COMMERZBANK

Digitalisierung auf dem Weg

Quelle: Commerzbank

Die Commerzbank will sich zu einem Technologiekonzern wandeln. Oder zumindest eine digitalere Bank werden. Das ist neben der Filialschließung und dem Personalabbau der wichtigste Aspekt der Strategie Commerzbank 5.0. Dass die Bank tatsächlich sehr aktiv an der Digitalisierung arbeitet, zeigt sie immer wieder mit einzelnen Projekten, die aber noch lange nicht zu einem großen Digitalwurf zusammengewachsen sind. Sehr aktiv ist das Institut bei der Erforschung der Distributed-Ledger-Technologie. Hier forscht sie im Marco- Polo-Netzwerk an der Digitalisierung des Trade Finance. Doch auch bei der Erforschung anderer Technologien ist die Bank aktiv.

Ende Oktober stellte das Institut auf einem Workshop für Journalisten seine Bemühungen beim Thema Cloud und Künstliche Intelligenz vor. Kurz zusammengefasst: Die Cloud ist dazu da, dass alle verfügbaren Daten gesammelt werden, die dann mithilfe der Künstlichen Intelligenz ausgewertet werden.

Bereichsvorstand Dr. Kerem Tomak stellte begeistert das Tool vor, das mithilfe Künstlicher Intelligenz in Echtzeit anhand der Kontodaten eine Kreditprüfung in wenigen Sekunden ermitteln kann. Oder der Cash Radar, ein Liquiditätsprognose-Tool für kleinere Firmenkunden, die keine eigene Controlling- oder Treasury-Abteilung haben. Auch hier analysiert die Künstliche Intelligenz die Liquiditätsentwicklung der Vergangenheit und der Gegenwart und leitet daraus eine Prognose ab.

Eine weitere, direkt für die Commerzbank wichtige, Anwendung ist die Fraud Detection, also die automatisierte Erkennung von Betrugsversuchen. Die Software hat eine hohe Trefferquote. So sind laut Tomak 90 Prozent aller als Betrugsversuch identifizierten Aktionen tatsächlich auch Betrugsversuche. Das war jedoch nur ein Auszug aus dem Portfolio an möglichen neuen Anwendungen.

All diesen neuen, auf digitalen Technologien basierenden Anwendungen gemeinsam ist der Bedarf an einer hohen Menge und gut zugänglichen Daten. Hier kommt die Cloud ins Spiel. Dort werden die Daten zentral gesammelt, auf die dann alle Zugriff haben, die sie zur Analyse brauchen. Daten als Rohstoff. Daten als wichtigstes Element der Digitalisierung. Natürlich ist es da essenziell, die Daten gut zu schützen, zumal Kundendaten der Banken aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr sensible Daten sind. Das weiß auch die Commerzbank. Daher hat sie auch darauf hingewiesen, dass es kaum große Cloud-Anbieter in Europa gibt.

Vor allem die geopolitische Lage der letzten Jahre hat gezeigt, dass das zum Problem werden kann. Die großen Cloud-Anbieter kommen aus den USA und China. Dass so wichtige Daten in der Hand Chinas für Unbehagen sorgen, bedarf keiner Erwähnung. Doch auch die USA hat unter Trump gezeigt, dass sie im Zweifelsfall immer zuerst an eigene Interessen denkt und auch bei den Bigtechs wenn es sein muss interveniert, wie das Beispiel Huawei zeigt. Google darf das Unternehmen nicht mehr mit seinem Mobil-Betriebssystem Android beliefern.

Diese Zwickmühle hat die Commerzbank erkannt und eine Initiative gestartet, um die Nachfrage-Power der deutschen und europäischen Banken zu bündeln. Das Institut hat dazu für den 25. November 2019 Vertreter von Banken und Regulierer zu einem Treffen eingeladen, um das Thema zu diskutieren. Tomak glaubt, dass eine Bündelung der Nachfrage helfen würde, europäische Standards in Bezug auf Datenschutz bei den amerikanischen Konzernen durchzusetzen. Er glaubt, dass dies der bessere Weg ist, da der Aufbau eigener Clouds sehr teuer und langwierig wäre.

Das Thema ist so wichtig, dass es sogar schon bis zur Bundesregierung durchgedrungen ist und in Berlin auch forciert wird. Genau aus der gleichen Motivation betreibt Wirtschaftsminister Altmeier das Projekt Gaia-X. Hier sollen europäische Cloud-Anbieter einen einheitlichen Standard bekommen, damit diese ihre Clouds zu einem Netzwerk zusammenschließen können, das dann europäischen Unternehmen zur Verfügung steht - nicht nur für Banken, sondern für die gesamte Wirtschaft. Kostenpunkt und genaue Umsetzung sind jedoch noch nicht bekannt.

Normalerweise sollte sich die Regierung aus dem Treiben der Wirtschaft heraus halten und nur das Rahmenwerk festlegen. In diesem Fall ist die Einmischung aber begrüßenswert, da die Marktmacht der Bigtechs in diesem Segment bei gleichzeitig enorm hohen Investitionen, die nötig wären, europäische Unternehmen bislang davon abgeschreckt hat, selbst einen großen Cloud-Anbieter aufzubauen. Das wäre am Anfang des technologischen Siegeszugs der Cloud noch möglich gewesen, wurde jedoch in Europa - mal wieder - verschlafen. ce

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