Personas

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Der Begriff "Persona" stammt aus dem Lateinischen und bezeichnet die Maske (eines Schauspielers). Im übertragenen Sinn wird Persona auch für "Rolle" oder "Charakter" verwendet.

Die Persona-Methode für das Marketing wurde von Alan Cooper, einem US-amerikanischen Experten für Interaktionsdesign, entwickelt und im Jahr 1998 in seinem Buch "The Inmates are Running the Asylum" beschrieben. Cooper versteht Personas als "hypothetische Archetypen" einer Zielgruppe, die sorgfältig und präzise in einem Profil beschrieben werden müssen: "Develop a precise description of our user and what he wishes to accomplish".

Zielgruppen besser kennenlernen

Das Ziel des Personas-Ansatzes besteht im Marketing darin, aus den abstrakten Eigenschaften einer Zielgruppe eine ganz konkrete Person künstlich zu erschaffen, die stellvertretend für eine Zielgruppe steht. Detailliert und gut ausgearbeitete Personas helfen Unternehmen dabei, ihre Zielgruppen besser zu verstehen und Kundenloyalität beziehungsweise Kaufentscheidungen auszulösen. Basierend auf Personas können Produkte, Services, Kommunikation und Vertrieb genauer am Kunden ausgerichtet, die Zielgruppe dadurch besser erreicht, Streuverluste verringert und die Marketingkosten reduziert werden, wodurch die Effizienz gesteigert wird.

Bei Personas handelt es sich um fiktive Menschen, die stellvertretend für eine bestimmte Zielgruppe stehen. Sie sind fiktiv, weil nicht wirklich ein echter Vertreter der Zielgruppe beschrieben, sondern eine Person erfunden wird. Zu beachten ist jedoch, dass die entwickelten Personas realistisch sein sollten, das heißt die Person sollte es in der beschriebenen Form zumindest geben können.

Bei der Auswahl geeigneter Personas sollte überlegt werden, mit welchen Personas das beabsichtigte Umsatzziel erzielt werden kann und bei welchen Personas der höchste Handlungsbedarf besteht.

Entwicklung durch gemischte Teams

Die Erstellung von Personas ist ein umfangreicher Prozess, der methodisch durch zahlreiche Interviews gestützt werden sollte, um einen möglichst tiefgehenden Einblick in das Leben der Personas zu bekommen.

Die Erstellung von Persona-Profilen erfolgt in der Regel durch gemischte Teams, bestehend aus Mitarbeitern in Marketing, Vertrieb, Customer Care und anderen Bereichen. Da die Erfahrungen einzelner Mitarbeiter unterschiedlich sein können, ergibt oftmals erst die Summe aller relevanten einbezogenen Abteilungen und Mitarbeiter ein vollständiges Bild. Bei der Personas-Entwicklung sollten vor allem Mitarbeiter mit Kundenkontakt mitwirken.

In einem ersten Schritt wird die Zielgruppe basierend auf einer systematischen Marktrecherche (unter anderem Befragungen, zum Beispiel Nutzer-Interviews, Fokusgruppen, bestehenden CRM-Daten) datengestützt beschrieben. Da es bei der Beschreibung von Zielgruppen nicht um einzelne Personen geht, sondern jeweils um eine Gruppe von Personen, werden für die Beschreibung in den meisten Fällen ungefähre Angaben gewählt, das heißt die Segmentierungsmerkmale in Abschnitten angegeben. So wird zum Beispiel das Alter einer Zielgruppe nicht exakt mit 20 Jahren vorgegeben, sondern liegt beispielswiese in einer Altersrange von 15 bis 24 Jahren.

Fiktiv, aber realistisch

Konkretisiert werden die Angaben erst bei der Erstellung der Personas. Der fiktive Charakter, der stellvertretend für einen typischen Vertreter der Zielgruppe steht, erhält einen altersgerechten, realistischen und ernsthaften Namen und wird zum Beispiel hinsichtlich Alter, Beruf, Familienstand/Wohnsituation, Wohnort, Interessen/Hobbys, Werte/ Überzeugungen detailgenau beschrieben. Ergänzend können auch der Medienkonsum, das Kaufverhalten/-gewohnheiten, bevorzugte Marken und zum Beispiel die Stellung im Freundeskreis oder Unternehmen (Ratgeber bei bestimmten Themen, Meinungsmacher) herangezogen werden. Die Beschreibung sollte fiktiv und realistisch zugleich sein, das heißt, sie sollte sich so anfühlen, als könne es den Menschen in der beschriebenen Form tatsächlich geben. Abschließend werden die Angaben steckbriefartig niedergeschrieben und die fiktive Person bekommt zur besseren Visualisierung ein eigenes Bild. Das Bild soll helfen, sich an die Persona zu erinnern und echte Empathie zu entwickeln. Fotos von Prominenten sind dabei nicht geeignet.

Kein Ersatz für die Zielgruppenbeschreibung

Wenn Personas empirisch hergeleitet, das heißt auf realen Daten basieren und gut aufbereitet sind, können sie viel leisten. Zu beachten ist, dass Personas kein Ersatz für die genaue Beschreibung von Zielgruppen sind. Zielgruppen sind vor allem für die Entwicklung der Produktvision und bei der Strategieplanung wichtig. In der täglichen operativen Arbeit hingegen sind Personas besonders hilfreich, weil sie viel konkreter sind.

Häufig wird ergänzend zu den personenbezogenen Merkmalen der Personas auch die Buyer Journey erfasst, das heißt der Prozess, den ein (potenzieller) Kunde von der Idee, etwas zu kaufen, bis zum Kaufabschluss durchlebt. Das Wissen über die Customer Journey hilft dabei, eine stärkere Bindung zum Kunden aufzubauen und auf diese Weise die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Beschreibungen laufend überprüfen

In den meisten Fällen reichen drei bis vier Personas aus. Die entwickelten Profile und Beschreibungen müssen laufend geprüft und im Bedarfsfall geändert beziehungsweise ergänzt werden. Mindestens alle ein bis zwei Jahre sollte die Aktualität der Personas geprüft werden, da sich die Nutzergewohnheiten, die Zielgruppen der Produkte oder die Marktsituation ändern können. Je dynamischer und schnelllebiger eine Branche ist, desto häufiger müssen die Personas aktualisiert werden.

Mit Personas kann die Konzeption, Gestaltung und Umsetzung sowohl im Offline- als auch im Online-Bereich verbessert werden. Sie helfen, die Bedürfnisse, Vorerfahrungen, Probleme und Anforderungen besser zu definieren. Personas helfen den Marketingverantwortlichen, die Ziele im Marketing und Vertrieb effizienter zu erreichen, da die zielgruppengerechte Entwicklung und Umsetzung der Marketingstrategien und Maßnahmen leichter ist und sich die (potenziellen) Kunden in Folge persönlicher und direkter angesprochen fühlen.

Personas sind auch für Finanzdienstleister ein wichtiges Werkzeug, egal ob in der Konzeption der Angebote, in der Kundenansprache oder im Vertrieb. Der Einsatz in der Praxis hat gezeigt, dass es deutlich einfacher ist, sich eine, zwei, drei oder vier Personen mit unterschiedlichen Profilen vorzustellen und geeignete kundengerechte Marketingmaßnahmen für diese Personen zu entwickeln, als für eine anonyme Zielgruppe, deren Eigenschaften verallgemeinert in Zahlen dargestellt wurde.

In der Praxis bewährt

Bei Personas geht es nicht um das "Big Picture", im Sinne eines groben Rasters, sondern um eine Detailaufnahme einer Person, die stellvertretend für eine bestimmte Zielgruppe steht, ins Detail analysiert wird, um sie greifbar, handlich und verständlich zu machen. Finanzdienstleister können basierend auf Personas ihren Kundendialog und ihr Omnichannel-Management noch feingliedriger und individueller und somit zukunftssicherer gestalten.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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