Versicherungsbilanz 2021 zeigt Potenziale für die Bankassurance

Krisenzeiten sind Versicherungszeiten. Bei Unternehmen wie Privatpersonen gleichermaßen schärfen sie das Risikobewusstsein und das Bedürfnis, sich so gut wie möglich abzusichern. Im Jahr 2021 hat sich dieser Effekt jedoch im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 bereits wieder abgeschwächt, so die Zahlen des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Berlin. Über alle Sparten hinweg lag das Beitragsplus demnach im vergangenen Jahr bei 1,1 Prozent - nach 1,6 Prozent 2020. Damit könne die Branche zufrieden sein, so GDV-Präsident Wolfgang Weiler. Allerdings habe man sich zu Jahresbeginn mehr erhofft.

In der Schaden- und Unfallversicherung stiegen die Beiträge um 2,2 Prozent auf 76,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig stieg jedoch der Schadenaufwand um mehr als ein Fünftel (20,3 Prozent) auf 62,3 Milliarden Euro an. Daraus ergibt sich für die gesamte Branche eine Schaden-Kosten-Quote von 102 Prozent. Am höchsten war sie aufgrund der Flutkatastrophe im Juli in der Sachversicherung. Mit 129 Prozent weist die Branche hier die höchste Schaden-Kosten-Quote seit Beginn der statistischen Auswertung aus.

Stabil entwickelt hat sich das Geschäft mit Lebensversicherungen. Hier legten die auf ein Jahr berechneten Beitragseinnahmen aus dem Neugeschäft der Lebensversicherer, Pensionskassen und Pensionsfonds um 2,6 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro zu. Allerdings ging die Zahl neu abgeschlossener Verträge im Vergleich zu 2020 um 1,1 Prozent auf 4,7 Millionen zurück.

Riester und Rürup erleben einen kleinen Boom

Anders beim Riester-Geschäft, das geradezu einen kleinen Boom erlebte: Hier verzeichnet die Branche ein Plus von 12 Prozent auf rund 310 000 neue Policen und damit die höchste Zahl an Riester-Neuabschlüssen seit dem Jahr 2016. Hier mag der angekündigte Rückzug einer Reihe von Anbietern aus dem Riester-Neugeschäft eine Rolle gespielt und Kunden dazu bewogen haben, sich - auch angesichts der laufenden politischen Debatte - noch einen Vertrag zu sichern. Ob das nun daran liegt, dass viele Kunden auf Garantien doch Wert legen, auch wenn die zulasten der Garantien gehen, oder ob hier die Sorge maßgeblich war, die neue Bundesregierung könne die staatlich geförderte Altersvorsorge abschaffen, sei einmal dahingestellt. Dass Riester quasi kurz vor Toresschluss noch eine kleine Renaissance erlebt hat, ist jedenfalls ein interessantes Faktum. Die Entscheidung über eine Reform macht das nicht einfacher - hier müsste vielleicht erst einmal Marktforschung betrieben werden, welche Art staatlich geförderter Altersvorsorge wohl die größte Akzeptanz bei den Bürgern fände.

Dass generell ein Interesse an staatlich geförderten Vorsorgeprodukten besteht, zeigte im vergangenen Jahr auch die Entwicklung der Basisrente (Rürup). Hier stieg die Anzahl der neu vermittelten Verträge - wenn auch ausgehend von niedrigem Niveau - sogar um fast 40 Prozent auf knapp 119 000 Verträge. Damit erhöhte sich der Gesamtbestand um 4 Prozent auf 2,5 Millionen Verträge.

Aus beiden Entwicklungen leitet der GDV die Forderung an die Politik ab, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es auch künftig noch eine geförderte private Altersvorsorge gibt. Denn darauf seien viele Menschen angewiesen. Berater in Banken und Sparkassen sind deshalb auch gut beraten, ihre Kunden weiterhin auf Riester- oder Rürup-Rente anzusprechen und mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass ein Warten auf die Politik in Sachen Altersvorsorge genauso falsch ist wie das Warten auf die an die Omikron-Variante angepassten Impfstoffe gegen Covid-19.

Elementarschadenversicherungen: Vertrieb intensivieren

Noch in einem anderen Punkt gibt es Handlungsbedarf im Vertrieb - bei der Anpassung des Versicherungsschutzes für private Hauseigentümer an die Folgen des Kilmawandels. Wie dringlich das ist, hat die Flutkatastrophe im Sommer 2021 eindrücklich gezeigt.

Der Branchenverband GDV schlägt der Politik vor, Versicherern mithilfe eines Überleitungsgesetzes die Möglichkeit zu eröffnen, alle bestehenden privaten Wohngebäudeversicherungsverträge zu einem Stichtag umzustellen und gegen eine risikobasierte Prämie um einen Versicherungsschutz gegen Naturgefahren zu erweitern, es sei denn der Versicherte würde aktiv widersprechen. Eine solche automatische Versicherung mit Opt-out-Prinzip, wie es auch bei der privaten Altersvorsorge diskutiert wird, würde das Kollektiv vergrößern und damit den Versicherungsschutz für alle bezahlbar machen. Vor allem aber würde es dafür sorgen, dass Hausbesitzer im Fall des Falles keine böse Überraschung erleben.

Ob der Gesetzgeber diesem Vorschlag folgen wird, bleibt abzuwarten. Das nächste Großschadenereignis allerdings wird vermutlich schneller kommen als eine Entscheidung aus Berlin. Deshalb gilt es vor allem für Banken und Sparkassen, den Zugang über die Baufinanzierung zu nutzen, um die Penetrationsrate von Hausbesitzern mit Absicherung gegen Naturgefahren zu erhöhen. Da die Gebäudeversicherung ohnehin vielfach als Annexprodukt zur Baufinanzierung verkauft wird, sollte es nicht schwerfallen, die Elementarschadenversicherung als zusätzlichen Baustein standardmäßig mit anzubieten.

Die Risikolandkarten der Versicherer lassen sich zugleich für das Risikomanagement in der Baufinanzierung nutzen: Steht ein Gebäude in einer Risikoklasse mit hoher Gefährdung, wird schließlich nicht nur die Versicherungspolice teurer - es steigt mit der Schadenwahrscheinlichkeit durch Überflutung auch das Ausfallrisiko für die Baufinanzierung. Stürme lassen sich zwar weit weniger gut vorhersagen. Die Absicherung gegen Sturmschäden macht das indessen nicht weniger wichtig. Die brauchen Eigentümer auch fernab jeglicher Gewässer.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X