Die Transformation der Lebensversicherung - die Allianz macht es vor

Abbildung 1: Gebuchte Bruttobeiträge der Allianz Leben 2012 bis 2017 (Angaben in Milliarden Euro) Quelle: Allianz

"Altersvorsorge ist ein Wachstumsmarkt", sagt Markus Faulhaber, Vorstandsvorsitzender der Allianz Lebensversicherungs-AG. Das würden nicht alle Marktteilnehmer und Vertriebe ohne Weiteres unterschreiben. Für die Allianz Leben trifft es jedoch zu. In einem insgesamt stagnierenden Markt ist das Unternehmen kräftig gewachsen und konnte von 2012 bis 2017 die gebuchten Bruttobeiträge von 15,2 Milliarden Euro auf 21,1 Milliarden Euro steigern, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6,8 Prozent entspricht.

Bei den Neubeiträgen sind die Zahlen noch eindrucksvoller: Im ersten Halbjahr 2018 belief sich ihr Volumen auf 6,4 Milliarden Euro - doppelt so viel wie fünf Jahre zuvor.

Auch die Kundenzahl ist in den letzten fünf Jahren gewachsen, nämlich von 9,53 Millionen auf 9,88 Millionen. Spätestens im ersten Quartal 2019 rechnet man damit, die Marke von 10 Millionen Kunden zu knacken.

Allianz wächst mit neuen Garantieprofilen - R+V mit Klassik

Ihren Marktanteil konnte der Branchenprimus unter den Lebensversicherern in Deutschland in diesem Zeitraum um 5,9 Prozentpunkte auf 23,3 Prozent Ende 2017 und inzwischen 24,2 Prozent im zweiten Quartal 2018 ausbauen. Sie wächst damit gegen den Markttrend der Lebensversicherer, ebenso wie die R+V, die ihren Marktanteil an den Neubeiträgen für 2017 mit 13,3 Prozent angibt.

Die Konzepte der beiden Spitzenreiter könnten jedoch kaum unterschiedlicher sein.

- Die genossenschaftliche R+ V bietet zwar auch vermehrt Verträge mit Garantien der "Neuen Klassik" an - hält aber gleichzeitig an den klassischen Garantiemodellen fest und macht damit noch 60 Prozent ihres Neugeschäfts.

- Die Allianz hingegen hat vor zehn Jahren begonnen, ihr Geschäftsmodell zu verändern und Vorsorgekonzepte mit neuen Garantien auf den Markt gebracht. Klassiktarife verkauft sie allenfalls noch auf ausdrücklichen Kundenwunsch gleichsam "unter dem Ladentisch". 90 Prozent des Neugeschäfts nach Bewertungssumme (93 Prozent beim Geschäft mit privaten Kunden, bei Unternehmen sind es 86 Prozent) entfallen hier auf Vorsorgekonzepte mit neuen Garantieprofilen. Im Bestand macht die Klassik noch etwa 40 Prozent aus. Markus Faulhaber bezeichnet die neuen Garantiekonzepte als "Wachstumsmotoren".

Aus diesen Zahlen lässt sich ablesen, dass ein Wachstum mit beiden Ansätzen möglich ist und es sowohl für die alten wie auch die neuen Produkte einen Markt gibt, wenngleich es möglich ist, dass die R+V bei ihren Klassiktarifen vom Rückzug vieler Wettbewerber aus diesem Segment profitiert und quasi die "Klassikfans" des gesamten Markts weitgehend abgreift.

Größe zahlt sich aus

Als Erfolgsfaktor der Allianz macht Markus Faulhaber nicht nur die neuen Produkte aus, sondern auch die Finanzstärke und weltweite Anlageexpertise des deutschen Branchenprimus. Denn nicht nur Payment ist ein Geschäft, in dem Skaleneffekte eine große Rolle spielen. Sondern das gilt auch für die Kapitalanlage.

Für die Allianz heißt das: Die Finanzstärke - und in deren Gefolge die Anlageexpertise, die so ohne die nötige Größe auch nicht vorhanden wäre - ermöglichen Freiräume für eine innovative und chancenorientierte Kapitalanlage auch in Assetklassen, zu denen Privatanleger üblicherweise keinen Zugang haben, wie beispielsweise Gewerbeimmobilien oder Infrastrukturprojekte - das alles mit langem Anlagehorizont und breiter Diversifikation. So können volatile Kapitalanlagen in einen stetigen Ertragsstrom transformiert werden.

"Neue Lebensversicherung" öffnet das Tor zu alternativen Anlagen

Zehn Prozent der Kapitalanlagen hat die Allianz in Aktien investiert - damit ist die Aktienquote dreimal so hoch wie beim Wettbewerb. Und der Anteil soll mittelfristig weiter ausgebaut werden.

Gleichzeitig konzentriert man sich verstärkt auf alternative Anlagen weltweit. Gemeint sind damit "nicht handelbare" Assetklassen wie Immobilien, Infrastruktur, erneuerbare Energien, private und gewerbliche Baufinanzierung oder auch Private Equity sowie die Mittelstandsfinanzierung - das alles weltweit gestreut, nicht zuletzt in Wachstumsregionen wie Indien oder China. Mittelfristig soll jeder dritte Euro an Kundengeldern in solche alternative Anlagen investiert werden. Bisher sind es 23 Prozent

Vom Pfandbrief will man sich hingegen verabschieden. "Der Pfandbrief passt nicht mehr zu uns", sagt Markus Faulhaber.

"Die Lebensversicherung lohnt sich"

Für die Kunden zahlen sich die Skaleneffekte in günstigeren Kosten einerseits und im Vergleich zum Markt besserer Rendite. Markus Faulhaber rechnet vor:

- Die Verwaltungskosten lagen im Markt (ohne Allianz Leben) 2017 bei 2,7 Prozent - bei der Allianz Leben bei 0,9 Prozent der gebuchten Bruttobeiträge. Für 2017 wird die Nettoverzinsung mit 4,6 Prozent angegeben.

- Die Abschlusskosten betrugen im Markt 4,9 Prozent der Beitragssumme - bei der Allianz Leben 4,0 Prozent.

- Und die Jahresnettoverzinsung im Durchschnitt der Jahre 1998 bis 2017 belieft sich bei der Allianz auf 5,4 Prozent - fünf Prozentpunkte mehr als bei den Wettbewerbern mit durchschnittlich 5,0 Prozent. Die Gesamtperformance der letzten fünf Jahre liegt nach Angaben der Allianz mit 6,7 Prozent um 1,2 Prozentpunkte über dem Markt.

Das Unternehmen vergleicht sich aber nicht nur mit dem Markt der etwa 120 Lebensversicherer in Deutschland, sondern rechnet auch die Kostenvorteile für die Kunden im Vergleich zu anderen Formen der Geldanlage vor - getreu dem Motto "Die Lebensversicherung lohnt sich", das derzeit in der neuen Kampagne für die Lebensversicherung transportiert wird.

Vorgerechnet wird dies am Beispiel eines Portfolios aus 50 Prozent Staatsanleihen, 30 Prozent Unternehmensanleihen und 20 Prozent Aktien. Setzt ein privater Anleger dafür auf Kapitalanlage mit aktivem Management, so die Rechnung, dann fallen je 1 000 Euro Kosten von etwa 10 Euro an. Bei einem Institutionellen Anleger sind es 4,50 Euro. Verfolgt ein Privatanleger eine ETF-Strategie, wie es Verbraucherschützer gerne empfehlen, belaufen sich die Kosten auf etwa 2,50 Euro. Bei der Allianz Leben seien es hingegen nur 0,70 Euro. Ob diese Rechnung unter Einbezug sämtlicher Kosten für die jeweilige Anlage immer genau so aufgeht, sei einmal dahingestellt. Die Botschaft ist jedenfalls klar: Beim Branchenprimus ist der Kunde in jedem Fall gut aufgehoben.

Mit Fourmore zu neuen Zielgruppen

Und dennoch: Jüngere Kunden zögern häufig, sich langfristig an einen Anbieter zu binden oder sich überhaupt festzulegen - weiß man doch nicht, was die Zukunft bringt. Um diesem Problem zu begegnen, wurde Ende Juli/Anfang August dieses Jahres das "Zukunftsprodukt" Four more gestartet. Dabei handelt es sich um ein vollständig digitales Angebot, das - daher der Name - mit vier Aspekten punkten soll:

1. mit Wachstum (sprich der Kombination aus Sicherungsvermögen und chancenorientiertem Sondervermögen),

2. mit Sicherheit (nämlich der Wertsicherung der Einzahlung durch die Allianz Leben als Garantiegeber),

3. durch Klarheit, indem digitale Prozesse dafür sorgen, dass der aktuelle Wert der Zukunftsvorsorge jederzeit auf jedem Endgerät einsehbar ist und in Echtzeit angepasst werden kann und

4. mit einem Höchstmaß an Flexibilität, mit dem man die bisher nicht lebensversicherungsaffinen jüngeren Zielgruppen erreichen will.

Bei "Fourmore" gibt es keine langfristige Zahlungsverpflichtung. Das Motto heißt "Pay as you like". Der Kunde kann also nach Belieben regelmäßige oder auch gelegentliche Einzahlungen leisten. Auch Entnahmen oder Wiedereinzahlungen sind ohne zusätzliche Kosten jederzeit möglich - auch deshalb, weil im Online-Portal jederzeit einsehbar ist, wie viel Kapital zur Verfügung steht.

Zum langfristigen Ansatz, den die Altersvorsorge zweifellos benötigt, scheint das auf den ersten Blick nicht zu passen. Zielgruppen, die bisher vielleicht nur auf dem Girokonto sparen, kann man aber möglicherweise nur so erreichen. Die geringe Bindungsfreudigkeit dieser Kunden heißt im Umkehrschluss auch nicht zwingend, dass sie dazu neigen, in regelmäßigen Abständen, das angesparte Kapital zu "verpulvern". Das tun auch diejenigen nicht, die einen hohen Bodensatz an Guthaben auf dem Girokonto vorhalten. Die neue Flexibilität kann vielmehr sogar dazu dienen, die Kunden längerfristig bei der Stange zu halten und vorzeitige Vertragsauflösungen zu reduzieren. Wer dann, wenn ihm das Sparen einmal schwerfällt, keine Zahlungsverpflichtung hat, der sieht sich vielleicht weniger leicht dazu genötigt.

Digitaler Ansatz als Vorbild

Zum Vorbild nehmen könnte sich die Branche vielleicht auch den digitalen Ansatz. Es ist nun einmal so, dass eine digital sozialisierte Kundschaft auch in Zeiten von "Ropo" (Research online, purchase offline) nicht immer beim Berater/Vertreter abschließen will. Online-Abschlussmöglichkeiten im Bereich der Lebensversicherung gibt es aber bislang kaum. Das muss sich dringend ändern, wenn die Lebensversicherung als Basis der privaten Altersvorsorge in Deutschland nicht noch weiter an Stellenwert verlieren soll.

Wenn beim leisesten Interesse an einer Lebensversicherung automatisch der Verweis auf eine Beratung erfolgt, wie das heute immer noch der Fall ist, dann ist das nicht nur kaum noch zeitgemäß. Es verschreckt auch viele Kunden. Natürlich ist eine solche Vorgehensweise zum Teil der Angst geschuldet, mit digitalen Prozessstrecken womöglich die vom Gesetzgeber gesetzten Vorgaben für den Versicherungsvertrieb nicht zu erfüllen. Dennoch kann es sich als fatal erweisen, aus Sorge um die Compliance den Vertrieb nicht weiterzuentwickeln.

Schon deshalb ist es gut, wenn der Branchenprimus mit gutem Beispiel vorangeht und den Mitbewerbern vormacht: Lebensversicherung geht auch digital. Dann wird aus dem vermeintlich verstaubten Produkt - ob Klassik oder Neue Klassik - wieder ein zeitgemäßes.

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