Plattformbanking

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Eine konkrete Form der Umsetzung der Plattform-Ökonomie* ist das Plattform-Banking. Das Grundgeschäft einer Plattform ist es, Anbieter von Produkten oder Dienstleistungen (meist Unternehmen) mit den Nachfragern nach diesen Produkten oder Dienstleistungen (im B2C-Markt Konsumenten, im B2B-Markt Organisationen/Unternehmen) zu verbinden. Im Gegensatz zum direkten Verkauf durch ein Unternehmen an seine Kunden kommt ein Dritter, die Plattform, hinzu.

Die Marktfunktion von Plattformen und die mit ihr einhergehende Plattformökonomie sind als Grundkonzept nicht neu. Die Digitalisierung hat das Plattformgeschäft revolutioniert. Neu ist, dass durch die Möglichkeiten der Informationstechnologie diese Marktform nicht auf reale Marktplätze mit entsprechenden physischen Ressourcen für den Marktplatzbetreiber beschränkt ist, da sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager auf dieser Welt durch ihre digitale Präsenz im Internet nicht räumlich gebunden sind. Heutige Plattformen sind durchwegs Online-Plattformen.

Betrieb durch neutralen Dritten möglich

Der Betrieb einer Plattform kann durch einen "neutralen" Dritten erfolgen, der geeignete Anbieter einlädt auf seiner Plattform Angebote zu platzieren, mit welchen die Plattform für Nachfrager attraktiv wird.

Der Plattformbetreiber muss dabei nicht "neutral" sein, sondern kann auch eigene Produkte auf der Plattform anbieten. Zu beachten ist, dass die Plattform für Nachfrager attraktiv gemacht werden muss, was - ähnlich wie bei einer Shopping Mall - nur durch einen gut durchdachten Mix an Anbietern (eventuell auch aus seiner Branche) erfolgen kann.

Den Plattformen liegen zumeist Geschäftsmodelle zugrunde, im Rahmen deren die Anbieter versuchen, Erlöse zu generieren, wobei es unterschiedliche Preismodelle geben kann.

Zwei Optionen für Banken

Die Frage, ob auch Bankprodukte auf Plattformen angeboten werden können, kann wie die Praxis zeigt, mit "ja" beantwortet werden. Bankprodukte können beziehungsweise werden bereits - unter Beachtung aller rechtlichen Erfordernisse - genauso wie Produkte und Dienstleistungen anderer Branchen auf Plattformen angeboten und verkauft.

Für eine Bank, die in das Plattform-Banking einsteigen will, gibt es zwei Optionen: Entweder betreibt die Bank die Plattform selbst und öffnet sie auch für Anbieter, die kundenrelevante Angebote bieten, um der Plattform und auch der Bank, die mit ihren eigenen Produkten platziert ist, attraktive Nachfrager zu bringen. Oder die Bank bietet ihre Produkte auf der Plattform eines anderen Betreibers an, entweder als einzige Bank oder im Wettbewerb mit anderen Banken, die dort ebenfalls präsent sind. Beide Versionen sind bereits Realität. Die Plattformen stehen vor der Herausforderung, ein abgerundetes Ökosystem an Produkten/Dienstleistungen anzubieten, das sie für die definierten Zielgruppen attraktiv macht und in Folge für die beteiligten Anbieter zur gewünschten Anzahl an Abschlüssen führt. Für den Erfolg einer Plattform ist nicht nur die Qualität der "technischen" Plattform entscheidend, sondern vor allem die Qualität des "kommerziellen" Ökosystems.

Modelle, bei denen eine Bank auf ihrer Plattform zielgruppengerechte eigene Produkte anbietet, ergänzt um relevante "banknahe" Produkte wie zum Beispiel Versicherungsdienstleistungen, findet man immer häufiger. So bietet beispielsweise die Challenger Bank N26 auf ihrer Plattform sowohl eigene Produkte an als auch zusätzlich eine große Anzahl von (Finanz-)Produkten von Dritten, die bei erfolgreichem Verkauf zu Provisionserträgen führen.

Bank als zentraler Knotenpunkt

Die Bank könnte aber auch ihre Plattform für branchenferne Drittanbieter öffnen. Der Phantasie hinsichtlich der Branchenzusammensetzung sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Die Drittanbieter könnten zum Beispiel Anbieter von Handys und Handytarifen, Reisebüros, Finanz-, Steuer- oder Unternehmensberater, Dienstleistungsanbieter und/oder Einzelhändler sein. Denkbar wäre zum Beispiel die Entwicklung einer regionalen Plattform einer Regionalbank (oder gar mehrerer Regionalbanken einer Region), auf der die Wirtschaftstreibenden dieser Region mit ihren eigenen Produkten vertreten sein könnten.

Bei dieser strategischen Option, dem Aufbau eines eigenen Ökosystems, positioniert sich die Bank als zentraler Knotenpunkt für viele unterschiedliche Transaktionen, der passenden komplementären Playern flexible Gestaltungsmöglichkeiten lässt.

Amazon als globale Plattform für Bankprodukte?

Das Modell kann auch umgekehrt gestaltet sein, das heißt, in der Form, dass nicht eine Bank eine Plattform für Produkte anderer Anbieter oder E-Shops Dritter anbietet, sondern die Bank mit ihren Produkten auf einer anderen Plattform oder auf mehreren anderen Plattformen vertreten ist. Dabei kann der Plattformbetreiber eine andere Bank sein, die nicht nur eigene, sondern auch fremde Bankprodukte anbietet, oder ein universeller Plattformbetreiber, der seine Plattform auch geeigneten banknahen Unternehmen oder zur Plattform passenden Anbietern bankfernen Produkten anbietet.

Der Betreiber der Plattform kann sein Angebot regional, national, kontinental oder global vermarkten. Eine mögliche globale Plattform für Bankprodukte könnte zum Beispiel Amazon sein. Es könnte - vielleicht schon in der näheren Zukunft - der Zeitpunkt kommen, zu dem der Branchenmix von Amazon um Finanzdienstleistungen erweitert wird.

Kein Patentrezept

Das Andocken an bestehende Plattformen und die Ergänzung anderer Ökosysteme mit eigenen Produkten stellt eine strategische Option für eine Bank dar, der raschen Zugang zu Marktpotenzialen schafft, ohne den Aufwand zu haben, eine "technische" Plattform betreiben zu müssen. Obwohl einige der weltweit größten Unternehmen digitale Plattformen sind, ist es nicht so, dass Plattformen grundsätzlich profitabler als andere Geschäftsformen sind. Auch für Plattformen gilt, dass einige dieser Unternehmen profitabler als andere agieren, einige durchschnittlich überleben und es aber auch solche gibt, die scheitern - manche davon sogar, ohne jemals Gewinn gemacht zu haben.

Ein Patentrezept für den Erfolg einer "Bank als Plattform" oder einer "Bank als Ökosystem" gibt es nicht. Wenn das Angebot kundenorientiert ist, kann das Zusammenwirken einer zusammenpassenden Plattform-Community jedoch erfolgreicher als Einzelaktivitäten sein.

* Siehe Bankmanagement-Glossar: Plattformökonomie, in: bank und markt 1/2018

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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