GIROKONTENVERGLEICH

Eine europäische Blamage

Quelle: Check24

Seit dem 31. Oktober 2018 muss in jedem EU-Mitgliedstaat mindestens eine unabhängig betriebene Vergleichswebsite zur Verfügung stehen, die einen Vergleich von Zahlungskonten, also primär Girokonten, nach vorgegebenen, klaren und objektiven Kriterien ermöglicht. Der Vergleich muss mindestens die Entgelte für die maßgeblichen Zahlungskontendienste, das Filialnetz und die Anzahl der Geldautomaten, an denen unentgeltlich Bargeld abgehoben werden kann sowie den Dispo-Zinssatz umfassen. So sieht es die bereits 2016 verabschiedete europäische Zahlungskontenrichtlinie vor. Ob eine solche Vergleichsplattform von öffentlichen Stellen oder von privaten, dafür zertifizierten Anbietern betrieben wird, stellt die Verordnung dabei ins Ermessen der Mitgliedstaaten. Das deutsche Zahlungskontengesetz sieht dafür eine marktwirtschaftliche Lösung vor, die durch die im Juli 2018 verabschiedete Vergleichswebsitesverordnung geregelt wird.

Hatte der Gesetzgeber gehofft, dass Verbraucher auf diese Weise die Auswahl unter mehreren zertifizierten Vergleichsplattformen haben könnten, so ging diese Rechnung nicht auf. Als einziger Anbieter ließ sich das Vergleichsportal Check24 zertifizieren. Allerdings gab es mit diesem Angebot immer wieder Ärger. Trotz des vom TÜV Saarland erteilten Zertifikats sei das Angebot nicht geeignet gewesen, für Verbraucher einen Überblick über geeignete Kontoangebote am Markt zu finden, und erfülle nicht die europarechtlichen Anforderungen, so die Vorwürfe von Verbraucherschützern.

Zum einen war das Angebot wohl nicht umfassend genug. Zum Stand Ende September 2020 umfasste der Girokontovergleich lediglich 556 Kreditinstitute - und damit nicht einmal ein Drittel aller Institute in Deutschland, so der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Zudem wurde in mehr als 90 Prozent der Fälle nur ein einziges Kontomodell erfasst. Zudem fanden sich teilweise deutlich veraltete Informationen. Und schließlich kam die Marktbeobachtung des vzbv zu dem Schluss, dass die Suchfilter nicht korrekt funktionierten. So wurden in vier von fünf überprüften Postleitzahlbereichen in Hamburg, Leipzig, München und Berlin Kontoangebote zentraler Sparkassen und Volksbanken nicht angezeigt.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte überdies die irreführende Verwendung des offiziellen Logos für den zertifizierten Kontovergleich auch in der Nähe anderer Angebote erfolgreich abgemahnt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat deshalb gegen Check24 Klage vor dem Landgericht München I eingereicht (Aktenzeichen: 33 O 15655/ 20L). Das Unternehmen selbst bezeichnet diese Klage als ungerechtfertigt. Man habe die gesetzlichen Vorgaben exakt umgesetzt - und im Vergleich zu anderen Ländern, in denen der Vergleich sich in Excel-Listen erschöpfe, mit einer übersichtlichen Auflistung im Internet einen Mehrwert geschaffen. Einmal pro Quartal sei der zertifizierte Girokontenvergleich vom TÜV überprüft worden. Bei einer letzten Prüfung im November sei es zu keiner Beanstandung gekommen.

Dennoch hat das Unternehmen reagiert und am 18. Januar den zertifizierten Girokontenvergleich "wegen unklarer Rechtslage" nach nur fünf Monaten abgestellt - verbunden mit dem Vorwurf an die Verbraucherschützer, die Verbraucher in Deutschland nun ohne eine Vergleichsseite dastehen zu lassen. Anstelle einer Klage, so der Vorwurf, hätte man gemeinsam daran arbeiten sollen, das Angebot zu verbessern. So oder so ist aktuell in Deutschland kein zertifizierter Girokonten-Vergleich nach den Vorgaben der EU-Zahlungskontenrichtlinie mehr online. Gerade angesichts des von Deutschland immer wieder geübten "Gold-Plating" bei der Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht, mit dem Deutschland sich oft genug als Europas Musterschüler präsentiert, ist das eine Blamage.

Hier besteht nun dringender Handlungsbedarf. Wie diese Lücke zu den europarechtlichen Vorgaben schnell geschlossen werden kann, scheint fraglich. Da sich die vom Zahlungskontengesetz vorgesehene privatwirtschaftliche Lösung offenbar nicht bewährt hat, liegt es nahe, jetzt auf einen öffentlich-rechtlichen Träger zu setzen. Dazu müsste aber möglicherweise die Vergleichswebsitesverordnung und vielleicht auch das Zahlungskontengesetz zunächst geändert werden. Vielleicht lässt sich das Dilemma jedoch auch durch die Vergabe an einen unabhängigen Träger wie die Stiftung Warentest lösen.

Denkbar wäre auch, die Aufgabe der BaFin in ihrer Verbraucherschutzfunktion zu übertragen. Vielleicht wäre das sogar die effektivste Lösung. Denn da die Kreditwirtschaft der Aufsicht gegenüber ohnehin berichtspflichtig ist, ließe sich so das Problem mangelnder Vollständigkeit und Aktualität vermutlich am leichtesten be heben. Was die Aufbereitung der von der BaFin erhobenen Daten angeht, ließe sich ja vielleicht die Expertise etablierter Vergleichsplattformen mit einbinden. Red.

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