PRIVATKUNDENGESCHÄFT

Fintech-Kunden können zurückgewonnen werden

Der Preis ist das Hauptargument für die Nutzung von Fintechs Quelle: Oliver Wyman, Financial Needs, September 2019

Fintechs werben traditionellen Banken vor allem eine attraktive Kundenklientel ab: junge, einkommensstarke, urbane und digital aktive Verbraucher. 60 Prozent der Kunden der Neo-Banken sind unter 36 Jahre alt, 38 Prozent haben ein Jahreseinkommen von über 40 000 Euro und 46 Prozent leben in Städten. Dies ergab eine Befragung von über 5 000 Endverbrauchern in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Spanien, Frankreich und Italien durch Oliver Wyman.

Die Gründe, warum die Befragten eine Neo-Bank nutzen, sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Insgesamt stehen in den fünf untersuchten europäischen Ländern jedoch ganz klar der Preis und niedrige Kosten (19 Prozent) an erster Stelle, gefolgt von einer schnellen und einfachen Kontoeröffnung (16 Prozent) sowie günstigen Wechselkursen für Devisen (15 Prozent). Den vierten Platz belegen der Look & Feel und die Benutzeroberfläche des digitalen Angebots (12 Prozent). Für lediglich 10 Prozent der Verbraucher spielt die Erleichterung des Sparens eine Rolle.

Anders sieht es in Deutschland aus. Zwar steht auch hier der Preis im Vordergrund (19 Prozent). Aber der zweitwichtigste Grund für die Nutzung einer Fintech-App ist die einfache Bedienbarkeit (16 Prozent), gefolgt von dem Vertrauen in die Neo-Banken (14 Prozent). Im Gegensatz etwa zum Vereinigten Königreich sind für deutsche Verbraucher ein einfaches Onboarding sowie günstige Wechselkurse von geringerer Bedeutung.

Die hoffnungsvolle Botschaft der Studie: Zwei Drittel der befragten Fintech-Kunden würde wieder ihre traditionelle Bank in Anspruch nehmen - vorausgesetzt, diese bietet ein vergleichbares Angebot zu einem ähnlichen Preis an. Mit dem richtigen digitalen Auftritt und preiswerten Services können diese Kunden zurückgewonnen werden. Dass das Vertrauen der Verbraucher in die Neo-Banken in letzter Zeit durch einige Betrugsfälle Schaden genommen hat, könnte den etablierten Anbietern dabei entgegenkommen.

Ganz so einfach wird es freilich nicht werden. Die wichtigste Handlungsempfehlung von Oliver Wyman lautet, ihre Preise wettbewerbsfähig zu gestalten und ein digitales Angebot aufzubauen, das den Kundenwünschen entspricht. Das freilich ist leichter gesagt als getan in Zeiten, in denen Negativzinsen und Regulierung die Branche belasten. Das bestehende Angebot einfach ins Digitale zu übertragen, so die Autoren der Studie, wird deshalb nicht ausreichen. Sondern: Das gesamte Servicespektrum muss auf den Prüfstand gestellt und neu gedacht werden, damit am Ende ein innovatives, nutzerfreundliches und attraktives Finanzökosystem entsteht.

Bei der Neuordnung ihrer Angebote sollten die klassischen Geldhäuser vor allem diejenigen Dienste in den Vordergrund stellen, die den Verbrauchern beim Thema Finanzen besondere Sorgen bereiten. Und das sind für die Befragten in Europa vor allem folgende: Altersvorsorge (30 Prozent), die Notwendigkeit, finanziell über die Runden zu kommen (26 Prozent) sowie die finanzielle Sicherheit der Nachkommen (13 Prozent). Red.

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