Unternehmensglück

Dr. Claudia Klausegger

Quelle: privat

Immer wieder liest man in Zeitungsberichten, Magazinartikeln, Personalnotizen oder in Festschriften davon, dass eine bestimmte Periode eine glückliche Zeit für das jeweilige Unternehmen war.* Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sind: Was ist Glück und kann ein Unternehmen überhaupt Glück haben oder ist dies nur eine Fiktion?

Die Definition, was Glück bei einer Person ist, ist vielschichtig. Die Philosophie geht hier weitgehend vom Empfindungsglück aus, im Sinne der subjektiven Eigenbewertung einer Person zu bestimmten Ereignissen oder Perioden. Diese Form des Glücks ist für Unternehmen nicht möglich. Hier scheint eher das Erfüllungsglück maßgeblich zu sein, das heißt das objektive Eintreten oder Vorhandensein positiv betrachteter Ereignisse/Zustände.

Das Geschäftsmodell als Basis

Wenn Manager gefragt werden, ob Glück zu einer positiven Unternehmensentwicklung/-periode beiträgt, sind die Antworten zumeist bejahend. Die Bejahung bezieht sich dabei (ähnlich wie bei negativen Entwicklungen) meist auf externe, nicht beeinflussbare Vorgänge. Es stellt sich aber die Frage, ob nicht auch beeinflussbare Vorgänge zu einer glücklichen Zeit für Unternehmen führen können.

Eine diesbezügliche Forschung, was ein Unternehmen auszeichnet, dessen Entwicklung über eine längere Zeitspanne als glücklich bezeichnet werden kann, gibt es kaum. Oftmals betrifft es kleinere Betriebe, die kaum in der Wirtschaftspresse vorkommen.

Was kann zum Unternehmensglück beitragen? Unvollständig könnten es die folgenden beschriebenen Faktoren sein, die das Unternehmensglück beeinflussen.

Am wichtigsten dürfte ein tragfähiges Business Model sein, das die logische Funktionsweise eines Unternehmens und insbesondere die spezifische Art und Weise, mit der es Gewinne erwirtschaftet und damit seinen Wert vermehrt, beschreibt. Mit einem geeigneten Business Model sollte sich betriebswirtschaftlicher Erfolg und gute Stimmung bei den Eigentümern einstellen.

Bei börsennotierten Unternehmen kann dies mit einer positiven Börsenkursentwicklung einhergehen. Wichtig ist, dass ein Geschäftsmodell nicht nur kurzfristig tragfähig ist, sondern auch längerfristig eine stabile Unternehmensentwicklung ermöglicht. Dazu verhilft eine laufende Überprüfung des Business Models und im Bedarfsfall dessen Modifikation. Sollte die Unternehmensentwicklung ein neues Geschäftsmodell erfordern, wird dessen Notwendigkeit und Umsetzung zumeist nicht mit dem Adjektiv "glücklich" versehen.

Eigentümer, Aufsichtsräte und Management als Einflussfaktoren

Neben einem geeigneten Business Model scheint die größte Bedeutung in Hinblick auf das Unternehmensglück den Eigentümern/Aktionären, Aufsichtsräten und den Vorständen/Geschäftsführern zuzukommen. Bei den Eigentümern/Aktionären sind deren Einigkeit und deren gezeigter Wille, hinter dem Unternehmen zu stehen und dessen Businessmodel mitzutragen, ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Unternehmensglück.

Sind sich die Eigentümer uneinig hinsichtlich der Unternehmensstrategie, Beispiele gibt es auch in der jüngeren Unternehmensgeschichte genug, kann dies Aufsichtsrat und Vorstand/Geschäftsführung lähmen und dazu führen, dass wichtige Entscheidungen nicht getroffen werden.

Ähnliches gilt für die von den Eigentümern/ Aktionären bestellten Aufsichtsräte. Die Aufgabe der Aufsichtsräte ist, die Interessen des Unternehmens zu verfolgen, und nicht eventuelle Individualinteressen der Eigentümer beziehungsweise Aktionäre. Als weiterer Einflussfaktor führt das Zusammenpassen oder Nichtzusammenpassen und das Zusammenspiel oder Nichtzusammenspiel der Vorstände oder Geschäftsführer sowie deren gemeinsames Ziehen an einem Strang in die für richtig gehaltene Richtung beziehungsweise deren multiples Ziehen an mehreren Strängen in eine individuelle für richtig gehaltene Richtung im Unternehmen meist zu einer glücklichen oder unglücklichen Unternehmensentwicklung.

Internes Glück ...

Für das Glück bei der Unternehmensentwicklung sind - last, but not least - vor allem auch zufriedene, sich für das Unternehmen einsetzende und sich dem Unternehmen verbunden fühlende Mitarbeiter wichtig.

Ist das Businessmodel erfolgreich, agieren die Unternehmensorgane im Interesse des Unternehmens und sind die Mitarbeiter zufrieden, stellt sich in den meisten Fällen eine hohe Reputation ein. Krisen und Skandale, die der Reputation schaden, treten in einem derartigen Umfeld seltener ein. Wenn diese Faktoren zutreffen, kann man dies als "internes" Glück bezeichnen.

Dieses Glück ist gestaltbar, es hängt primär von den Organen ab, die direkt oder indirekt das Wohl des Unternehmens stark beeinflussen.

... und externes Glück

Daneben gibt es das "externe" Glück, das reine Zufallsglück. Dieses scheint auf den ersten Blick nicht vom Unternehmen gestaltbar zu sein. Es liegt vor, wenn externe Ereignisse zum Glück führen. So kann zum Beispiel ein Winter mit extrem häufiger Glatteisbildung den Absatz, Ertrag und Gewinn einer Saline sprunghaft ansteigen lassen, ohne dass die Saline - außer lieferfähig zu sein - etwas selbst dazu beigetragen hat.

Derartige Entwicklungen kommen bei unterschiedlichsten Naturphänomenen vor. In der Versicherungswirtschaft kann es zum Beispiel bei der Hagelversicherung glückliche und weniger glückliche Ereignisse oder Jahre geben. Die Versicherungsbranche kennt dieses Phänomen und versucht, sich kalkulatorisch darauf einzustellen.

Glückhafte Innovationen

Anders zu beurteilen, ist das "externe" Glück, das im Bereich der Market-Pull- und Technologie-Push-Innovationen liegt und mit dem ein Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen kann. Mit den Technologie-Push-Innovationen können zusätzlich Kostenvorteile erzielt werden.

Glückhafte Market-Pull-Innovationen gehen vom Markt aus und werden durch einen konkreten Kundenwunsch initiiert und umgesetzt. Das Glück, so einen Tipp zu bekommen, seine Qualität zu erkennen und das Vorhaben umzusetzen, wird maßgeblich davon abhängen ob der Hinweis bei der richtigen Person landet. Eine regelmäßige und konsequente Befassung mit Kundenwünschen und deren richtiger Evaluierung kann das Glück, einen Tipp in einen Unternehmenserfolg umzusetzen, unterstützen.

Bei glückhaften Technology-Push-Innovationen werden neue Technologien in ihrem Anfangsstadium als für die Anwendungsmöglichkeiten im Unternehmen passend erkannt und realisiert.

Hier wird das Glück, von einer neuen Technologie frühzeitig zu erfahren, den Nutzen der neuen Technologie zu erkennen und sie einzuführen, davon abhängen, ob das Unternehmen die richtigen Leute hat, die das Gespür für das Auffinden neuer, für das Unternehmen potenzieller Technologien haben und die Fähigkeit, die Verantwortlichen des Unternehmens von der Umsetzung zu überzeugen, besitzen. Entscheidend für dieses Glück ist es allgemein, Mitarbeiter zu haben, die sich gerne auch unkonventioneller Denkweisen bedienen.

Glück gibt es und ist, wie manche Autoren und erfolgreiche Unternehmen es nennen, die geheime Zutat erfolgreicher Unternehmen. Glück ist das, was scheinbar zufällig geschieht, wie ein glückliches Schicksal, ein Glückstreffer. Glück kann aber auch unterstützt und geschaffen werden, wie das abschließende Zitat von Louis Pasteur (französischer Chemiker, Biologe und Bakteriologe; 1822-1895) auf den Punkt bringt "Das Glück bevorzugt den vorbereiteten Geist."

* Anlass für dieses Glossar zum Thema "Unternehmensglück war eine "Personalie", die Klaus-Friedrich Otto, der langjährige Herausgeber der "Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen" in Nr. 22/2015 anlässlich seiner Gratulation zum 80. Geburtstag von Martin Kohlhaussen verfasst hat. Darin hat er seine Zeit als Vorstandsmitglied (1982-1991) und Vorstandsvorsitzender (1991-2001) die wohl glücklichste Zeit der Commerzbank genannt und dabei versucht, dem Unternehmensglück auf die Spur zu kommen.

Dr. Ewald Judt ist Honorarprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien; ewald.judt[at]wu.ac[dot]at
Dr. Claudia Klausegger ist Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien; claudia.klausegger[at]wu.ac[dot]at

Dr. Claudia Klausegger , Assistenzprofessorin am Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien
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