Price Perception

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Preise beeinflussen das Kaufverhalten in besonderer Weise und wirken zumeist unbewusst und emotional. Price Perception (Preiswahrnehmung) beschreibt den sensorischen Prozess der subjektiven Aufnahme von Preisinformationen. Das Ergebnis dieses Prozesses ist das Preisempfinden, das durch die Höhe des Preises sowie durch die Preise der Mitbewerber beeinflusst wird. Die Preiswahrnehmung ist eng verbunden mit der Preisbeurteilung.

Unterschiedliche Einflussgrößen für Preiswahrnehmung und -beurteilung

Für die Entwicklung geeigneter Preismodelle versuchen Unternehmen die Wirkung von Preisinformationen auf die Wahrnehmung und Beurteilung ihrer Kunden abzuschätzen. Dabei spielt die Preisforschung (Verhaltensforschung, Preispsychologie und das Neuro-Pricing) eine wichtige Rolle. Studien zufolge ist die Preiswahrnehmung und -beurteilung von unterschiedlichen Einflussgrößen abhängig, unter anderem Streben nach sozialer Ankerkennung, Sparsamkeit, Preiskenntnis, -erinnerung, Preiserfahrungen, Vertrauen in den Anbieter sowie situative Faktoren wie Zeitdruck, Preisdarstellung oder aktuelle Sonderangebote.

Zu beachten ist, dass zwischen der objektiven Preisforderung und dem subjektiv von Konsumenten wahrgenommenen Preis erhebliche Differenzen existieren können, weshalb die nicht direkt beobachtbaren, inneren psychologischen Prozesse der Preiswahrnehmung zu beachten sind. Vor, während und nach dem Kauf entwickelt der Kunde eine Beziehung zum Preis eines Produkts. Sobald ein Kunde einen Preis sieht oder ihn in einem schriftlichen Angebot liest, erfolgt die kognitive Verarbeitung und Preisbeurteilung. Die Preisbeurteilung folgt der Preiswahrnehmung. Die Wahrnehmung des Preises erfolgt zumeist in groben Kategorisierungen mit wenigen Einstufungsklassen (preiswert - akzeptabel - teuer).

Preisgünstigkeit und Preiswürdigkeit

Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen dem Preisgünstigkeits- und dem Preiswürdigkeitsurteil. Das Preisgünstigkeitsurteil ist die subjektive Bewertung der absoluten Preishöhe. Als Referenzwert dienen den Kunden insbesondere die Preise der Mitbewerber. Das Preiswürdigkeitsurteil hingegen setzt den Preis in Relation zur Qualität beziehungsweise dem Leistungsumfang, es orientiert sich bei der Beurteilung am Preis-Leistungs-Verhältnis.

Mit der Preisbereitschaft drücken Kunden in der jeweiligen Kaufsituation aus, was sie bereit sind für ein Produkt zu bezahlen. Das kann ein absoluter Preis oder eine Preisspanne sein. Die Preiszufriedenheit eines Kunden drückt aus, ob die Preiserwartung mit dem tatsächlichen Preis übereinstimmt. Hat sich zum Beispiel ein Kunde für ein Leistungsangebot entschieden und deutlich weniger bezahlt, hat er das gute Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Die Preiszufriedenheit wirkt nach dem Kauf weiter und beeinflusst die Kauftreue.

Preis im Dienstleistungsbereich von besonderer Bedeutung

Aus dem klassischen Konsumgütermarketing ist bekannt, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Preis und Qualität besteht, vor allem wenn das Produktwissen und die Produkterfahrungen gering sind und die Kunden wenig Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Qualitätsunterschieden haben. Gerade im Dienstleistungsbereich spielt der Preis aufgrund der Immaterialität und Schwierigkeit einer Vorabeinschätzung der Qualität als Qualitätsindikator eine besondere Rolle.

Preisschwellen von hoher Relevanz

Eine große Relevanz bei der Preiswahrnehmung haben Preisschwellen. Das Finden der Preisschwellen für einzelne Kundengruppen stellt eine große Herausforderung dar, weil der Preis einer Leistung von Kunde zu Kunde unterschiedlich wahrgenommen wird. Im Laufe der Zeit sammelt ein Kunde zahlreiche Preiserfahrungen, das heißt er lernt über den Preis einer bestimmten Produktkategorie. Durch Beobachtungen und Erfahrungen mit anderen Anbietern können Preise verglichen und eingeschätzt werden.

Die konsumentenseitige Einschätzung muss nicht immer richtig sein, aber sie verankert sich fest im Bewusstsein. Oft sind damit generalisierte Meinungen verbunden wie: "Online-Banken sind preisgünstiger" (auch wenn das nicht immer stimmen muss).

Preisintransparenz verringert die Kundenzufriedenheit

Das Preisvertrauen, das heißt ob der Kunde dem Anbieter vertraut, dass er ihn mit dem verlangten Preis fair behandelt, ist besonders wichtig, wenn dem Kunden Informationen fehlen, um die tatsächlichen Leistungen des Produkts beurteilen zu können. Preisintransparenz wirkt sich negativ auf die Kundenzufriedenheit aus.

Mit dem Preiswissen werden alle Informationen zusammengefasst, die Kunden über ein Produkt oder einen Markt haben und bei Kaufentscheidungen nutzen. Sie wissen beispielsweise, was ein Leistungsangebot bei ihrem Anbieter kostet und was es beim günstigsten oder teuersten Anbieter kostet.

Preiswissen: Häufige Erinnerungsfehler selbst bei Standardprodukten

Hier kann es aber zu Erinnerungsfehlern kommen. Selbst bei Standardprodukten einer Bank (zum Beispiel Kontoführungsgebühr, Kreditkarte, Bankomatkarte, Überweisungen) zeigen Studien eine fehlende Preiskenntnis beziehungsweise falsche Einschätzungen. Diese Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen wissenschaftlicher Studien in der Konsumgüterindustrie.

Für preisaggressive Banken bedeutet dies vor allem im Private Banking, dass sie die Preisvorteile ihrer Produkte gegenüber den anderen Anbietern zum Beispiel mit Preispromotions stark hervorheben müssen.

Den optimalen Preis für eine Bankleistung bestimmen

Für die Bestimmung des optimalen Preises einer Bankleistung ist eine detailliertere Betrachtung notwendig. Typische Fragen, die sich Finanzdienstleister stellen müssen sind unter anderem:

- Wie nehmen Kunden die verschiedenen Preise der Bankprodukte wahr,

- gibt es Referenzpreise (zum Beispiel durch Preiswerbung oder Preislisten),

- welche Rolle spielen diese Referenzpreise für die Preiswahrnehmung,

- wie erfolgt der Preisbeurteilungsprozess,

- wie werden Preisinformationen wahrgenommen und verarbeitet und

- welche Rolle spielt das Image.

Aus diesen Informationen können Unternehmen ihre Möglichkeiten zur Preisgestaltung ableiten und diese im Rahmen der taktischen und operativen Preisfestlegung, Preisauszeichnung oder bei Preisverhandlungen nutzen. Durch eine positive Preisbeurteilung kann die Kundenbindung gesteigert werden.

Bundling ist ein wichtiger Ansatz

Es ist zu beobachten, dass Bankkunden aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs seitens der Online-Banken und der wachsenden Transparenz anspruchsvoller geworden sind. Die Bereitschaft, zum Beispiel das Girokonto bei einem Kreditinstitut zu nutzen, das dieses kostenlos anbietet oder Wertpapiergeschäfte bei einer Bank abzuwickeln, die niedrige Depot- und Transaktionskosten verlangt, sind gestiegen.

Immer stärker werden Angebote gebündelt (Bundling), das heißt verschiedene Produkte in einem Paket zu einem Gesamtpreis angeboten. Die geschickte Integration unterschiedlicher Leistungen zu einem Paket stellt einen wichtigen Ansatz für Banken dar, um Kundenzufriedenheit und Spannen zu erhöhen. Voraussetzung ist die richtige Auswahl der Produkte, eine gute Datenbasis (unter anderem Preisbereitschaft, Kosten, Segmentgrößen) sowie geeignete Incentivierungsansätze für Cross Selling. Nicht zu vernachlässigen, als wichtiger Einflussfaktor auf die Preisgestaltung, ist die Markenstärke. Eine starke Marke schafft nicht nur eine hohe Kundenbindung, sondern erhöht auch die Zahlungsbereitschaft.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at
Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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