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Zombie-Unternehmen vor dem Aus

In der Folge der Corona-Pandemie dürften die Insolvenzen weltweit zum vierten Mal in Folge steigen. Zu dieser Einschätzung kommt der Kreditversicherer Euler Hermes. Erwartet wird ein Zuwachs um 20 Prozent. Im Vergleich: 2019 lag der Zuwachs noch bei 8 Prozent.

Ein Grund dafür: Noch nie gab es zeitgleich in so vielen Ländern und in so vielen Branchen einen so heftigen Einbruch. Daher ist es aktuell in den meisten Fällen nicht möglich, alternative Abnehmer oder alternative Absatzmärkte zu finden, um den Einbruch abzufedern.

Die stärkste Zunahme der Unternehmenspleiten wird in den USA erwartet (plus 256 Prozent). Europa folgt mit einer Steigerung um erwartete 19 Prozent. Für Deutschland prognostiziert Euler Hermes für das laufende Jahr mindestens 10 Prozent mehr Insolvenzen als 2019. Ohne die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft in vielen Ländern würde die Entwicklung beim Insolvenzgeschehen vermutlich noch viel drastischer ausfallen.

Die Liquiditäts- und Stabilisierungsmaßnahmen werden zwar als ein enorm wichtiger erster Schritt bewertet, um die Wirtschaft möglichst schnell zu stabilisieren. Die Kehrseite dieser Medaille sei allerdings, dass die Schuldenlast für viele Unternehmen deutlich größer sein wird als vorher. Schließlich müssen auch Förderkredite irgendwann zurückgezahlt werden.

Damit die Unternehmen von diesen Schuldenbergen nicht erdrückt werden, so die Forderung, müssen in einem zweiten Schritt deshalb Lösungen gefunden werden, wie und in welchem Zeitraum die Unternehmen diese Schulden anschließend wieder abbauen oder sie restrukturieren können. Ohne solche Lösungen sei das Problem nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.

Schon vor Corona war vielfach vor einer sogenannten "Zombiefizierung" der Wirtschaft gewarnt worden. Denn das Niedrigzinsumfeld habe viele unprofitable Unternehmen am Leben gehalten, die bei einem höheren Zinsniveau längst zahlungsunfähig geworden wären. Euler Hermes schätzt die Zahl dieser "scheintoten" Unternehmen in der Eurozone auf etwa 13 000 mit einem Gesamtumsatz von rund 500 Milliarden Euro.

Für diese Zombie-Unternehmen dürfte es durch die Corona-Pandemie immer schwieriger werden, weiterhin zu überleben. Besonders viele dieser "Wackelkandidaten" gebe es im textilen Einzelhandel, in der Elektronikbranche und der Metall- und Automobilbranche. Überall dort, wo die Lage durch strukturelle Herausforderungen schon vor Corona schlecht war, könnten die Auswirkungen durch das Corona-Virus der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt beziehungsweise das Unternehmen in die Insolvenz treibt.

Dass private Haushalte in Krisenzeiten dazu neigen, mehr zu sparen als üblicherweise, kommt erschwerend hinzu. Die Sparquote 2020, so die Erwartung, könnte um 6 Prozentpunkte höher liegen als vor der Corona-Krise. Dieses Geld wiederum fehlt, vor allem, wenn es auf Tagesgeld- und Girokonten angesammelt wird, anstatt in Unternehmen investiert zu werden, dem Konsum und damit der Konjunktur.

Die von Euler Hermes vorgeschlagenen Maßnahmen, mit denen die Wirtschaft nach der Krise wieder auf Kurs gebracht werden soll, umfassen deshalb nicht nur steuerliche Maßnahmen für die am stärksten betroffenen Branchen, sondern auch Mehrwertsteuersenkungen, die den privaten Konsum ankurbeln sollen, eine Förderung des Aktiensparens oder weitere Maßnahmen gegen das die Binnennachfrage dämpfende "Vorsichtssparen" der privaten Haushalte. Dumm nur, dass das alles in Zeiten leerer öffentlicher Kassen nicht so einfach umzusetzen sein wird. Red.

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