Smartphone Bank N26

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Die heutige Challenger Bank/Neobank/Smartphone Bank N26 geht ursprünglich auf das Konzept einer Prepaid-Karte für Jugendliche zurück, die Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal 2013 als Papayer GmbH in Wien konzipierten. Die beiden Gründer haben sich bald von diesem Nischenprodukt verabschiedet und auf ein ähnliches, nunmehr aber girokontobasiertes Produkt für eine weit größere smartphoneaffine Zielgruppe gesetzt. Das neue Angebot wurde nach einer Developmentphase 2015 als Number26 in Berlin (mit Wirecard als Banklizenz im Hintergrund) gelauncht. Die Zahl 26 bezieht sich auf die 26 Steine eines Zauberwürfels (Rubiks Cube).

Die Aktivitäten wurden in Deutschland und Österreich gestartet und kurz danach bereits auf sechs weitere europäische Länder ausgeweitet. Bereits zwölf Monate nach dem Start umfasste der Kundenstamm des Unternehmens 100 000 Kunden. Durch die 2016 erhaltene Banklizenz als eines der ersten Fintechs wurde das Unternehmen von Wirecard unabhängig und benannte sich in N26 um.

Das wertvollste deutsche Fintech

Mittlerweile operiert das Unternehmen in 24 europäischen Ländern (zwischenzeitlich können es sogar noch mehr geworden sein) und den USA und hat 3,5 Millionen Kunden. Die Kundenakquisition erfolgt weitgehend im Netz und setzt vor allem auf virales Marketing.

Finanziert wurde N26 bislang über eine Reihe von Finanzierungsrunden, die 670 Millionen US-Dollar erbracht haben und an denen sich unterschiedliche Investoren, darunter Allianz und Tencent beteiligten. N26 ist heute das wertvollste deutsche Fintech-Start-up mit einer Unternehmensbewertung von 3,5 Milliarden Euro. Obwohl aktuelle Zahlen hinsichtlich der Ergebnisse von N26 bisher nicht veröffentlicht wurden, gehen Branchenexperten davon aus, dass sich der Erfolg mit positiven Ergebnissen bislang nicht eingestellt hat, da die Wachstumsstrategie Priorität hatte. Beim Wachstum wurde vor allem auf eine regionale Expansion und weniger auf die Ausweitung des Produktangebots gesetzt.

Kontakt nur via Smartphone

Abgesehen davon, dass die Kontakte und Geschäftsabschlüsse ausschließlich über das Smartphone erfolgen, ist das Geschäftsmodell von N26 ähnlich dem anderer Challenger Banken wie etwa Revolut und Monzo (beide London), Nubank (Sao Paulo) und Bunq (Amsterdam). Der Kundenfokus liegt auf

- der Ansprache einer spezifischen Kundenschicht, die das Smartphone für nahezu alle Interaktionen nutzen will,- einer einfachen Eröffnung eines Girokontos mittels einer App, mit der sich auch das Girokonto verwalten lässt,

- einer limitierten Produktanzahl, wobei das Angebot standardisiert und nichtberatungsintensiv ist,

- dem prompten Abschluss bei Produktkäufen,- dem Verzicht auf physische Präsenz vor Ort (= keine Filialen),

- der Kommunikation ausschließlich online sowie gegebenenfalls über ein Callcenter.

Kernprodukt Girokonto

Hinsichtlich der Organisation liegt eine flache Hierarchie und trotz hoher IT-Kosten eine günstigere Kostenstruktur im Vergleich zu klassischen Banken vor. Hinzu kommt, dass bei N26 - vom Girokonto abgesehen - nahezu alle Bankdienstleistungen, die in der N26-App zusammengeführt sind, an externe Partner ausgelagert sind.

Das Kernprodukt ist das N26-Girokonto. Mit einer App lassen sich alle Transaktionen in Echtzeit verfolgen und werden dem Kunden mittels Push-Mitteilung angezeigt. Das N26-Girokonto ist in seiner Basisversion inklusive einer Debitkarte (meist Mastercard Debit und auf speziellen Kundenwunsch in Deutschland, Österreich und den Niederlanden eine Maestro-Karte) kostenlos. Es werden keine Habenzinsen, jedoch 8,9 Prozent pro Jahr Sollzinsen bei eingeräumten Kontoüberziehungen verrechnet.

Kooperationen mit Barzahlen, Transferwise und Raisin

Einzahlungen auf das Girokonto (ab 100 Euro mit Kosten von 1,5 Prozent verbunden) und Auszahlungen vom Girokonto (kostenlos) sind mittels Cash26, dem Produkt "Barzahlen" des Partnerunternehmens Cash Payment Solutions, bei Einzelhändlern möglich.

Überweisungen sind betraglich begrenzt und laufen bei N26 in Echtzeit über die Funktion Moneybeam. Bei Überweisungen in einer Fremdwährung arbeitet N26 mit dem Geldtransferunternehmen Transferwise (London) zusammen.

Das Sparen mit der N26 App wird N26 Savings genannt. N26 Savings ist ein Festgeld, bei dem mit "weltsparen by Raisin" kooperiert wird. Die Raisin Bank stellt hierzu die Infrastruktur zur Verfügung und fungiert als Vermittler zwischen N26 und den Festgeld-Banken. Die Zinsen für die unterschiedlichen Festgeld-Veranlagungsmöglichkeiten sind für private Kunden im Vergleich zum derzeitigen Habenzinsumfeld überdurchschnittlich hoch.

N26 Invest eingestellt

Bei der Geldanlage gab es N26 Invest. Aufgrund der Kritik vonseiten der Verbraucher, dass das Produktangebot nicht geeignet sei, ist es seit Anfang dieses Jahres nicht mehr auf der App verfügbar. N26 empfahl seinen Anlegern, das Portfolio beim Partner direkt - entweder bei Moneyfarm oder bei der FIL Fondsbank - weiterzuführen.

Kredite, N26 Credit, gibt es noch nicht in allen Ländern, in denen N26 tätig ist. Auch hier greift man auf Partnerunternehmen wie zum Beispiel Auxmoney in Deutschland und auf Younited in Frankreich zurück. Der Kreditantrag erfolgt per App, nach positiver Prüfung steht der Kreditbetrag binnen 24 Stunden zur Verfügung.

Mit N26 Insurance bietet N26 über eine Kooperation mit dem Versicherungsmakler Clark seinen Kunden einen voll digitalisierten Service über deren Versicherungen, wodurch für die Kunden alle Versicherungsangelegenheiten an einem Ort gebündelt einsehbar sind. Zusätzlich werden Optimierungspotenziale aufgezeigt und auf Kundenwunsch via App umgesetzt.

Neben dem Basis-N26-Girokonto, das abgesehen von Entgelten für spezifische Dienstleistungen kostenlos ist, gibt es auch das You-Girokonto (ehemals Black-Girokonto) und das Metal-Girokonto. Beim You-Girokonto und beim Metal-Girokonto sind für die Kontoführung monatlich 9,90 beziehungsweise 16,90 Euro zu zahlen, allerdings ist damit auch eine Reihe spezieller Angebote verbunden.

Für alle Girokonten gibt es auf der App sogenannte Spaces. Bei Spaces handelt es sich um eine Funktion, die dem Kunden die Möglichkeit gibt, verschiedene Unterkonten zu erstellen. Auf diese Weise kann man zum Beispiel auf einem Space für eine bestimmte Anschaffung einfach und flexibel Geld ansparen.

Provisionsbasiertes Geschäftsmodell

Ein wesentlicher Kern dieses Geschäftsmodells ist, dass die Erträge zu einem hohen Teil auf Provisionen basieren. Positive Ergebnisse sollen durch das überproportionale Wachstum dieser Erträge aufgrund der raschen Kundenexpansion verbunden mit relativ geringen Kosten pro Neukunden sowie durch die weitgehend automatisierte Abwicklung der standardisierten Produkte erreicht werden.

Was die Wettbewerbssituation der Challenger Banken, Neobanken oder Smartphone-Banken betrifft, wird es sich zeigen, ob dieses Geschäftsmodell die "klassischen" Banken - abseits der

derzeitigen smartphoneaffinen Kunden mit Zweitkonto und Hauptkonto bei einer "klassischen" Bank - herausfordern kann. "The finanser" hat in diesem Kontext die Frage gestellt "Are Challenger Banks challenging?" und darauf folgende Antwort gegeben: "Some Challenger Banks are challenging." Die Zukunft wird zeigen, ob N26 dazugehört.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität Wien, ewald.judt[at]wu.ac[dot]at. Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien, claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at.

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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