Emotional Leadership

Dr. Ewald Judt, Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien

Quelle: Wirtschaftsuniversität Wien

Emotionen spielen beruflich, wie privat eine entscheidende Rolle und sollten daher auch in Unternehmen im Sinne einer humanistischen und ganzheitlichen Kultur berücksichtigt werden. Dieser Sichtweise folgend, hat sich in den letzten Jahren verstärkt der Ansatz des Emotional Leadership entwickelt, bei dem ein Verständnis für die Gefühle und der kontrollierte und reflektierte Umgang die Basis bilden. In der Organisationsentwicklung hat sich gezeigt, dass der richtige Umgang mit Emotionen ein elementarer Faktor für Motivation, Effizienz und Erfolg darstellt. Gerade in Krisensituationen, wie zum Beispiel die Covid 19 Pandemie, kommt es im besonderen Maße auf die emotionale Intelligenz der Führungskräfte an, um positive Akzente zu setzen und die Motivation und Leistungen der Mitarbeiter zu fördern. Dabei ist es wichtig, sowohl die eigenen Emotionen zu beachten, als auch die emotionale Befindlichkeit des Mitarbeiters zu berücksichtigen.

Veränderungsprozesse in Unternehmen sind immer mit persönlichen Veränderungen des Einzelnen und ganzer Teams verbunden und stark von Emotionen geprägt. Emotional Leadership umfasst eine individuelle und wertschätzende Führung, die die Stärken jedes Mitarbeiters in den Vordergrund stellt, um starke Teams aufzubauen. Die Herausforderung liegt dabei darin, die Emotionen zu erkennen und zu verstehen, was dahintersteckt, um vor allem bei abwehrenden Verhaltensmustern bis hin zu offenem oder verdecktem Widerstand, frühzeitig gegensteuern zu können. Beim Emotional Leadership werden die Intuition und die Emotionen bewusst in die Führungsarbeit einbezogen. Um Teams zu Spitzenleistungen zu motivieren, spielen neben Motivationsfaktoren wie Einkommen und materiellen Incentives auch der Führungsprozess und die Vorbildfunktion eine immer größere Rolle. Führungskräfte sollten das, was sie von ihren Mitarbeitern verlangen, auch selbst vorleben.

Auch Neurowissenschaftler betonen, wie wichtig die Verbindung menschlicher Vernunft mit Gefühlsbotschaften bei Entscheidungsprozessen ist. Die Corona Krise hat bei manchen Mitarbeitern zu emotionalen Stimmungs-Tiefs geführt. Emotional Leadership bedeutet, in einer gemeinsamen Analyse die Ursachen zu erkennen und gemeinsam Ideen zu entwickeln, um den Mitarbeiter aus seinem Demotivationsloch zu holen. Der emotionale Zustand eines Menschen und die Atmosphäre in einem Unternehmen beziehungsweise einer Abteilung üben einen entscheidenden Einfluss auf die Leistung aus.

Erfolgsfaktoren Vertrauenskultur und Zugehörigkeitsgefühl

Ein wichtiger Erfolgsfaktor beim Emotional Leadership ist die Entwicklung eines emotionalen Zugehörigkeitsgefühls, damit sich alle Mitarbeiter zu einem großen Ganzen zugehörig fühlen. Je höher die emotionale Bindung zu einem Unternehmen oder einer Gruppe, desto engagierter setzen sich Mitarbeiter für das Unternehmen und ihre Gruppe ein, desto loyaler werden sie sich verhalten und desto produktiver sind sie. Klar kommunizierte und gelebte Leitbilder können als Orientierung und Vision eine wichtige Rolle spielen.

Eine weitere zentrale Komponente ist der Aufbau einer Vertrauenskultur. Dazu zählen das Einhalten von Vereinbarungen und eine offene Informations- und Kommunikationskultur, in der Lob und Anerkennung eine bestimmende Rolle spielen. Auch unangenehme Entwicklungen sollten transparent kommuniziert werden. Führungskräfte können durch Respekt, Wertschätzung und Achtung im täglichen Umgang mit ihren Mitarbeitern zur emotionalen Bindung beitragen.

Beim Emotional Leadership soll die persönliche Beziehung zu den Mitarbeitern gesucht werden. Entscheidend dabei ist, dass ein ehrliches Interesse an der Arbeit des Mitarbeiters und seiner persönlichen Entwicklung gezeigt wird, was sich zum Beispiel durch wertschätzende Fragen ausdrücken kann, durch die die Führungskraft zeigt, dass sie sich für den Menschen im Mitarbeiter interessiert. Wichtig für den Aufbau eines persönlichen Vertrauensverhältnisses ist das Bewusstsein, dass jeder Mitarbeiter auch ein Privatleben führt.

Beim Emotional Leadership werden auch die Zielvereinbarungen mit emotionalen Aspekten verknüpft und es wird versucht, ehrliche Zustimmung zu den getroffenen Vereinbarungen zu erhalten. Wenn es gelingt, dass Mitarbeiter eine vereinbarte Zielerreichung als persönliche Herausforderung sehen, fällt das zielorientierte Handeln deutlich leichter.

Da es vielen Führungskräften jedoch schwerfällt, über Gefühle zu reden beziehungsweise sie zu managen, finden sie oftmals wenig emotionalen Zugang zu ihren Mitarbeitern, weshalb die Führungskräfteaus- und -weiterbildung verstärkt in Richtung Emotional Leadership weiterentwickelt werden sollte.

20 Jahre Bankmanagement Glossar
Genau 20 Jahre ist es her, dass das erste Bankmanagement Glossar in bank und markt erschien. Das erste Glossar am 1. Januar 2002 wurde der "Balanced Scorecard als modernes Managementsystem" gewidmet. Im ersten Jahr folgten mit Themen wie Biometrie, Coaching, Customer Relationship Management oder Mystery Shopping solche, die heute noch hohe - oder wie im Fall der Biometrie - sogar noch deutlich höhere Relevanz haben als damals. Nur über wenige Themen aus diesen 20 Jahren ist die Zeit hinweggegangen, weil sie sich als Fehlentwicklung erwiesen haben: Die Electronic Purse und die "Electronic Purse Specifications" (CEPS). Viele andere Themen gehören zu Standards des Bankmanagements oder wiesen zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung bereits in die Zukunft. Die Redaktion bedankt sich bei den Autoren. Red.
Dr. Ewald Judt , Honorarprofessor , Wirtschaftsuniversität Wien
Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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