Privatkundengeschäft

Doppelte Herausforderung bei der Ertragsentwicklung

Die Schere zwischen Ertrags- und Kostenentwicklung im Retailbanking geht immer weiter auseinander. Das rechnet die zeb-Privatkundenstudie 2018 einmal mehr vor. Im Jahr 2010 standen Kosten von 45,1 Milliarden Euro noch 54,7 Milliarden Euro an Erträgen gegenüber. 2017 lagen die Kosten um zwei Prozent höher, nämlich bei 46,1 Milliarden Euro, während die Erträge gegenüber 2010 um 8 Prozent niedriger ausfielen und sich nur noch auf 50,1 Milliarden Euro beliefen. Nach Abzug der Risikokosten blieben 2017 noch 2,3 Milliarden Euro an Ergebnis übrig (nach 2,9 Milliarden Euro 2016 und noch 4,0 Milliarden Euro in den Jahren 2014 und 2015). Die Cost Income Ratio im deutschen Privatkundengeschäft (ohne Private Banking) belief sich 2017 auf stolze 92 Prozent.

Gleichzeitig hat sich die Struktur der Ertragspotenziale verändert: vom Zinsertrag, dessen Bedeutung im Betrachtungszeitraum 2010 bis 2017 von 59 auf 55 Prozent abnahm, stärker in Richtung Provisionsertrag (Steigerung von 41 auf 45 Prozent). Bankprodukte liefern zwar immer noch 68 Prozent der Erträge (minus zwei Prozentpunkte), Versicherungsprodukte nehmen aber an Bedeutung zu (plus zwei Prozentpunkte auf 23 Prozent). Im Ertragsanteil der Wertpapieranlage (9 Prozent, 1 Prozentpunkt weniger als im Jahr 2010) spiegeln sich die verstärkten Bemühungen in diesem Geschäftsfeld noch nicht wider.

Am deutlichsten werden die Verschiebungen in der am Kundenbedarf orientierten Betrachtung: Hier zeigt sich ein deutlicher Ertragsanteilsverlust beim Zahlungsverkehr/Liquiditätsmanagement, wo die Ertragspotenziale im Betrachtungszeitraum von 31 auf 22 Prozent sanken. Auch bei der Vermögensanlage ist ein Rückgang um drei Prozentpunkte auf 20 Prozent zu verzeichnen. Dafür wird das Finanzierungsgeschäft wichtiger (plus 10 Prozentpunkte auf 35 Prozent). Und auch die Risikoabsicherung/Vorsorge erlebt seit 2005 einen Trend zur steigenden Bedeutung.

Das Problem dabei: Rückläufig sind die Erträge in den Bereichen des täglichen Bankgeschäfts. Zugenommen haben sie nur bei Geschäften, die der normale Privatkunde nur wenige Male im Leben tätigt. Entsprechend sind die Ertragspotenziale je Haushalt von 2010 bis 2017 um 10,9 Prozent oder um 150 Euro auf 123 Euro gesunken. Branchenweit beträgt das Delta rund 4,5 Milliarden Euro.

Die Studienautoren machen auch keine Hoffnung auf eine Trendwende. Bis 2022, so die Botschaft, hält der Negativtrend bei den Erträgen (zumindest bei anhaltender Niedrigzinsphase) weiter an. In den nächsten fünf Jahren würden demnach die Erträge um weitere 3,5 Milliarden Euro sinken. Bei einem weiteren Kostenanstieg wäre - ohne weitere Maßnahmen - das Ergebnis des Geschäftsfelds Privatkundengeschäft bereits 2020 negativ. Für eine "schwarze Null" wären Kosteneinsparungen in Höhe von 12 Prozent erforderlich, um das Ergebnisniveau des Jahres 2017 zu halten, sogar Kostensenkungen von 16 Prozent.

Soweit die Bestandsaufnahme von zeb. Mit Lösungsvorschlägen hält man sich naturgemäß zurück, unter anderem, weil es das Patentrezept, das für alle passt, leider nicht gibt. Der neue Branchenkompass Banking 2018 von Sopra Steria Consulting zeigt auf, was Banken tun wollen, um ihre Erträge zu steigern: Wie bereits 2017 wird auch im kommenden Jahr wohl wieder an der Gebührenschraube gedreht. Dies plant die Hälfte der befragten Institute. 37 Prozent wollen bankfremde Produkte verkaufen, 56 Prozent setzen auf ein Angebot branchenübergreifender Komplettlösungen für den Kunden, 54 Prozent auf das Angebot neuer Bankenprodukte und -services, auch von Drittanbietern.

Einmal abgesehen von Preiserhöhungen oder Kreativität beim Erfinden neuer Entgelte setzen diese Maßnahmen fast durchweg weitere Fortschritte bei der Digitalisierung voraus - mit anderen Worten der Plattformökonomie, die immer mehr zu dem Zauberwort wird, auf dem alle Hoffnungen ruhen.

Bis solche Modelle tatsächlich die Erträge sprudeln lassen werden, ist es für viele Banken sicher noch ein weiter Weg. Ihn nicht zu gehen, ist aber keine Option. Denn zum einen ist damit zu rechnen, dass mehr als die Hälfte der heutigen Branchenerträge in den kommenden fünf Jahren über digitale Kaufprozesse neu verteilt werden, sodass Stillstand in jedem Fall Rückschritt bedeutet. Zum anderen ist die weitere Digitalisierung auch dringend erforderlich, um Prozesse effizienter zu machen.

Auch bei den Themenfeldern, bei denen viele Kunden unverändert den persönlichen Kontakt suchen, ist die Digitalisierung ein wichtiger Ansatz. Denn gerade, weil mit dem täglichen Bankgeschäft immer weniger Geld verdient wird, wird es umso wichtiger, sich die wenigen Gelegenheiten, bei denen es sich um die "großen Themen" wie Vorsorge oder Baufinanzierung dreht, nicht entgehen zu lassen, da diese im Ertragsmix immer wichtiger werden. Dafür gilt es, das eigene Angebot im richtigen Moment zu platzieren. Und das wiederum funktioniert nur auf Basis einer kanalübergreifenden Nutzung von Kundendaten. Red.

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