VERTRIEBSPOLITIK

Banksharing im Taunus

Foto: Taunus Sparkasse – Frankfurter Volksbank

"Die Filiale ist tot - es lebe der Chatbot oder der automatisierte Customer-Service am Telefon." Diese Aussage stimmt so noch nicht, sagt Eva Wunsch-Weber, Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Volksbank. Die Wahrheit ist aber auch: In einer Zeit, in der - so die Zahlen der Genossenschaftsorganisation - 15 Prozent der Kunden rein digital unterwegs sind, 60 Prozent hybrid (online und offline) und nur noch 15 Prozent ihre Bankgeschäfte ausschließlich über die Filialen abwickeln, werden die Geschäftsstellen immer weniger besucht, mit der allseits bekannten Konsequenz, dass es immer schwieriger wird, die Präsenz in der Fläche aufrecht zu erhalten. Das gilt vor allem für Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken, da die privaten Banken in kleineren Orten ohnehin meist schon lange nicht mehr präsent sind.

Über die Zusammenarbeit von Sparkassen und VR-Banken ist deshalb in Sachen Filialen schon lange und viel gesprochen worden. Über gemeinsame SB-Standorte (damit haben auch Taunussparkasse und Frankfurter Volksbank Erfahrung) oder - noch am ehesten verbreitet - die Kooperation bei der GAA-Nutzung, in dem Sinne, dass Partner den Kunden des jeweils anderen Instituts keine Abhebegebühren berechnen, ist die Branche aber bisher nicht hinausgekommen. Umso größer die Aufmerksamkeit für das, was Frankfurter Volksbank und Taunussparkasse jetzt Anfang September präsentiert haben: das von ihnen so bezeichnete "Share-a-Bank"-Prinzip.

26 Standorte wollen beide Institute "über alle Grenzen der tradierten Säulen des Bankwesens hinweg", wie es Eva Wunsch-Weber betont, in Zukunft gemeinsam betreiben, 9 davon als reine Selbstbedienungsstandorte, in denen SB-Geräte beider Institute stehen. 17 Geschäftsstellen sollen an vier Tagen die Woche abwechselnd mit jeweils zwei Mitarbeitern eines der Institute besetzt sein. Ob gerade die Volksbank oder die Sparkasse an der Reihe ist, soll ein Lichtkonzept Passanten auf den ersten Blick anzeigen: Der Empfangstisch im Eingangsbereich wird jeweils in Volksbank-Blau oder Sparkassen-Rot leuchten. Die SB-Geräte sind jederzeit auch für die Kunden des anderen Instituts verfügbar, dessen Mitarbeiter gerade nicht präsent sind. Das Kostensenkungspotenzial gegenüber dem Betrieb eines jeweils eigenen Standortes geben die beiden Institute mit 40 Prozent an. Obwohl insgesamt fünf Millionen Euro in den Umbau der Standorte fließen sollen, sollen die Synergieeffekte die Projektkosten deshalb bei weitem überwiegen.

Die meisten der benannten Standorte befinden sich im Eigentum eines der beiden Institute. Dem jeweils anderen wird dann eine Pauschalmiete berechnet. Wo Standorte angemietet sind, ist ein Institut Mieter und Betreiber der Filiale, das andere Mitnutzer. Geteilt werden Einrichtung, Bildschirm, Kaffeemaschine und Kühlschrank - wobei es sicher noch "Luft nach oben" gebe. Die IT-Systeme dagegen sind klar getrennt. Laptop und Drucker bringen die Mitarbeiter jeweils mit, die Leitungen sind komplett getrennt. Aktenordner soll es nicht mehr geben: Die neuen Bank-Sharing-Filialen sind für beide Partner die ersten vollständig papierlosen Geschäftsstellen. So wird auch in dieser Hinsicht der Datenschutz zweifelsfrei sichergestellt.

Für die Bank-Sharing-Standorte haben die Partner sogar eine eigene Marke kreiert. Der Name "FinanzPunkt" soll verdeutlichen, dass man dort vor Ort seine Bankgeschäfte abwickeln kann. Die Präsenz der beiden Marken wird durch Stelen vor dem Eingang gewahrt, die beide Logos tragen.

Ein Vorzug des Konzepts für Kunden: Sie haben vor Ort weiterhin die Auswahl zwischen zwei Kreditinstituten, was heute längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Damit wollen Volksbank und Sparkasse ausdrücklich auch einen Beitrag zur Sicherung der Infrastruktur in der Region leisten - und damit möglicherweise auch einen Impuls dafür geben, dass Geschäfte vor Ort ebenfalls bleiben oder vielleicht sogar neue eröffnet werden. Überdies sichern sie mit den "Finanzpunkten" nicht nur ihre Präsenz, sondern weiten sie in bescheidenem Umfang sogar aus. Für jedes der Institute ist ein Standort einer, an dem es bisher keine Präsenz mehr gab.

Auch bei den Mitarbeitern kommt das Konzept gut an, berichten Eva Wunsch-Weber und Oliver Klink, der Vorstandsvorsitzende der Taunussparkasse, übereinstimmend. Die Beschäftigten hätten es mit Erleichterung aufgenommen, weil so eine zukunftsfähige Perspektive aufgezeigt werde. Zugleich gebe es auf diese Weise keine unbeliebten Ein-Mann-Filialen mehr. Die moderne Ausstattung mit höhenverstellbaren Schreibtischen und papierlosen Prozessen sowie die Tatsache, dass für die Finanzpunkt-Teams der Freitag frei ist, haben die Beschäftigten überzeugt.

Losgehen soll es im Herbst dieses Jahres mit dem Umbau einer ersten Geschäftsstelle, die voraussichtlich Ende Oktober als Finanzpunkt starten soll. Bis Ende 2019 sollen es zwei Finanzpunkte sein, bis Ende 2021 sollen alle definierten Finanzpunkte umgebaut sein. Dieser Zeitplan zeigt: Es handelt sich nicht um ein Pilotprojekt, in dem das Konzept erst einmal getestet werden soll, sondern um eine klare strategische Entscheidung, die "nicht einmal wehgetan" hat, wie es Oliver Klink formuliert. Zum einen brauche man im "Kampf der Systeme" (online versus Filiale) jede Hilfe. Zum anderen seien die Zeiten, in denen man sich längere Testphasen erlauben könne, längst vorbei. Red.

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