrifft das Risiko der Schuldenfalle vor allem die jüngeren Konsumenten. So posten zum Beispiel junge Nutzer (scheinbar mit Stolz) ihre offenen Kontostände bei Klarna auf Tiktok. Es gilt daher für BNPL-Anbieter - auch im eigenen Interesse - dafür zu sorgen, dass ihre Kunden zahlungskräftig bleiben, um möglichst lang diesen Zahlungs-/Kreditservice nutzen zu können.

Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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