INSOLVENZEN

Ende einer guten Dekade

Die Zehner-Dekade des 21. Jahrhunderts war in Deutschland von einem Rückgang der Unternehmensinsolvenzen geprägt. Mit Beginn der zwanziger Jahre dürfte dieser Trend zu Ende gehen. Mit 19 400 Unternehmensinsolvenzen lag deren Zahl zwar auf dem niedrigsten Niveau der letzten 25 Jahre. Der Rückgang gegenüber 2018 betrug jedoch lediglich 10 Fälle beziehungsweise 0,1 Prozent. Die deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland zeigt also Folgen. Bei den privaten Verbrauchern war die Entwicklung vergleichbar. Bei den Privatinsolvenzen wurde 2018 mit 65 700 Fällen die niedrigste Fallzahl seit 15 Jahren erfasst. Auch dort schwächte sich jedoch der in den Vorjahren zu beobachtende Rückgang der Insolvenzen deutlich ab: Er belief sich 2017 noch auf 6,9 Prozent, 2018 wurden um 5,9 Prozent weniger Fälle gezählt, 2019 betrug der Rückgang nur noch 3,0 Prozent.

Angesichts der immer noch rückläufigen Zahlen warnt Creditreform: Diese positive Entwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Deutschland fast sieben Millionen Erwachsene als überschuldet gelten - jeder zehnte Einwohner ab 18 Jahre, wie der Schuldneratlas Deutschland zeigt. In der Mehrzahl weisen die überschuldeten Personen eine hohe Überschuldungsintensität auf - beispielsweise mit gerichtlichen Negativeinträgen. Eine weitere und anhaltende Konjunkturabschwächung mit einem Übergreifen auf den Arbeitsmarkt dürfte die Zahl der Verbraucherinsolvenzen deshalb perspektivisch wieder steigen lassen.

Schon vor einem Jahr war mit Blick auf die private Überschuldung von einer zunehmenden Tendenz zu unwirtschaftlichem Verhalten gewarnt worden. Daran hat sich auch 2019 nichts geändert. Wer nicht in Aktien und Fonds investieren möchte, für den ist Sparen derzeit schlechthin unattraktiv. Das zeigt auch das Sparklima.

Mehr zu sparen, steht denn auch in der Liste der guten Vorsätze für das neue Jahr, wie sie sich aus einer Umfrage von Weltsparen ergeben, nur an dritter Stelle. Lediglich jeder Zehnte hat sich vorgenommen, mehr zu sparen - obwohl gleichzeitig 45,8 Prozent der Befragten angaben, nicht genug Geld zu sparen. Unter den Selbstständigen gilt das sogar für mehr als die Hälfte.

Gleichzeitig hat mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer, etwa jeder zehnte Selbstständige und mehr als jeder vierte Arbeitslose oder nicht Erwerbstätige 2019 mindestens einen Kredit aufgenommen. Unter den Rentnern waren es 8,1 Prozent. Damit bleibt die Kreditaufnahme unter Ruheständlern zwar hinter dem Rest der Bevölkerung zurück. Angesichts des vom Schuldneratlas Deutschland von Creditreform ausgewiesenen Anstiegs der "Altersüberschuldung" stimmt freilich auch dies bedenklich. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der verschuldeten Rentner über 70 Jahre im Jahr 2019 mit zusätzlichen 118 000 Fällen auf insgesamt 381 000 Menschen um fast die Hälfte angestiegen (plus 45 Prozent). Generell warnt Creditreform, der langjährige Konjunkturboom in Deutschland habe offensichtlich nicht dazu beigetragen, dass die Armutsgefährdungs- und Überschuldungsquoten zurückgegangen sind.

In der Konsequenz muss es darum gehen, die Menschen wieder verstärkt zum Sparen zu animieren. Das können Banken und Sparkassen nicht allein. Sondern es bedarf auch einer verstärkten Sparförderung seitens der Politik. Leistungen für Geringverdiener anzuheben und im Überschuldungsfall die Restschuldbefreiung zu erleichtern, kuriert nicht das Problem, sondern behandelt nur das Symptom. Und das Warten auf einen Wiederanstieg der Zinsen, um Sparen im Wettbewerb mit Konsum wieder attraktiv zu machen, wird ebenfalls immer untragbarer. Red.

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